Sehr geehrter Fragesteller,
Lassen Sie mich Ihre Anfrage wie folgt beantworten:
"Welche Punkte sind gegenüber den Pflichtteilsberechtigten anzugeben?"
An dieser Stelle zunächst folgende Vorbemerkung: der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten aus Paragraph 2314 BGB auf Erteilung des Nachlassverzeichnisses besteht ausschließlich gegen den oder die Erben. Ihre Frau als Vermächtnisnehmerin ist in keinem Fall Anspruchsgegnerin.
Im Rahmen der Erteilung des Nachlassverzeichnisses ist Auskunft auch über den so genannten fiktiven Nachlassbestand zu geben. Dazu zählen auch Schenkungen des Erblassers während dessen letzter zehn Lebensjahre.
"Was würde als Pflichteilsergänzungsanspruch angerechnet?"
Auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch angerechnet werden Schenkungen des Erblassers in den letzten zehn Jahren vor dessen Tod. Unter einer Schenkung versteht man dabei eine Zuwendung des Erblassers, bei der sich der Schenker/Erblasser und der Beschenkte einig waren, dass diese (zumindest teilweise) unentgeltlich erfolgen sollte. Wenn – wie hier in den Punkten 1-3 – jeweils eine Gegenleistung in irgendeiner Weise erfolgen sollte, dann hatten die Parteien des Schenkungsvertrages jeweils einen recht weiten Ermessensspielraum dahingehend, ob die jeweilige Geldsumme eine angemessene Gegenleistung für die Tätigkeit ihrer Frau darstellt. Lediglich bei einem groben offensichtlichen Missverhältnis würde man in solchen Fällen trotzdem von einer Schenkung ausgehen.
Insofern würde ich hier bei den Punkten eins und zwei generell nicht von einer Schenkung ausgehen, da jeweils eine (nach dem Willen der Parteien angemessene ) Leistung und Gegenleistung vorlagen.
Eine Schenkung im oben genannten Sinne stellt allerdings der Erlass von Zins und restlicher Tilgung betreffend das Darlehen dar. Eine Schenkung dürfte auch die Übertragung des Genossenschaftsanteils darstellen – zumindest soweit die Übertragung nicht im Testament etwa als Vermächtnis angeordnet wurde. Ihre Sachverhaltsschilderung ist an der Stelle nicht ganz eindeutig für mich.
"Muss meine Frau etwas zurückzahlen?"
Das ist nach Ihren Angaben recht unwahrscheinlich. Zum einen betrifft der Pflichtteilsergänzungsanspruch aus Paragraph 2325 BGB zunächst den Erben. Dies gilt wohlgemerkt auch dann wenn der Erbe nicht identisch mit dem Beschenkten ist. Der Erbe muss nicht einmal in irgendeiner Weise indirekt von der Schenkung profitieren um – zumindest in aller Regel – Anspruchsgegner des Pflichtteilsergänzungsanspruchs zu sein.
Einen Anspruch gegen den Beschenkten als solchen hat der Pflichtteilsberechtigte nur im Ausnahmefall, nämlich unter den Voraussetzungen des Paragraphen 2329 BGB. Diese Norm greift insbesondere dann ein, wenn der Erbe „zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist". Dies ist in aller Regel dann der Fall, wenn er den Pflichtteil nicht zahlen kann, weil zum Beispiel keinen Nachlass mehr vorhanden ist, dieser überschuldet ist oder wenn dem Erben bei Auszahlung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs weniger als sein eigener (eventuell vorhandener) Pflichtteilsanspruch verbliebe, Paragraph 2328 BGB. Wir reden hier also über recht seltene Ausnahmefälle.
Sofern die Voraussetzungen des Paragraphen 2329 BGB einmal vorliegen, muss der Beschenkte auch nicht das ganze Geschenk herausgeben sondern Pflichtteilsergänzungsanspruch an Stelle des Erben erfüllen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Lars Winkler
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Vielen Dank.
Wenn ein Testamentsvollstrecker eingesetzt ist, ist man diesem zur Auskunft verpflichtet?
Sie schreiben:
"Wenn ...eine Gegenleistung in irgendeiner Weise erfolgen sollte, dann hatten die Parteien des Schenkungsvertrages jeweils einen recht weiten Ermessensspielraum dahingehend, ob die jeweilige Geldsumme eine angemessene Gegenleistung für die Tätigkeit ihrer Frau darstellt."
Muss meine Frau das im Detail beweisen oder reicht die unterschriebene Erklärung der verstorbenen Person?
Wenn ein Testamentsvollstrecker eingesetzt ist, ist man diesem zur Auskunft verpflichtet?
Nein, Ihre Frau als Vermächtnisnehmerin ist dem Testamentsvollstrecker gegenüber zu keinen Auskünften verpflichtet.
Bei Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist übrigens auch der Erbe selbst dem Testamentsvollstrecker zu keinerlei Auskünften verpflichtet. Er hat sich lediglich die Bilderverwaltung des Nachlasses zu enthalten sowie dem Testamentsvollstrecker sein Honorar zu bezahlen. Außerdem muss der Erbe nötigenfalls seine Einwilligung zur Eingehung von notwendigen Verpflichtungen für den Nachlass erteilen.
Ansonsten aber gilt: Auch der Erbe muss den Testamentsvollstrecker keinerlei Auskünfte erteilen. Er muss auch an der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses gemäß Paragraph 2314 BGB nicht mitwirken.
Muss meine Frau das im Detail beweisen oder reicht die unterschriebene Erklärung der verstorbenen Person?
Ihre Frau muss hier gar nichts beweisen. Darlegungs-und beweisbelastet ist allein der Pflichtteilsberechtigte. Dieser muss gegenüber dem Erben darlegen und beweisen, dass eine Schenkung vorlag. Der Erbe kann dann – zum Beispiel unter Vorlage der unterschriebenen Erklärung – dem entgegengetreten. Der Beschenkte als solcher ist in diesem Zusammenhang zu gar nichts verpflichtet. Ihre Frau kann dem Erben netterweise mit der Vorlage zum Beispiel dieser Erklärung und einer entsprechenden Zeugenaussage unter die Arme greifen. Mehr aber auch nicht.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Winkler
Rechtsanwalt