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Pflichtanteilsberechnung

9. Mai 2007 15:49 |
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Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Wolfram Geyer

Mein Vater ist im April 2007 verstorben. Es gibt insgesamt 3 Kinder, 2 aus erster Ehe, 1 aus zweiter Ehe. Beide Ehen sind rechtskräftig geschieden. In dem Testament hat mein Vater folgendes verfügt: Die Kinder und die Lebensgefährtin sollen unterschiedliche Prozente des Nachlasses bekommen. Zusätzlich wurde bestimmt, das als Vorausvermächtnis, zusätzlich zu ihrem jeweiligen Erbteil, die gesamte Wohnungseinrichtung sowie der Hausrat einer Tochter und der Lebensgefährtin zu gleichen Teilen bekommen sollen. Im Haushalt meines Vaters war gutes Prozellan und eine umfangreiche Briefmarkensammlung vorhanden. Den Wert des Nachlasses kann ich nicht beurteilen.
Für mich stellen sich jetzt folgende Fragen:
1. Was gehört zum Nachlass? Wohnungseinrichtung und Bargeld?
2. Wie erfolgt die Berechnung des Pflichtanteiles? Wird die Lebensgefährtin mit berücksichtigt?
3. Wenn die Wohnungseinrichtung nicht mit in den Nachlass fällt, kann ich dann den sogenannten Rest-Pflichtteil bei der Lebensgefährtin meines Vaters geltend machen?
Ich plane, von der Lebensgefährtin eine Übersicht über die Nachlassgegenstände anzufordern. Wenn der Wert dieses den des Bargeldes wesentlich übersteigt, kann es dann Sinn machen das Erbe auszuschlagen und den Pflichtteil zu fordern?
Im voraus vielen Dank für Ihre Bemühungen.

Sehr geehrter Ratsuchender,


zunächst mein Beileid zu dem Verlust Ihres Vaters. Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:

1.
Zum Nachlass gehören alle hinterlassenen Vermögenswerte gleichermaßen, also ebenso der Hausrat, die Wohnungseinrichtung und die dazugehörigen Wertgegenstände sowie auch das Bargeld und sonstiges Vermögen des Erblassers. Für die Berechnung des Pflichtteils ist also der gesamte Wert maßgeblich.

Allerdings ist zu differenzieren: Es wird bei der Berechnung der einzelnen Erbanteile der Wert der Wohnungseinrichtung und des Hausrats nicht berücksichtigt, soweit es sich wirklich um ein Vorausvermächtnis (§ <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__2150.html" target="_blank">2150</a> <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/index.html" target="_blank">BGB</a>) und nicht um eine bloße Teilungsanordnung (§ <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__2048.html" target="_blank">2048</a> BGB) handelt – was gegebenenfalls durch Auslegung des Testaments zu ermitteln wäre.

Die einzelnen Erben nehmen demgemäß bei einem Vorausvermächtnis in Höhe der Ihnen zustehenden Erbquote nur an dem sonstigen Vermögen teil.

2.
Wenn das übrige Vermögen entsprechend gering ist, kann es deshalb in der Tat dazu kommen, dass der Wert des Ihnen hinterlassenen Erbteils geringer ist als der gesetzliche Pflichtteil.

In diesem Fall steht Ihnen und den anderen mit dem Vermächtnis beschwerten Geschwistern aber gemäß § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__2306.html" target="_blank">2306</a> Abs. 1 Satz 1 BGB dennoch wenigstens der jeweilige Pflichtteil zu. Nötigenfalls müssen Wertgegenstände, die an sich dem Vermächtnis unterliegen, versilbert werden. Ist der Wert des Hinterlassenen größer als der Pflichtteil, aber niedriger als der gesetzliche Erbteil am gesamten Nachlass, können die pflichtteilsberechtigten Miterben den Pflichtteil nur verlangen, wenn sie das Erbe ausschlagen (§ 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB ).

Da hier eigentlich zwei Vermächtnisse vorliegen und unterschiedliche Erbquoten angeordnet wurden, dürfte die Berechnung im Einzelnen recht kompliziert ausfallen. Im Verhältnis der Erben untereinander gilt aber grundsätzlich, dass jeder gemäß seinem Anteil gegenüber den beiden Vermächtnisnehmern zur verhältnismäßigen Kürzung berechtigt ist (§ <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__2318.html" target="_blank">2318</a> Abs. 1, Abs. 3 BGB), wenn nicht der Erblasser z.B. einen Vorrang eines der beiden Vermächtnisse (§ <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__2189.html" target="_blank">2189</a> BGB) angeordnet hat.

Die Lebensgefährtin wird ebenso wie die anderen Miterben bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils berücksichtigt (vgl. auch § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__2310.html" target="_blank">2310</a> Abs. 2 BGB als einzige hier nicht zutreffende Ausnahme).

3.
Über das Ihnen nach § 2306 BGB zustehende Pflichtteilsrecht hinaus können Sie unter den Voraussetzungen des § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__2305.html" target="_blank">2305</a> BGB aus den Zusatzpflichtteil verlangen, soweit der Wert des Ihnen Hinterlassenen den Wert des hälftigen gesetzlichen Erbteils nicht erreicht. Hierzu müssen Sie das Erbe nicht ausschlagen.

Ihnen steht das Recht zu, von der Lebensgefährtin Ihres verstorbenen Vaters Auskunft zu verlangen, gemäß § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__242.html" target="_blank">242</a> BGB.


Ich hoffe, meine Ausführungen reichen Ihnen als erste rechtliche Orientierung. Für eine eingehendere Prüfung sollten Sie weiteren rechtlichen Rat einholen. Für Verständnisfragen stehe ich Innen gleichwohl im Rahmen der kostenfreien Nachfragefunktion zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 10. Mai 2007 | 11:56

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Geyer,
vielen Dank für die sehr ausführliche Beantwortung meines Anliegens. Sie haben mir damit sehr geholfen. In einem Punkt sind mir Ihre Ausführungen unklar. Im letzten Absatz unter 2. schreiben Sie, dass die Lebensgefährtin bei der Berechnung des Pflichtteils mit herangezogen wird. Dieses konnte ich aus dem § 2310 BGB nicht ableiten. Werden für die Ermittlung des Pflichtteiles nicht nur die gesetzlichen Erben, also die 3 Kinder herangezogen? Mein Vater war nicht wieder verheiratet.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Mai 2007 | 17:10

Sehr geehrter Ratsuchender,

Sie haben Recht, diesen Punkt habe ich „im Eifer des Gefechts“ nicht richtig dargestellt. Die Lebensgefährtin ist ja nur testamentarische Erbin und nicht gesetzliche Erbin. § 2310 BGB stellt insofern nur klar, dass der Wegfall der gesetzlichen Erben den Pflichtteil der Übrigen nicht vergrößert. Die Lebensgefährtin wird daher nicht mitgerechnet.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

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