Vater V (Witwer) hat folgende Vermögensgegenstände:
- Ferienhaus (350.000 €)
- Familienheim (900.000 €)
- Wertpapiere (200.000 €)
- Girokonto (5.000 €)
- Garage (10.000 €)
V bestimmt in seinem Testament:
Tochter T bekommt das Ferienhaus (Wert 350.000 €)
Sohn S, der durch Schenkungen zu Lebzeiten um 200.000 € besser gestellt war, soll als Ausgleich 75.000 € aus den Wertpapieren des V erhalten (350.000 – 200.000= 150.000 ./. 2= 75.000 €).
Im übrigen sollen T und S je zur Hälfte als Erben eingesetzt werden:
V ordnet im Wege einer Teilungsanordnung an, dass T das Recht hat, das Familienheim (derzeit von V bewohnt) in Anrechnung auf ihren Erbteil zu übernehmen, sofern sie dies wünscht. Sollte T von diesem Recht keinen Gebrauch machen, kann sie von S hierzu nicht gezwungen werden. Sollte T von diesem Recht Gebrauch machen, erhält S eine Ausgleichszahlung von T in Höhe des hälftigen Betrag des Wertes des Hausanwesens. Den Wert bestimmt ein anerkannter Sachverständiger. Die Kosten hierfür tragen die Erben je zur Hälfte.
Die anfallende Erbschaftssteuer ist von beiden Kindern je zur Hälfte zu tragen.
Folgende Fragen steuerrechtlicher Natur stellen sich aus meiner Sicht:
Ist das Familienheim komplett (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG
) steuerbefreit (alles unter der Maßgabe, dass V bis zuletzt in dem Haus wohnt, T unverzüglich einzieht und 10 Jahre dort wohnt) oder nur ½ des Hauses, weil S auch zur Hälfte das Haus geerbt hat?
Wenn T eine Ausgleichszahlung an S in Wert der Hälfte des Wertes des Hauses leistet, ist dies ein steuerpflichtiger Vorgang?
Gibt es eine sinnvollere steuerrechtliche Gestaltung?
Lassen Sie mich Ihre Anfrage wie folgt beantworten:
Das steuerbegünstigte Familienheim ist, sofern die sonstigen Voraussetzungen eingehalten sind, auch bei Übernahme durch nur einen der Miterben komplett steuerbefreit. Das hat der Bundesfinanzhof in der Entscheidung II R 39/13
vom 23.6.2015 in einem vergleichbaren Fall entschieden.
Eine Erbauseinandersetzung mit solchen Ausgleichszahlungen aus dem eigenen (d.h. nicht aus dem Nachlass stammenden) Vermögen eines Miterben nennt man Realteilung mit Spitzenausgleich. Diese Zahlungen können durchaus steuerlich relevant sein. Bei Privatvermögen wie einem Eigenheim kommt insbesondere ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG
in Betracht. D.h. wenn das Haus durch den Erblasser binnen zehn Jahren vor der Erbauseinandersetzung käuflich erworben wurde, dann könnte ein eventueller Gewinn bei dieser teilweisen Veräußerung für den Zahlungsempfänger einkommensteuerpflichtig sein.
Wenn die Voraussetzungen für die Privilegierung des selbst benutzten Familienheims vorliegen sehe ich in dem Fall akut keine Notwendigkeit für noch kompliziertere Gestaltungen. Ein allgemeiner Hinweis noch: Ob die Steuerbefreiung für das Familienheim verfassungsgemäß und damit wirksam ist wird immer wieder bezweifelt, unter anderem auch vom Bundesfinanzhof in der oben zitierten Entscheidung. Insofern kann niemand für die Zukunft ausschließen, dass die Privilegierungen dann noch so greifen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.