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Steuer-Nachzahlungen in der Insolvenz

10. Februar 2008 14:58 |
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Insolvenzrecht


Beantwortet von


10:04

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Steuererstattungen zu verwenden sind, fand ich in einigen Ihrer hier aufgeführten Fälle.
Wie jedoch werden Steuer-Nachzahlungen während der Insolvenz bzw. der Wohlverhaltensphase beglichen?

Zu meinem - fast schon etwas grotesken - Fall:

Durch einen sog. "Anlügeberater" wurde ich mit Schrottimmobilien in die Privat-Insolvenz getrieben.
Insolvenzeröffnung : 13.12.2004 (bei einem nordbayerischen Amtsgericht)
Insolvenzaufhebung und Beginn der Wohlverhaltensphase: 21.09.2007
Kaufpreis war damals 220.000,- DM
Verkaufsbemühungen 2004 schlugen fehl, obwohl damals nur noch ein Preis von 70.000,- DM (rd. 35.000,- EUR) angesetzt war.

Das Gewerbeobjekt ist ein Appartement in einem Hotel in Darmstadt, für das Umsatzsteuer zu zahlen ist (ich zähle hierbei aber nicht als Selbständiger oder Gewerbetreibender, sondern als Privatperson).

Schon vor Beginn des Insolvenzverfahrens (Inso-V.) pfändete die finanzierende Bank die Kaltmieteinnahmen (seit 12.12.2000). Das Objekt wurde richtig in das Inso-V. aufgenommen.
Jedoch gab der Treuhänder/Insolvenzverwalter dies nach kurzer Zeit wieder aus der Insolvenzmasse frei (13.04.2005). Der Treuhänder meinte auf meine Nachfrage und Bedenken hierzu nur, dass es ihm mehr Arbeit mache, als Gewinn für die Insolvenzmasse heraus käme.
Damit pfändete die Bank natürlich weiter bis dto. die Mietausschüttungen.

Da mit Beginn und Aufnahme der vorhandenen Schulden ins Insolvenzverfahren auch die Zinsverpflichtungen der Bank für das Objekt ausgesetzt werden, kann ich diese steuerlich nicht mehr absetzen.
Im Gegenzug muss ich mir allerdings die Mieteinnahmen anrechnen und versteuern lassen, obwohl diese ich tatsächlich gar nicht zur Verfügung habe, sondern direkt bei der Bank landen.

Dies führt dazu, dass ich nun plötzlich Steuer-Nachzahlungen i. H. v. rund 1.000,- EUR habe - und das beim Existenzminimum, da ja die Pfändung des Gehalts an den Treuhänder weiterläuft.
Hier erstmals so geschehen für das Steuerjahr 2006. Und für 2007 muss mit Ähnlichem gerechnet werden.

Die Bank weigert sich natürlich, diese Steuern zu zahlen. Für 2006 wohl auch zu Recht, da diese Nachzahlung in den Insolvenzzeitraum fällt (Aufhebung zum 21.09.2007).

Meine Fragen nun zur Rechtslage:
1. Muss der Treuhänder auch Steuer-Nachzahlungen aus der Insolvenzmasse begleichen, wenn er, wie geschehen, die Erstattungen Jahre zuvor auch vereinnahmt hat?

2. Hätte er nicht besser das Objekt in der Insolvenzmasse belassen müssen, ohne es zu verwerten? Dann hätte er die Nachzahlungen locker begleichen können, Nach Abzug aller Steuern, Abgaben und Wohngelder verbleibt ein Mietüberschuss i. H. v. rd. 5.700,- EUR, der der Insolvenzmasse zugekommen wäre.

3. Besteht hier nicht sogar eine Ungleichbehandlung der restlichen zwei Gläubiger? Schließlich schmälert es so nun die Verteilungsmasse enorm. Nicht nur der Schuldner ist zur weiteren Schadenvermeidung verpflichtet, doch wohl in gleicher Weise auch der Treuhänder - oder etwa nicht?

4. Kann eine Eigentumsaufgabe nach § 928 BGB Sinn machen, um weitere Schulden auf Grund der (Fehl-?)Entscheidung des Treuhänders zu vermeiden?
Wenn JA, was geschieht dann mit der eingetragenen Grundschuld auf das Objekt (309.000,- DM), aufgrund der sich die Bank per Pfändungen bedient und kein Interesse an einer Veräußerung hat (siehe Mieteinnahmen!). Was muss bei den damit zusammenhängenden Verträgen (Hausverwalter, etc.) beachtet werden?
Wie sollte ich am besten handeln?

10. Februar 2008 | 16:08

Antwort

von


(243)
Wilhelmsstr. 3
55128 Mainz
Tel: 0 61 31 / 333 16 70
Web: https://www.ra-freisler.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

aufgrund Ihrer Schilderungen beantworte ich Ihre Frage in einer ersten rechtlichen Einschätzung wie folgt:

1. Die Bank wird Ihre Einkommenssteuerschuld – jedenfalls freiwillig - nicht bezahlten und auch der Zwangsverwalter nicht, wobei ich davon ausgehe, dass die Einheit unter Zwangsverwaltung steht. Der Insolvenzverwalter haftet auch nicht für die Einkommenssteuerschuld, da das Objekt nach Ihrer Schilderung aus der Insolvenzmasse freigegeben wurde. Wenn er allerdings Steuererstattungen vereinnahmt hat, die sich nach Freigabe der Einheit auf diese Einheit bezogen, dann hat er diese zu Unrecht erhalten. Denn mit der Freigabe wurde die Einheit aus dem Insolvenzbeschlag entlassen. Da die Einheit daher seit Freigabe wieder in Ihrem Eigentum steht, haften Sie aber auch für die aus den Einnahmen resultierenden Steuern. Mir sind aktuell leider nur Entscheidungen bekannt, die eine Erzielung von Einkünften trotz Zwangsverwaltung annehmen.

2. Der Insolvenzverwalter ist in seiner Entscheidung frei, ob er eine Immobilie freigibt oder nicht. Er gibt sie frei, wenn sie für die Masse kein Nutzen bringt. Handelt er dabei zum Schaden der Masse können Schadensersatzansprüche nach § 60 InsO bestehen.

3. s. Antwort 2.; Soweit der Mietüberschuss zum Zeitpunkt der Freigabe erkennbar war, könnten Schadensersatzansprüche geprüft werden.

4. Eine Eigentumsaufgabe von Teileigentum nach § 928 BGB ist leider nicht möglich. Dabei gehe ich davon aus, dass die Einheit unter das Wohnungseigentumsgesetz fällt, wenn Sie schildern, dass es sich um ein Appartement in einem Hotel handelt. Damit erübrigen sich Ihre weiteren Fragen. Wäre eine Eigentumsaufgabe möglich, dann würden Sie für die Verbindlichkeiten aus dem Eigentum nicht mehr haften.

Wenn Sie der Einkommenssteuerschuld entgehen wollen, sollten Sie sich schnellstmöglich darum bemühen, die Einheit bestmöglich zu verkaufen; teilweise besteht auch die Möglichkeit der Übernahme durch die Bank. Dazu sollten Sie weiterhin das Gespräch mit der Bank suchen. Der begangene (Beratung-)Fehler liegt leider vor Insolvenzantrag, denn ein Insolvenzverfahren sollte NIE beantragt werden, wenn noch eine unter das WEG fallende Immobilie vorhanden ist, da in diesem Fall die Eigentumsaufgabe ausscheidet, und eine Freigabe des Insolvenzverwalters - anstatt einer Verwertung - droht.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber ausschließlich auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.

Ich empfehle Ihnen daher, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu beauftragen, sofern Sie eine abschließende Beurteilung erhalten möchten. Bitten beachten Sie, dass dabei weitere Kosten anfallen.

Gerne stehe auch ich Ihnen bei der weiteren Durchsetzung Ihrer Interessen zur Verfügung. Sollten Sie dies wünschen, können Sie sich jederzeit - gerne auch per eMail - mit mir in Verbindung setzen.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen


Martin P. Freisler
- Rechtsanwalt -


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Rechtsanwalt Martin P. Freisler
Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 11. Februar 2008 | 18:52

Vielen Dank für die rasche und hilfreiche Antwort.
Zu 4.: Wenn ich Ihre Antwort richtig verstehe, wäre eine Eigentumsaufgabe NACH Freigabe des Objektes aus der Insolvenzmasse möglich, sofern die übrigen Voraussetzungen stimmen (wie kann ich denn herausfinden, ob das Objekt unter das WEG fällt)?
Falls nicht, wäre dann nicht auch eine Zwangsversteigerung (diesmal für den Schuldner)durch das Finanzamt oder gar durch mich selbst machbar und sinnvoll?

Zu 1./2./3.: Die angesprochenen Schadenersatzansprüche: wer muss diese ggf. geltend machen und wo bei wem?

Haben Sie vielen Dank für Ihr Bemühen.

Mit freundlichen Grüßen
lf

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 12. Februar 2008 | 10:04

Meine Antwort konkretisiere ich aufgrund Ihrer Nachfrage wie folgt:

Selbstverständlich können Sie die Einheit auch mittels Zwangsversteigerung loswerden. Diese müsste allerdings erfolgreich beantragt und durchgeführt werden können.

Das Vorliegen von Wohnungseigentum, bzw. in Ihrem Fall aufgrund der gewerblichen Nutzung, Teileigentum regelt sich nach § 1 WoEigG , der da lautet:

§ 1 Begriffsbestimmungen
(1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden.
(2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.
(3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.
(4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, daß das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird.
(5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen.
(6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend.


Die Haftung des Insolvenzverwalters regelt § 60 InsO .

§ 60 Haftung des Insolvenzverwalters
(1) 1Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. 2Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.
(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

Anspruchsberechtigt ist daher jeweils der Beteiligte, der durch eine schuldhafte Verletzung von Pflichten, denen der Insolvenzverwalter nach dem Gesetz unterliegt, ein kausaler Schaden entstanden ist.

Die Geltendmachung hätte nach entsprechender Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zunächst einmal gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erfolgen. Kann mit diesem keine Einigung erzielt werden, bliebe nur die gerichtliche Überprüfung.

Mit freundlichen Grüßen

Martin P. Freisler
Rechtsanwalt

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