Sehr geehrte Fragestellerin,
auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und insbesondere unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:
Grundsätzlich besteht die Schulpflicht bis zum letzten Tag des Unterrichts. Nur in wichtigen Fällen ist eine Beurlaubung des Kindes von der Schulpflicht möglich. Inwieweit ein wichtiger Grund vorliegt, ist vom Schulleiter im Einzelfall zu prüfen.
Liegt keine Beurlaubung vor und wird das Kind trotzdem vom Unterricht ferngehalten, so liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einem Bußgeld bestraft werden kann. Dementsprechend kann nach dem Vorfall Anzeige erstattet werden. Allerdings kann – da wie eben gesagt, eine Anzeige erst nach dem Vorfall möglich ist – das Verbringen des Kindes ins Ausland während der Schulzeit nicht verhindert werden.
Dies ist aber durch ein gerichtliches Verfahren vor dem Familiengericht möglich.
Trotz der "schlechten Erfahrung" muss hier die Hilfe des Familiengerichts in Anspruch genommen werden. Denn jede Entscheidung des Gerichts beruht auf dem konkreten Einzelfall. Somit ist nicht davon auszugehen, dass das Gericht aufgrund der von Ihnen genannten vorhergehenden Entscheidung, wieder zugunsten der Mutter entscheidet. Vielmehr wird das Gericht prüfen, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass das Kind von der Schule genommen werden kann. Für eine Entscheidung zugunsten der Mutter spricht auch nicht, dass die Mutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht hat, denn das findet zumindest in der allgemeinen Schulpflicht seine Grenzen.
Da hier höchste Eile geboten ist, muss eine Entscheidung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung beantragt werden. Hier muss insbesondere vorgetragen werden, dass keine Beurlaubung von der Schule vorliegt, die Noten des Kindes schlecht sind und durch einen zweiwöchigen Ausfall des Unterrichts eine weitere Verschlechterung droht. Auch ist unbedingt vorzutragen, dass hier ausnahmsweise die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen werden darf, da ansonsten eine Durchsetzung der Rechte nicht mehr möglich ist.
Ich hoffe, dass meine Antworten für Sie hilfreich gewesen sind und darf zusätzlich auf die kostenfreie Nachfragefunktion verweisen. Gerne stehe ich Ihnen auch für die weitere Wahrnehmung Ihrer Interessen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Müller
(Rechtsanwalt)
Herzlichen Dank für die sehr umfassende und schnelle Antwort.
Eine Nachfrage habe ich aber noch: Wir haben eben von der Schule erfahren, dass eine Beurlaubung des Kindes vorliegt. Als Grund wurden von der Mutter "berufliche Gründe" für die Reise angegeben. Wir wissen aber definitiv, dass das nicht stimmt. Wäre die Schule verpflichtet gewesen, diesen Grund zu prüfen? Oder müssen wir über das Familiengericht nun den Nachweis vom Arbeitgeber beantragen (den es nicht geben wird...)? Und was dann? Das Kind sitzt in diesem Moment bereits im Flieger in die USA...
Ich bedanke mich für Ihre Antwort - und spreche gleichzeitig wieder ein großes Lob für dieses Portal und den Service aus!!!
Sehr geehrte Fragestellerin,
da das Kind im Flieger sitzt, hat ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung keinen Sinn mehr und würde mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen werden.
Somit bleibt ihnen nur noch die Möglichkeit für die Zukunft vorzusorgen.
Zunächst sollte Ihr Lebensgefährte die Schule benachrichtigen und mitteilen, dass zukünftige Entscheidungen über die Beurlaubung des Kindes nur noch in Absprache mit ihm erfolgen dürfen, denn schließlich haben er und die Mutter das gemeinsame Sorgerecht.
Grundsätzlich besteht zwar für die Schule eine Prüfpflicht, jedoch nur in einem angemessenen Rahmen. Ergibt sich aus Sicht des Schulleiters nach den Umständen des Einzelfalles, dass eine Beurlaubung möglich und zulässig ist, so liegt keine Pflichtverletzung der Schule vor. Sollten Sie dennoch den Verdacht haben, dass der Prüfpflicht nicht oder nicht ausreichend nachgekommen worden ist, so können Sie die zuständige Schulbehörde darüber informieren.
Auch bleibt Ihnen die ursprünglich genannte Möglichkeit, die Kindsmutter anzuzeigen.
Schließlich gäbe es noch die Möglichkeit, dass Familiengericht anzurufen und eine Änderung des Sorgerechts herbeizuführen. Inwieweit dies möglich und erfolgversprechend ist, kann aber ohne Kenntnis aller Umstände des Falles nicht gesagt werden.
Beachten Sie bei allem, dass sämtliche Maßnahmen, die Sie treffen, auch Auswirkungen auf das zukünftige Verhältnis zwischen Ihnen, vor allem aber Ihrem Lebensgefährten auf der einen Seite und der Kindsmutter und dem Kind auf der anderen Seite haben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Müller
(Rechtsanwalt)