Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Nach § 622 I BGB
gilt eine Grundkündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Nach § 622 IV oder V BGB
kann hiervon durch tarif- oder arbeitsvertragliche Vereinbarung unter Bezugnahme auf geltende tarifvertragliche Regelungen abgewichen werden. Ich nehme an, dass bei Ihnen eine solche zulässige Abweichung vereinbart wurde, da anderenfalls eine kürzere Frist als 4 Wochen nur unter engen Voraussetzungen zulässig wäre. Die lange Kündigungsfrist von 5 Monaten nach § 622 II Nr. 5 BGB
bei einer Betriebszugehörigkeit von 12 Jahren gilt nur für den Arbeitgeber, wenn nichts anderes nach § 622 IV oder V BGB
vereinbart wurde.
Hinsichtlich der Leistungsprämie gilt, dass diese vom Arbeitgeber nur dann zurückverlangt werden kann, wenn dies besonders vereinbart ist. Eine solche Regelung findet sich meist im Arbeitsvertrag. Sie teilen mit, dass es keine Rückzahlungsvereinbarung gibt. Allerdings kann ich nicht ausschließen, dass eine Rückzahlungsklausel in einem möglicherweise geltenden Tarifvertrag enthalten ist, auf den im Arbeitsvertrag verwiesen wird. Dies müssten Sie noch einmal prüfen. Es ist auch möglich, die Rückzahlung durch Betriebsvereinbarung zu regeln. Auch hier müssten Sie einmal prüfen, ob es eine solche Vereinbarung gibt.
Sollte nirgends eine Rückzahlungsklausel zu finden sein, sind Sie berechtigt, die Prämie auch bei einer Eigenkündigung zu behalten.
Zudem muss eine entsprechende Rückzahlungsklausel klar und verständlich sein. Sie als Arbeitnehmerin müssen also erkennen können, wann und ob die Prämie zurückgefordert werden kann.
Sollte dies nicht der Fall sein, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers.
Ich hoffe, dass ich Ihnen zunächst weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Marion Deinzer
Rechtsanwältin
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Sehr geehrte Frau Deinzer,
ich habe noch einmal nachgeschaut und foldende Klausel gefunden:
"Freiwillige Leistungen, gleich welcher Art, werden der Arbeitnehmerin gewährt, wenn sie sich am 30. November des Kalenderjahres, für das die Gratifikation ausgezahlt wird, in ungekündigter Anstellung bei dem Arbeitgeber befindet.
Scheidet die Arbeitnehmerin vor dem 1. April des Folgejahres aus dem Arbeitsverhältnis aus, hat sie die bereits an sie ausgezahlten Gratifikation aus dem Vorjahr zurückzuerstatten."
Damit habe ich keinen Anspruch auf das Geld. Oder ist dies keine Gratifikation?
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Zunächst muss unterschieden werden, welchen Zweck eine Bonuszahlung verfolgt. Wird diese aufgrund guter Leistungen gezahlt, darf die Auszahlung in der Regel nicht vom Kündigungszeitpunkt abhängig gemacht werden. Liegt eine reine Gratifikation vor, wovon ich bei Ihnen aufgrund der Formulierung im Arbeitsvertrag ausgehe, kann eine solche Sondervergütung grundsätzlich vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden. Eine Rückzahlungsverpflichtung wäre dann auch zulässig.
Solche Gratifikationen gelten als freiwillige Sondervergütungen des Arbeitgebers. Diese werden als Belohnung für Betriebstreue ausbezahlt. Die von Ihnen zitierte Klausel lässt darauf schließen, dass hier die Betriebstreue belohnt werden soll, da der Auszahlungsanspruch nur bestehen soll, wenn Sie sich bis zum 31.03. des Folgejahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Solche Vereinbarungen sind zulässig und begründen eine Rückzahlungsverpflichtung. Für Sie bedeutet das, dass Sie beim Ausscheiden aus dem Unternehmen zum 31.12.2010 die Gratifikation zurückzahlen werden müssen.
Im Zweifel muss die Vertragsklausel ausgelegt werden. Man wird dann ermitteln müssen, welcher Zweck mit der Sonderzahlung von den Parteien verfolgt werden sollte. Da Sie zunächst von Leistungsprämie gesprochen haben, die Klausel aber von Gratifikation spricht, rate ich Ihnen, den gesamten Arbeitsvertrag sicherheitshalber noch einmal von einem Kollegen prüfen zu lassen. Gerne stehe auch Ihnen hierfür zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Marion Deinzer
Rechtsanwältin