Sher geehrte Rechtssuchende,
verständlicherweise haben Sie den Wunsch, eine völlige Trennung zwischen Ihnen und Ihrer Mutter herbeizuführen. Leider ist eine völlige juristische Trennung wohl kaum möglich, da es sich bei Ihrer Mutter um die leibliche Mutter handelt.
Zunächst zu Frage 1
Sollte Ihre Mutter bedürftig werden, dann könnten Sie gem. § 1601 BGB
im Wege des Verwandtenunterhalts auf Elternunterhalt in Anspruch genommen werden.Hierauf kann Ihre Mutter , selbst wenn Sie es wollte, auch nicht wirksam verzichten. Dies würde nämlich gegen § 1614 BGB
verstossen. In Anspruch genommen werden die Kinder zumeist von den Sozialämtern wegen Kosten für eine Altenheimunterbringung usw. Allerdings sind die Gerichte bei Elternunterhalt sehr viel großzügiger als beim Kindesunterhalt. Sie haben höhere Vermögensfreigrenzen und Verdienstgrenzen als beim Kindesunterhalt. Mit anderen Worten, sie können Ihre fehlende Leistungsfähigkeit viel eher einwenden, als im Falle des Kinderunterhalts.
Auf die Erbschaft Ihrer Mutter können Sie innerhalb von sechs Wochen nach Eintritt des Erbfalles verzichten. Dies sollten Sie sich allerdings genau überlegen, wenn der Vermögensbestand bei Ihrer Mutter höher ist als der Schuldenstand.
Zur Frage 2
Eine solche Schuldanerkennung ist dem deutschen Recht leider fremd. Es gibt nur die Möglichkeit auf Schmerzensgeldklage bzw eine Anzeige wegen Körperverletzung. Hier bestehen wie gesagt aber erhebliche Beweisschwierigkeiten. Des Weiteren wäre zu prüfen, inwieweit die Taten nicht schon verjährt sind.
Leider verstehe ich die Abkürzung OEG nicht.
Ob Ihre Mutter gegebenenfalls für den Unterhalts ihres Enkels einstehen muss, müssten Sie zunächst durch einen Anwalt für Familienrecht prüfen lassen, der dann ggfs Unterhaltsklage gegen Ihre Mutter erheben könnte.
zur Frage 3
Grundsätzlich könnten Sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Ihre Mutter stellen. Problematisch ist hier allerdings die Beweislage. Sie müssten Zeugen benennen können, die bestätigen könnten, dass Ihre Mutter Sie bedroht oder verletzt hat. Meist muss leider erst etwas passieren, bis man gegen den Täter etwas unternehmen kann.
Zur Frage 4
Als Angehörige können Sie, soweit es Ihre Person betrifft, durchaus ein Recht zur Einsicht in Stasiunterlagen haben. Fragen Sie hierfür bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen demokratischen Republik nach. Sie finden diese Behörde unter der Adresse:
www.bstu.bund.de/cln_043/DE/Home/homepage__node.html__nnn=true
Inwieweit Unterlagen aus der DDR-Zeit verlorengegangen bzw vernichtet worden sind, kann ich Ihnen im Rahmen einer Erstberatung allerdings auch nicht beantworten. Dies würde vertiefte Recherchen erfordern, die im Rahmen einer Erstberatung leider nicht erbracht werden können. Ein von Ihnen beauftragter Anwalt könnte aber versuchen, Akteneinsicht in die damaligen Prozessakten beim Familiengericht zu beantragen.
Für eine Unterhaltsklage gegen Ihre Mutter würde ich einen Anwalt für Familienrecht konsultieren. Hierbei sollten Sie Ihre Gehaltsbescheinigung mitnehmen und auch Bescheinigung über Ihre Therapiekosten mitnehmen.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Alexander Glatzel
Rechtsanwalt
www.kanzlei-glatzel.de
Antwort
vonRechtsanwalt Marcus Alexander Glatzel, Dipl.-Jur.
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Rechtsanwalt Marcus Alexander Glatzel, Dipl.-Jur.
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Glatzel,
Zu Frage 1:
Ihre Antwort lässt mich eher unzufrieden zurück. Ich habe hin und wieder in den Medien gehört oder gelesen, dass es möglich ist, bei einem derart zerrütteten Verhältnis die Pflichten (und insbesondere auch die Unterhaltspflicht) gegenüber den Eltern irgendwie abzulehnen. Und das teils bei wesentlich geringeren Nöten. Ich hatte mir Hinweise gewünscht, auf welcher rechtlichen Grundlage sowas fußt; was man dafür benötigt; unter welchen Umständen dies möglich ist oder irgendwie sowas halt.
Es ist absolut nicht in meinem Interesse, mich auf meine "Unfähigkeit" zurückzuziehen - ich WILL diese Frau nicht unterstützen, selbst wenn ich noch so sehr könnte. Zumal ich (wenn ich denn mal länger arbeitsfähig bin) recht gut verdiene. Und ich bilde mir auch ein, damit im Recht zu sein. Nur wie belege ich das?
Ihren Hinweis zur Erbschaft finde ich persönlich seltsam und zeigt mir eher, dass Sie mit misshandelten Kindern vielleicht bisher kaum Berührungspunkte hatten: Ich will mit dieser Frau NICHTS zu tun haben - und also auch kein Geld oder sonstwas von ihr erben. Einzig, es gäbe die Möglichkeit rechtmäßiger Wiedergutmachung bzw. von Schmerzensgeld (siehe 2.) - das fände ich dann recht und billig. Aber eine Mutter ist sie für mich einfach nicht. Sie hat sich nie so verhalten - wieso soll ich mich dann wie eine Tochter verhalten? Sie ist für mich nur ein Täter, der sich mir gegenüber strafbar gemacht hat - und nur als solchen will und kann ich sie behandeln.
Zu Frage 2:
Schade, dass Sie in Ihrer durchaus interessanten und nützlichen Erwähnung der Verjährungsfristen keine Information mitliefern, wie diese denn aussehen, wo sie stehen, ob sie "nach Tabelle und Sachverhalt" festgelegt sind - oder irgendwie einzeln und fallweise ausgerechnet werden, oder ...
Mit dem OEG ist übrigens das Opfer-Entschädigungs-Gesetz gemeint, das wohl irgendwie mögliche Entschädigungen für Opfer von Gewalttaten regelt. Ob das überhaupt für mich zutrifft, weiß ich nicht - deshalb ja die Frage danach.
Auch hier bin ich also wenig zufrieden mit der Qualität der Antwort.
Zu Frage 3:
Okay. Nicht schön - aber so ist halt die Rechtslage. Danke!
Zu Frage 4:
Für den Link herzlichen Dank! Der hilft wirklich sehr weiter!
Zu Frage 5:
Hmmm, lediglich Familienrecht? Das wundert mich ein wenig, da ich als Laie irgendwie annahm, dass zur Bearbeitung von Fällen wie diesem schon auch wenigstens ein bissel Erfahrung mit Misshandlung, körperlicher und seelischer Vernachlässigung, Psychoterror usw. - und eben auch mit Schmerzensgeld, Trennung wegen zerrüttetem Verhältnis usw. gehört. Nur: Wie heißt sowas im juristischen Sprachgebrauch? Wie sucht man nach so jemandem?
Fazit:
Für die sehr schnelle Antwort bedanke ich mich bei Ihnen - doch mit dem Inhalt bin ich noch nicht zufrieden.
Sonnige Grüße!
Sehr geehrte Ratsuchende,
zu 1)auf den Verwandtenunterhalt kann Ihre Mutter bzw. Frau nicht wirksam verzichten. Sie müssen also abwarten, ob sie gegenüber Ihnen einen solchen Anspruch geltend machen wird. Erst dann können Sie Einwendungen erheben, dass die Inanpruchnahme grob unbillig wäre ( § 1611 BGB
). Allerdings führt diese Einwendung in der Regel nicht zum Ausschluss, sondern zur Beschränkung der Unterhaltspflicht. Hinzuweisen ist dabei, dass Sie alle Tatsachen darlegen und beweisen müssen, die für eine grobe Unbilligkeit sprechen. Sie müssen Zeugen benennen, die die früheren Misshandlungen gesehen haben. Eine andere Lösung sehe ich nicht.
Warum mein erbrechtlicher Hinweis seltsam sein sollte, ist mir nicht ganz klar. Zumal Sie spätestens im Falle des Erfalls unvermeidbar vor der Frage stehen werden, ob Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen werden. Sollte Vermögen vorhanden sein, wäre es aufgrund der schwierigen Beweislage zumindest ein einfacherer Weg, um etwas Geld zu erhalten. Diese Problematik würde auch ein anderer Kollege im Falles eines Erbfalls ansprechen.
zu 2: Das Thema Verjährungsfristen habe ich deshalb nur allgemein angesprochen, da mir hierzu die notwendigen Angaben fehlten. Hier müsste zunächst ermittelt werden, wann sich welche Tat zugetragen hat. In einem zweiten Schritt müsste geprüft werden, welche Straftaten überhaupt erfüllt worden ist. Erst dann könnte festgestellt werden, welche Straftat ggf. verjährt ist. Eine solche Prüfung kann daher hier im Rahmen einer Erstberatung nicht erbracht werden, hierzu müssten Sie sich an einen Anwalt vor Ort wenden. Es gibt hierzu auch keine Tabelle, die Verjährungsvorschriften sind im StGB geregelt. Nach dem Opfer-Entschädungsrecht stünden Ihnen Leistungen insbesondere Zahlung einer Krankenbehandlung oder Heilbehandlung zu. Allerdings müssen die Straftaten dann auch bewiesen und abgeurteilt worden sein. Erst dann könnten Sie einen Leistungsantrag beim Versorgungsamt stellen.
zu 5: Die familienrechtlichen Aspekte können auch durchaus von einem Anwalt für Familienrecht bearbeitet werden. Ansonsten rate ich Ihnen, sich an die Opferhilfe in Ihrer Nähe zu wenden, diese können Ihnen auch einen Opferanwalt benennen.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Alexander Glatzel
Rechtsanwalt