Frage 1)
Selbstverständlich sind die Beerdigungskosten Nachlassverbindlichkeiten, die folglich aufgrund des geringeren Vermögens auch den Pflichtteilsanspruch des V mindern. Man unterteilt Nachlassverbindlichkeiten in Erblasserverbindlichkeiten und Erbfallverbindlichkeiten.
Erblasserschulden sind Verbindlichkeiten, die Ihre Oma noch zu Lebzeiten selbst begründet hat und halt noch fortwirken. Beispielsweise die Mietzahlungen für Wohnung, Telefon, Versicherungen bis zur Kündigung. Gleiches gilt für Bankschulden oder eigene Steuerschulden (Einkommensteuer) Hingegen nicht die Erbschaftsteuer der Erben. Aber diese haben jeweils einen Freibetrag von 200.000 EUR, der vorliegend nicht annähernd erreicht wird.
Erbfallschulden sind alle Kosten, die durch den Erbfall selbst begründet sind. Der pauschale Ansatz von 10.300 EUR wie im Erbschaftsteuerrecht gibt es im Zivilrecht leider nicht. Erbfallverbindlichkeiten sind in erster Linie die Beerdigungskosten für ein standesgemäßes Begräbnis und für die Grabstätte. Nicht aber Kosten der laufenden Grabpflege. Bei der Grabnutzungsgebühr gehe ich davon aus, dass diese ausschließlich für die Beisetzung Ihrer Oma angefallen ist. Soweit es sich um eine Todesanzeige in der Lokalzeitung handelt, sind auch diese Kosten meines Erachtens durchaus dem Stand eines bürgerlichen Lebens entsprechend. Daher sind sämtliche von Ihnen benannten Kosten Nachlassverbindlichkeiten. Richtigerweise haben Sie die Kosten für Grabpflege und Leichenschmaus abgezogen.
Frage 2)
Die Kosten für die Wohnungsräumung sind ebenfalls Nachlassverbindlichkeiten (Erbfallschulden). Gleiches gilt für die tatsächlich angefallenen Kosten für die Abwicklung des Nachlass (Feststellung des Bestandes und Wert des Nachlass, Kosten der Auskunftserteilung an den Pflichtteilsberechtigten, die Kosten der Pflichtteilsberechnung, Abwicklungskosten, wie bspw. Porto und Fahrtkosten für die Wohnungsübergabe oder Kontenauflösung). Bei Benutzung des eigenen Autos halte ich den Ansatz von 30 ct/km zzgl. tatsächlicher Reisenebenkosten (Parkticket) für vertretbar. Bei Benutzung anderer Verkehrsmittel in tatsächlicher Höhe (Bahnfahrtkarte, Mietwagen, Taxi).
Frage 3)
I. Anstandsschenkungen sind kleinere Zuwendungen aus besonderem Anlass, wie die üblichen Gelegenheitsgaben zu bestimmten Tagen oder Anlässen (Weihnachten, Geburtstag) oder wie das Trinkgeld. Die monatlichen Zahlungen dürften ganzjährig nicht hierunter fallen. Also auch nicht zum Beispiel im Geburtstagsmonat, weil das Motiv für die Schenkung wohl wie in den anderen Monaten sein dürfe.
II. Schenkungen auf Grund einer sittlichen Pflicht (Pflichtschenkung) können demgegenüber einen erheblichen Wert haben. Insbesondere fallen hierunter Unterhaltszahlungen für nahe Verwandte hierunter. Auch gibt es Urteile, nach denen selbst die Zuwendung eines Grundstücks aus Dankbarkeit für unbezahlte langjährige Dienste im Haushalt oder für unentgeltliche Pflege und Versorgung einer sittlichen Pflicht entsprechen sollen.
Letztendlich beruht die Entscheidung auf eine Einzelfallwertung. Bei der Wertung, die vorgenommen werden muß, wenn der Rechtsbegriff "sittliche Pflicht" auszufüllen ist, reicht nicht die Beantwortung der Frage aus, ob die Schenkung im Rahmen des sittlich noch zu Rechtfertigenden geblieben ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Vornahme der in Rede stehenden Schenkung nach den festgestellten Umständen in einer solchen Weise sittlich geboten war, dass umgekehrt das Unterlassen der Schenkung dem Erblasser als Verletzung der für ihn bestehenden sittlichen Pflicht zur Last zu legen wäre. Die Urteile sind jedoch relativ alt, und es fragst sich, ob heute erneut so entschieden werden würde. Es lässt sich eine Tendenz beobachten, wonach ein persönliches schweres Opfer oder Gefahr für eigene Existenz erforderlich sein muss.
Hier gibt es keine 100% Antwort. Letztendlich würde verbindlich ein Richter darüber entscheiden müssen, der dann seinen persönlichen Wertmaßstab auflegt. Ich persönlich würde jedoch aufgrund Ihrer Dienste und Sorge um Ihre Oma eine sittliche Pflicht bejahen. Eine Hinzurechnung der Schenkungen für die Berechnung des Pflichtteilsanspruch fände daher nicht statt.
III. Alternativ sei aber darauf hingewiesen, dass selbst bei Verneinung einer Pflichtschenkung nicht der gesamte (wegen Kaufkraftschwund mit dem Lebenshaltungskosten zu indexiere) Wert angesetzt wird. Gemäß § 2325 Abs. 3 BGB
findet eine sog. Abschmelzung statt. Es sind also pro Jahr vor dem Erbfall 10 % des Wertes abzuziehen.
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