Sehr geehrte Fragestellerin,
aufgrund Ihrer Schilderungen beantworte ich Ihre Frage in einer ersten rechtlichen Einschätzung wie folgt:
Wichtig ist, dass Sie die unterschiedlichen Rechtsgebiete auseinander zu halten haben. Die Berechnungen der ARGE nach dem SGB II sind für die Berechnung des pfändbaren Einkommens nicht (!) entscheidend. Die Berechnung des pfändbaren Einkommens richtet sich ausschließlich nach §§ 850 ff ZPO
. Dies gilt über die Verweisung in § 36 InsO
auch in einem Insolvenzverfahren.
Danach richtet sich der pfändbare Betrag nach dem Einkommen des Schuldners (so auch nicht nach dem Einkommen der Bedarfsgemeinschaft) und den gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen (wobei eigenes Einkommen des Unterhaltsberechtigten über § 850c IV ZPO
berücksichtigt werden kann).
Bei einem Einkommen des Schuldners über 1.642,00 € netto wären nach der aktuellen Pfändungstabelle bei der Berücksichtigung einer Unterhaltsverpflichtung 147,05 € pfändbar.
Aufwandentschädigungen sind nach § 850a Nr. 3 ZPO
unpfändbar, d.h. bei der Berechnung des pfändbaren Betrages vom Nettoeinkommen vorab abzuziehen. Zu beachten ist aber, dass es sich auch um Aufwandsentschädigungen im Sinne des Gesetzes handelt. Darunter fallen z.B. Reisekostenvergütungen und –spesen, Tage- und Übernachtungsgelder, Trennungsentschädigung, Entschädigung für die Haltung eines KFZ, Repräsentationskosten etc. In jedem Fall ist erforderlich, dass diese gesondert als solche ausgewiesen werden und das Maß des Üblichen nicht übersteigen dürfen.
Für besondere berufsbedingte oder persönliche Bedürfnisse können Teile des Arbeitseinkommens anderenfalls nur nach § 850f I ZPO
des Schuldners pfandfrei gestellt werden. Ob dies erfolgt, entscheidet auf Antrag des Schuldners, der auch die besonderen Umstände darlegen und beweisen muss, das Gericht.
Erhält ein Schuldner im Übrigen Arbeitseinkommen und Sozialleistungen gleichzeitig, werden diese für die Berechnung des pfändbaren Betrages nach § 850e Nr. 2a ZPO
in Verbindung mit § 54 SGB I
zusammengerechnet.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber ausschließlich auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.
Ich empfehle Ihnen daher, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu beauftragen, sofern Sie eine abschließende Beurteilung erhalten möchten. Bitten beachten Sie, dass dabei weitere Kosten anfallen.
Gerne stehe auch ich Ihnen bei der weiteren Durchsetzung Ihrer Interessen zur Verfügung. Sollten Sie dies wünschen, können Sie sich jederzeit - gerne auch per eMail - mit mir in Verbindung setzen.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Martin P. Freisler
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Rechtsanwalt Martin P. Freisler
Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht
Sehr geehrter Herr Freisler,
vielen Dank für Ihre ausführliche Beantwortung.
Beim angegebenen Grundbedarf von € 1.642,- (für mich und für meine Frau zusammen) handelt es sich um Sozialleistungen nach SGB II von € 1.492,- nicht um Arbeitseinkommen; das geringfügige Arbeitseinkommen
(€ 1,25-Job/Std.) besteht aus € 150,- mtl.
Mein Anteil am Grundbedarf ist die Hälfte, also € 731,27 + € 150,- ist hier etwas pfändbar ?
Vielen Dank nochmals.
Die Pfändungsgrenze liegt aktuell bei 990,00 €, so dass bei einem Gesamt-Einkommen eines Insolvenzschuldners von 881,27 € kein Anteil pfändbar ist.
Mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
Rechtsanwalt