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Reduzieren Beerdigungskosten den Pflichtteil?

| 4. Juni 2014 00:39 |
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Erbrecht


Zusammenfassung

Sind Beerdigungskosten als Nachlassverbindlichkeiten oder Pflichtteilsergänzungsansprüche zu betrachten?

Beerdigungskosten gelten als Nachlassverbindlichkeiten. Diese können deshalb einen Einfluss auf den Pflichtteilsanspruch haben.

Meine Oma O ist im Januar 2013 verstorben. Sie war verwitwet, ihr Mann nicht der Vater ihres Sohnes, und hinterließ einen Sohn, unseren Vater, V. Als Erben hat O meine Schwester A und mich, B zu gleichen Teilen eingesetzt und ihren Sohn damit enterbt. O lebte in einer Mietwohnung und hinterließ knapp 70.000 Euro Barvermögen auf den Konten. Im Sommer 2013 war der Nachlaß abgwickelt, meine Schwester und ich haben die Wohnung entrümpeln lassen, gekündigt und dem Vermieter übergeben. Meinem Vater haben wir zuvor Zutritt zur Wohnung angeboten, was aber nicht in Anspruch genommen wurde. Er hat aber mündlich und schriftllich erklärt, dass er mit der Entrümpelung einverstanden ist. Bis auf wenige persönliche Gegenstände haben wir die Wohnung entrümpeln lassen. Die Beerdigungskosten und auch die Kosten der Entrümpelung haben wir als Nachlassverbindlichkeiten vom Nachlass abgezogen und danach den Pflichtteil ausbezahlt. V hat auch eine Übersicht über den Nachlass, die Verbindlichkeiten und alle Belege bekommen.

V fühlt sich jetzt übervorteilt und sieht sowohl die angesetzten Beerdigungskosten wie auch die Kosten der Wohnungsentrümpelung nicht als Nachlassverbindlichkeit an und fordert jetzt eine entsprechende Nachzahlung auf den aus seiner Sicht zu niedrigen Pflichtteil.

Frage 1: Sind angemessene Beerdigungskosten (Urnenbeisetzung im bestehenden Doppelgrab, Nach-Gravur des vorhandenen Steins, Grabnutzungsgebühr für 5 Jahre, Todesanzeige in der Lokalzeitung) aber ohne Grabpflege und Leichenschmaus Nachlassverbindlichkeiten?

Frage 2: Sind Kosten der Wohnungsentrümpelung (3000 Euro) Nachlassverbindlichkeiten? Können wir unsere Fahrtkosten zur Wohnungsentrümpelung, Wohnungsübergabe, Kontenauflösung als Nachlassverbindlichkeit bzw. Nachlaßverwaltungskosten ansetzen?

Darüber hinaus droht V. einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend zu machen. Es hat in den letzten 10 Jahren keine einzelnen Schenkungen an Dritte oder uns gegeben bis auf folgende Ausnahmen: Meine Schwester und ich haben monatlich 50 Euro bekommen, in den letzten 7 Jahren meine Schwester 100 Euro und ich nichts mehr, da Sie finanzielll schlechter gestellt war, einerseits anstelle Geburtstags und Weihnachtsgeschenk, andererseits als Unterstützung, da wir uns als Einzige jahrelang um die Oma gekümmert haben, ihren Schriftverkehr, Pflege organisiert, Haushaltshile organisiert etc. V hat sich seit 25 Jahren nicht mehr um seine Mutter gekümmert. Zusätzlich gab es noch vereinzelt separate Geburtstagszuwendungen bis maximal 100 €.

Frage 3: Können die in Summe 100 Euro mtl. Zuwendung als Pflicht- bzw. Anstandsschenkungen angesehen werden, die somit nicht dem Pflichtteilsergänzungsanspruch zuzurechen sind?

Frage 1)
Selbstverständlich sind die Beerdigungskosten Nachlassverbindlichkeiten, die folglich aufgrund des geringeren Vermögens auch den Pflichtteilsanspruch des V mindern. Man unterteilt Nachlassverbindlichkeiten in Erblasserverbindlichkeiten und Erbfallverbindlichkeiten.

Erblasserschulden sind Verbindlichkeiten, die Ihre Oma noch zu Lebzeiten selbst begründet hat und halt noch fortwirken. Beispielsweise die Mietzahlungen für Wohnung, Telefon, Versicherungen bis zur Kündigung. Gleiches gilt für Bankschulden oder eigene Steuerschulden (Einkommensteuer) Hingegen nicht die Erbschaftsteuer der Erben. Aber diese haben jeweils einen Freibetrag von 200.000 EUR, der vorliegend nicht annähernd erreicht wird.

Erbfallschulden sind alle Kosten, die durch den Erbfall selbst begründet sind. Der pauschale Ansatz von 10.300 EUR wie im Erbschaftsteuerrecht gibt es im Zivilrecht leider nicht. Erbfallverbindlichkeiten sind in erster Linie die Beerdigungskosten für ein standesgemäßes Begräbnis und für die Grabstätte. Nicht aber Kosten der laufenden Grabpflege. Bei der Grabnutzungsgebühr gehe ich davon aus, dass diese ausschließlich für die Beisetzung Ihrer Oma angefallen ist. Soweit es sich um eine Todesanzeige in der Lokalzeitung handelt, sind auch diese Kosten meines Erachtens durchaus dem Stand eines bürgerlichen Lebens entsprechend. Daher sind sämtliche von Ihnen benannten Kosten Nachlassverbindlichkeiten. Richtigerweise haben Sie die Kosten für Grabpflege und Leichenschmaus abgezogen.

Frage 2)
Die Kosten für die Wohnungsräumung sind ebenfalls Nachlassverbindlichkeiten (Erbfallschulden). Gleiches gilt für die tatsächlich angefallenen Kosten für die Abwicklung des Nachlass (Feststellung des Bestandes und Wert des Nachlass, Kosten der Auskunftserteilung an den Pflichtteilsberechtigten, die Kosten der Pflichtteilsberechnung, Abwicklungskosten, wie bspw. Porto und Fahrtkosten für die Wohnungsübergabe oder Kontenauflösung). Bei Benutzung des eigenen Autos halte ich den Ansatz von 30 ct/km zzgl. tatsächlicher Reisenebenkosten (Parkticket) für vertretbar. Bei Benutzung anderer Verkehrsmittel in tatsächlicher Höhe (Bahnfahrtkarte, Mietwagen, Taxi).

Frage 3)
I. Anstandsschenkungen sind kleinere Zuwendungen aus besonderem Anlass, wie die üblichen Gelegenheitsgaben zu bestimmten Tagen oder Anlässen (Weihnachten, Geburtstag) oder wie das Trinkgeld. Die monatlichen Zahlungen dürften ganzjährig nicht hierunter fallen. Also auch nicht zum Beispiel im Geburtstagsmonat, weil das Motiv für die Schenkung wohl wie in den anderen Monaten sein dürfe.

II. Schenkungen auf Grund einer sittlichen Pflicht (Pflichtschenkung) können demgegenüber einen erheblichen Wert haben. Insbesondere fallen hierunter Unterhaltszahlungen für nahe Verwandte hierunter. Auch gibt es Urteile, nach denen selbst die Zuwendung eines Grundstücks aus Dankbarkeit für unbezahlte langjährige Dienste im Haushalt oder für unentgeltliche Pflege und Versorgung einer sittlichen Pflicht entsprechen sollen.

Letztendlich beruht die Entscheidung auf eine Einzelfallwertung. Bei der Wertung, die vorgenommen werden muß, wenn der Rechtsbegriff "sittliche Pflicht" auszufüllen ist, reicht nicht die Beantwortung der Frage aus, ob die Schenkung im Rahmen des sittlich noch zu Rechtfertigenden geblieben ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Vornahme der in Rede stehenden Schenkung nach den festgestellten Umständen in einer solchen Weise sittlich geboten war, dass umgekehrt das Unterlassen der Schenkung dem Erblasser als Verletzung der für ihn bestehenden sittlichen Pflicht zur Last zu legen wäre. Die Urteile sind jedoch relativ alt, und es fragst sich, ob heute erneut so entschieden werden würde. Es lässt sich eine Tendenz beobachten, wonach ein persönliches schweres Opfer oder Gefahr für eigene Existenz erforderlich sein muss.

Hier gibt es keine 100% Antwort. Letztendlich würde verbindlich ein Richter darüber entscheiden müssen, der dann seinen persönlichen Wertmaßstab auflegt. Ich persönlich würde jedoch aufgrund Ihrer Dienste und Sorge um Ihre Oma eine sittliche Pflicht bejahen. Eine Hinzurechnung der Schenkungen für die Berechnung des Pflichtteilsanspruch fände daher nicht statt.

III. Alternativ sei aber darauf hingewiesen, dass selbst bei Verneinung einer Pflichtschenkung nicht der gesamte (wegen Kaufkraftschwund mit dem Lebenshaltungskosten zu indexiere) Wert angesetzt wird. Gemäß § 2325 Abs. 3 BGB findet eine sog. Abschmelzung statt. Es sind also pro Jahr vor dem Erbfall 10 % des Wertes abzuziehen.

Bewertung des Fragestellers 4. Juni 2014 | 22:05

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