Sehr geehrte Ratssuchende,
gerne beantworte ich Ihre Frage aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung wie folgt:
Bei der von Ihnen angesprochenen notariellen Urkunde dürfte es sich vorliegend um einen vollstreckungsfähigen Unterhaltstitel handeln. Unterhaltsvereinbarungen können insoweit grundsätzlich als notarielle Urkunde abgeschlossen werden.
Jedoch unterliegen Unterhaltsvereinbarungen grundsätzlich der Wirksamkeitskontrolle nach §§ 134
, 138 BGB
(sog. gesetzliches Verbot / Sittenwidrigkeit) sowie der Ausübungskontrolle nach § 242 BGB
(Verstoß gegen Treu und Glauben).
Hinsichtlich des Kindesunterhalts ist zu berücksichtigen, dass ein Verzicht auf Kindesunterhalt für die Zukunft gemäß § 1614 Abs. 1 BGB
unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung schließt § 1614 BGB
auch eine sich über viele Jahre erstreckende Stundung aus (so OLG Frankfurt, FamRZ 1994, 1131
). Zudem geht die Rechtsprechung von einem unzulässigen Teilverzicht hinsichtlich des laufenden Unterhalts aus, sofern der vereinbarte Unterhaltsbetrag 20 bis maximal 30 % unter dem Tabellenbetrag liegt (BGH NJW 1985, 64
; OLG Düsseldorf, MDR 2000, 1252
; OLG Köln FamRZ 2000, 609
; Oelkers / Grün, Praxis-Handbuch Familienrecht).
Vorliegend haben Sie nach Ihrer Schilderung einen pauschalen Unterhaltsbetrag in Höhe von 200,00 € mit dem Kindesvater vereinbart, wobei Sie mitteilen, dass der Tabellenbetrag zwischen 360 bis 419 € liegen würde. Dies könnte insoweit für einen Teilverzicht sprechen, der in diesem Umfang nach der Rechtsprechung unzulässig wäre, so dass ein Vorgehen gegen die Vereinbarung nicht zwangsläufig aussichtslos sein dürfte.
Zudem bestehen auch erhebliche Bedenken dahingehend, ob eine wiederholt monatliche Aufrechnung des Kindesunterhalts mit dem Betrag von 37.500,00 €, dem Sie dem Kindesvater schulden, vorgenommen werden kann. Insoweit dürfte dies mit einer unzulässigen jahrelangen Stundung vergleichbar sein.
Leider ist mir eine abschließende Beurteilung ohne den genauen Inhalt der notariellen Urkunde nicht möglich. Ich kann Ihnen daher nur dringend empfehlen, einen ortsansässigen Rechtsanwalt aufzusuchen, diesem die Urkunde vorzulegen und sich entsprechend beraten zu lassen. Mit dem Kollegen könnte sodann auch das mögliche weitere Vorgehen gegen die bisherige Regelung besprochen werden.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Ich weise abschließend darauf hin, dass es durch Hinzufügen und Weglassen wesentlicher Umstände im Sachverhalt durchaus zu einer komplett anderen rechtlichen Bewertung kommen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Neubauer
Rechtsanwalt
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