Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage auf Grundlage der mir vorliegenden Informationen und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt:
Sollten sich in den jeweiligen Vertragsbedingungen (AGB) Ihrer Verträge keine Regelungen für den Fall des Umzugs (ins Ausland) befinden, kommt als gesetzliche Grundlage für ein außerordentliches Kündigungsrecht allein der von Ihnen bereits benannte § 314 BGB
in Betracht.
Bei der Anwendung des § 314 BGB
wird in der Regel danach unterschieden, aus welcher Risikosphäre der Kündigungsgrund herrührt. Das bedeutet, daß geprüft wird, ob die Änderung der Unstände von Ihnen oder dem Vertragspartner zu verantworten ist. So wird in der Praxis bei privat veranlaßten Umzügen in der Regel kein außerordentliches Kündigungsrecht gewährt, da dieser Umzug allein auf dem Willen des Kunden beruht. Dann kann auch der Kunde prüfen, ob und wie lange er an welche Verträge gebunden ist und ob er nicht evtl. zu einem späteren Zeitpunkt umziehen will.
Anders verhält es sich üblicherweise bei beruflich veranlaßten Umzügen, da diese nicht von dem Kunden beeinflußt werden, sondern von dem Arbeitgeber. So wird es dem Kunden in der Regel nicht negativ zur Last gelegt, daß sein Arbeitgeber von ihm einen Umzug verlangt.
Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 314 BGB
ist zudem, daß die Leistung des Vertragspartner für Sie aufgrund der Veränderung/des Umzugs nutzlos ist. So ist für Sie beispielsweise der Festnetzanschluß aus Deutschland im Ausland nutzlos, weil Ihr Vertragspartner Ihnen im Ausland diesen Festnetzanschluß nicht zur Verfügung stellen kann. Gleiches gilt für den Fernsehprovider. Bei den gelben Engeln kann man dagegen wieder anderer Ansicht sein, weil diese auch Dienstleistungen im Ausland erbringen (je nach Vertragsart). Auch das Handy wäre im Ausland nutzbar - wenn auch mit enormen Kosten. Hier wäre eine Nutzung sicherlich unverhältnismäßig und könnte zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen.
Es ist also auch von der Art des Vertrags abhängig, ob Ihnen aufgrund des Umzugs ins Ausland ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht., so daß sich keine allgemeine Aussage treffen läßt.
Für die Kündigung des Festnetz- bzw. DSL-Anschlusses können Sie sich auf das Urteil des AG Ulm vom 23.5.2008 (Az.: 2 C 211/08
) berufen. Dort wurde entschieden, daß bei einem Umzug an einen Ort, an dem der Anbieter keinen Anschluß zur Verfügung stellen kann, die außerordentliche Kündigung berechtigt ist.
Ich empfehle Ihnen, die Verträge - sofern noch nicht geschehen - fristlos unter Hinweis auf den beruflich bedingten Umzug ins Ausland zu kündigen. Als Beleg können Sie die Bestätigung Ihres Arbeitgebers beifügen bzw. nachreichen. Sofern die Vorlage einer Abmeldebestätigung verlangt wird, sollten Sie darauf hinweisen, daß Sie diese nachreichen werden, sobald sie Ihnen vorliegt. Sie sollten jedoch nicht mit der Erklärung der Kündigung warten, bis diese Bestätigung vorliegt. Die Kündigungserklärung kann bereits jetzt erfolgen.
Je nach Einzelfall ist selbstverständlich § 314 Abs. 4 BGB
nicht ausgeschlossen. Jedoch sind die jeweiligen Vertragspartner darlegungs- und beweispflichtig für einen etwaigen entstandenen Schaden.
Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Sonja Richter
- Rechtsanwältin -
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