Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Schwerbehinderung > wann sollte diese dem Arbeitgeber mitgeteilt werden?

24. April 2017 19:12 |
Preis: 30€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Mit Neufeststellungsbescheid vom 22.06.2015 hat das Versorgungsamt einen vorangegangenen Bescheid vom 04.02.2014 geändert: mein Grad der Behinderung wurde reduziert von ehemals 50 auf jetzt 30.

Eingelegter Widerspruch wurde zurückgewiesen. Ich reichte fristgerecht Klage ein beim dem zuständigen Sozialgericht. Das Gerichtsverfahren ist noch immer nicht beendet/ zieht sich hin.

Laut § 116 Abs. 1 SGB IX ist es wohl so, dass der Schutz als schwerbehinderter Mensch erst erlischt "am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit" des Neufeststellungsbescheides. Ich gehe also davon aus, zurzeit und bis mindestens drei Monate nach Rechtskraft des angefochtenen Neufeststellungsbescheides den Status eines Schwerbehinderten zu haben (GdB 50) und dass somit der arbeitsrechtliche Sonderkündigungsschutz auch mindestens bis dann gilt. "Mindestens", da falls ich den Rechtsstreit gewinne, ich dann hoffentlich auch über die Dreimonatsfrist hinaus den Schwerbehindertenstatus haben werde.

Mein Ziel ist es, dass im Falle einer mittelfristig drohenden arbeitgeberseitigen Kündigung der Sonderkündigungsschutz auch wirkt und ich mich darauf berufen kann; die Kündigung des Arbeitgebers somit erst mal nichtig/ unwirksam ist, insofern er keine erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes vor Ausspruch der Kündigung eingeholt hat. Der Arbeitgeber ist eine Konzerntochter und hat ca. 40 Beschäftigte; ich bin dort seit über 2 Jahren unbefristet und ungekündigt angestellt.

Einen gültigen Schwerbehindertenausweis (von mir meinem Arbeitgeber seinerzeit während der Gültigkeitsdauer in Kopie ausgehändigt) habe ich zurzeit nicht, da Gültigkeit längst abgelaufen. Der Arbeitgeber geht somit vermutlich davon aus, dass ich keinen Schwerbehindertenstatus mehr habe.


Fragen:

1) Muss ich meinen aktuellen Status "noch schwerbehindert" dem Arbeitgeber jetzt mitteilen vor dem Hintergrund dass ich mich notwendigenfalls auf den Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte berufen können will?

2) Sollte ich den Arbeitgeber informieren?

3) In welcher Form sollte ich die Information ggf. vornehmen?

4) Würde es für die Wirksamkeit des Sonderkündigungsschutzes reichen, wenn ich die Mitteilung über meine Schwerbehinderteneigenschaft erst nach erfolgter Kündigung im Kündigungsschutzprozess in der Klageschrift offenbare?

24. April 2017 | 19:56

Antwort

von


(731)
Tessiner Str. 63
18055 Rostock
Tel: 0162-1353761
Tel: 0381-2024687
Web: https://doreen-prochnow.de
E-Mail:
Diese Anwältin zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Zunächst ist es korrekt, dass der Schutz, den der Schwerbehindertenstatus mit sich bringt, erst mit Ablauf von 3 Monaten nach dem Monat des Eintritts der Unanfechtbarkeit endet, also erst , wenn das Urteil verkündet wird oder der Prozess auf andere Art und Weise beendet wird.

Nun zu ihren Fragen:

1) Muss ich meinen aktuellen Status "noch schwerbehindert" dem Arbeitgeber jetzt mitteilen vor dem Hintergrund dass ich mich notwendigenfalls auf den Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte berufen können will?

Grundsätzlichb sind sie nicht verpflichtet den Arbeitgeber die Schwerbehinderung mitzuteilen, wenn diese keine Auswirkungen auf ihre Leistungsfähigkeit hat. Da sie aus dem Status schwerbehindert kommen, müssen sie den Arbeitgeber also nicht zwingend informieren. Eine Pflicht hierzu besteht nicht. Auch ohne Informationen an den Arbeitgeber greift der Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte, solange die Schutzfrist nicht abgelaufen ist. Allerdings muss dieses binnen 3 Wochen nach der Kündigung gelten gemacht werden, damit es zum Tragen kommt. Da auch die Kündigungsschutzklage nur binnen 3 Wochen eingereicht werden kann, kann es hier also knapp werden, wenn man die Reaktion des Arbeitgebers auf die Information nach Kündigung abwarten möchte.

Anders verhält sich dies eindeutig nur, wenn der Arbeitgeber sie nach ihrem Schwerbehindertenstatus fragt und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht. Da zu diesem Zeitpunkt bereits das Sonderkündigungsrecht greift ( § 90 SGB IX ), sind sie zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet ( Urteil des Bundesarbeitgerichts vom 16.02.2012 - Aktenzeichen: 6 AZR 553/10 ).

Auch wenn sie nicht nur den Kündigungsschutz sondern z.B. einen Behindertengerechten Arbeitsplatz oder den Sonderurlaub ( § 125 AGB IX) in Anspruch nehmen wollen, setzt dies die Information des Arbeitgebers voraus.

2. 2) Sollte ich den Arbeitgeber informieren? UND 3) In welcher Form sollte ich die Information ggf. vornehmen?

Wenn sie länger als 6 Monate bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind, würde ich ihnen zu einer schriftlichen Information unter Beifügung einer Kopie des Schwerbehindertenausweises raten. Ganz einfach deswegen, weil ob des Sonderkündigungschutzes und weil sie bisher ja auch im Besitz der Eigenschaft waren, keine drohende Verschlechterung ihrer Position ersichtlich ist, sie aber neben dem Kündigungsschutz weitere Rechte ausüben können. Sollten sie hier konkrete Bedenken haben, können sie mir diese gern in der Nachfrageoption mitteilen.

4. Würde es für die Wirksamkeit des Sonderkündigungsschutzes reichen, wenn ich die Mitteilung über meine Schwerbehinderteneigenschaft erst nach erfolgter Kündigung im Kündigungsschutzprozess in der Klageschrift offenbare?

Ja, dies würde grundsätzlich genügen, da der Sonderkündigungsschutz allein an die Eigenschaft der Schwerbehinderung anknüpft und keine Information des Arbeitgebers voraussetzt. Die Kündigungsschutzklage kann auf die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes gestützt werden ( Vgl. §§ 85 ff. SGB IX) auch wenn dem Arbeitgeber bis dato nicht bekannt war, dass er diese braucht, fehlt es objektiv an einer Kündigungsvoraussetzung.

Allerdings rate ich zu diesem Weg wirklich nur, wenn sie begründete Bedenken wegen der Mitteilung haben. Denn aus der Nichtmitteilung entsteht zwar keine Pflichtverletzung, dennoch kann der Arbeitgeber natürlich versuchen die fehlende Information zu benutzen, um ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zu deklarieren und die Kündigung, wenn auch nicht zum zunächst angestrebten Termin , so doch zeitnah umzusetzen. Diesen Angriffspunkt würde ich nicht geben, wenn ich hierzu kein eindeutiger Grund vorliegt.



Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie gern die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Doreen Prochnow

ANTWORT VON

(731)

Tessiner Str. 63
18055 Rostock
Tel: 0162-1353761
Tel: 0381-2024687
Web: https://doreen-prochnow.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Arbeitsrecht, Zivilrecht, Strafrecht, Miet- und Pachtrecht, Vertragsrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118797 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
4,8/5,0
Die Antwort wirkte umfassend und war leicht verständlich. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
TipTop Antwort mit entsprechender Vorgehensweise, vielen Dank, gerne wieder ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
RA Ahmadi antwortet sehr schnell und sehr ausführlich. Seine Erklärungen sind sehr verständlich. Gerne wieder! ...
FRAGESTELLER