Sehr geehrte Ratsuchende,
Eine verbindliche Beantwortung Ihrer Frage wird im Wesentlichen davon abhängen, ob die von Ihrem Lebensgefährten in Ansatz gebrachten monatlichen Kreditzahlungen in Höhe von € 91,40 als berücksichtigungsfähige Schulden überhaupt sein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen mindern, was im Einzelfall auch strittig sein kann.
Dies ist - auch beim Kindesunterhalt - unter anderem dann zu bejahen, wenn es sich noch um familienbedingte Schulden handelt, also z.B. Finanzierung einer von Ihrem Lebensgefährten und seiner geschiedenen Ehefrau angeschafften Eigenheim.
Gerne können Sie Ihre Angaben im Rahmen der Nachfragefunktion insoweit präzisieren.
1.
Ihre Berechnung ist nicht stimmig.
Solange die ältere Tochter noch bei der Mutter gelebt hat, berechnet sich auf der Basis Ihrer Angaben ihr Bedarf wie folgt: € 291 abzüglich hälftiger Ausbildungsvergütung, wobei von der Ausbildungsvergütung aber vorab € 90 als Pauschale für ausbildungsbedingten Mehrbedarf abzuziehen sind! Nach Ihren Angaben unterstelle ich eine Ausbildungsvergütung von € 287 (€ 201,35 – € 57,85 x 2), so dass ihr Regelbedarf dann bei € 201,50 liegt.
Der Bedarf der jüngeren Tochter beträgt € 291.
Entsprechend dem Verhältnis der Verteilungsmasse von € 400,02 zum Gesamtbedarf von € 492,50 hätte die ältere Tochter folglich auf € 163,66und die jüngere auf € 236,36 Anspruch gehabt (Mangelfallberechnung).
Sofern die Schulden nicht abzugsfähig sind, wird Ihrem Lebensgefährten aber ein bereinigtes Einkommen von € 1.381,42 zu unterstellen sein, so dass er dann auch in eine höhere Einkommensgruppe innerhalb der Düsseldorfer Tabelle einzustufen sein wird.
Dies rechtfertigte dann für die jüngere Tochter einen Regelunterhalt von € 312.
In dieser Fallalternative berechnet sich der Bedarf der älteren Tochter wie folgt: € 312 abzüglich um € 90 gekürzter Ausbildungsvergütung zur Hälfte (€ 287 – € 90) : 2, so dass der Regelbedarf dann bei € 213,50 liegt.
Entsprechend dem Verhältnis der Verteilungsmasse von € 491,42 zum Gesamtbedarf von € 525,50 hätte die ältere Tochter folglich auf € 199,65 und die jüngere auf € 291,77 Anspruch gehabt.
Die Nachzahlung von je € 316 für beide Töchter ist also auch in diesem Fall zu hoch.
Sie können also vom Jugendamt die zuviel gezahlten Beträge zurückfordern.
2.
Solange die Kinder noch nicht volljährig sind, genügt derjenige Elternteil, der eines der Kinder in seinem Haushalt aufgenommen hat, noch durch Erbringung der damit verbundenen Naturalleistungen. In der Tat ist Ihr Lebensgefährte also derzeit von seiner Barunterhaltspflicht gegenüber der „Großen“ befreit.
3.
Nachdem dann aber zunächst die Barunterhaltspflicht gegenüber der „Kleinen“ etwas erhöht ist (weil ja der Selbstbehalt rechnerisch nicht mehr unterschritten wird) kann eine angemessene Erhöhung in Betracht gezogen werden.
Auch höhere Mietkosten als der in den Leitlinien vorgesehene Betrag von monatlich € 360 rechtfertigen nach der Rechtsprechung eine „maßvolle“ Erhöhung des Selbstbehaltes nach den Umständen des Einzelfalls.
4.
Die Mutter ist nunmehr grundsätzlich auch barunterhaltspflichtig geworden, vgl. <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://dejure.org/gesetze/BGB/1612.html">§ 1612 BGB</a>.
Nach überwiegender Rechtsprechung obliegt der Mutter die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit, sobald das jüngere Kind ca. 14 bis 15 Jahre alt ist.
Ihr Lebensgefährte kann also gegebenenfalls seinerseits Ansprüche geltend machen bzw. zur Aufrechnung bringen. Entscheidend ist, ob eine Voll-Erwerbstätigkeit tatsächlich zumutbar und erreichbar ist, und ihr deshalb auch fiktive Einkünfte zu unterstellen sind.
Auf Verlangen muss die Mutter entsprechende Bemühungen nachweisen.
5.
Wenn keine Einigung zwischen den Elternteilen zustande kommt, auch nicht unter Vermittlung des Jugendamts, bleibt nur eine Anrufung des Familiengerichts zur Feststellung der (wechselseitigen) Ansprüche, um hier Rechtssicherheit zu erhalten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen zunächst mit einer ersten rechtlichen Orientierung weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Guten Tag Herr Geyer,
erst einmal vielen Dank für die prompte Bearbeitung unserer Fragen.
Die Kreditkosten kamen durch die Scheidung zustande, d.h.: Anmietung einer neuen Wohnung, Kauf sämtlicher Einrichtungsgegenstände, da seine Ex-Frau alles bis auf den Fernseher und die Musikanlage behalten hat.
Noch einmal zum Verständnis für uns:
Zu 2. wir können also den Unterhaltsbetrag den wir für die Große hätten zahlen müssen nicht vor Berechnung der Zahlung für die Kleine vom Nettolohn meines Lebensgefährten abziehen?!
Zu 3. eine "maßvolle" Erhöhung des Selbstbehaltes wäre also nur in dem Rahmen möglich, wie das Unterhaltsgeld für die Kleine bei 312,- € bleibt, also um ca. 90,- €?!
Zu 4. wir könnten der Mutter also vorschlagen, dass wir z. B. 200,- € bezahlen und der Differenzbetrag als Barunterhaltszahlung von ihr, für die Große anzusehen ist?!
Zu 5. muß denn der Titel über 316,- € beim JA unterschrieben werden, oder erst wenn eine "Einigung" gefunden wurde? Das JA kann ja sehr böse werden wenn man nicht nach seinen "Spielregeln" spielt.
Nochmals vielen Dank für die Beantwortung.
Mit freundlichem Gruß
PT
Sehr geehrte Ratsuchende,
1.
Ob Schulden berücksichtigungsfähig sind, hängt beim Verwandtenunterhalt von dem Zweck der Verbindlichkeit ab, sowie von Zeitpunkt und Art der Entstehung der Schuld und von Grund, Höhe und Kenntnis der Unterhaltsschuld. Bei erst nach der Trennung in Kenntnis der Unterhaltsschuld aufgenommenen neuen Schulden - wie hier - kommt demgemäß eine Berücksichtigung nur in Betracht, wenn die Schulden unumgänglich sind. Die Beschaffung neuen eigenen Hausrats anlässlich der Trennung könnte als unumgänglich angesehen werden, aber nur soweit sich die Anschaffungen auf ein bescheidenes notwendiges Maß begrenzen, denn beim Unterhalt Minderjähriger besteht eine verschärfte Elterhaftung gemäß <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://dejure.org/gesetze/BGB/1603.html">§ 1603</a> Abs. 2 BGB.
2.
Solange die ältere Tochter nunmehr bei Ihrem Lebensgefährten lebt, kann er durchaus die tatsächlich von ihm in Erfüllung seiner Unterhaltspflicht erbrachten Sachleistungen von seinem Einkommen in Abzug bringen, ebenso kann dies aber auch seine Ex-Ehefrau bezüglich der jüngeren Tochter.
3.
Eine Erhöhung des Selbstbehalts wegen unvermeidbarer Überschreitung des Betrages von € 360 (für Wohnkosten inklusive Nebenkosten) ist einzelfallabhängig zu bestimmen. Einen genauen Betrag kann ich Ihnen nicht nennen. Es kommt aber nicht auf die Höhe der Unterhaltspflicht an, da diese ja erst nach der Feststellung der Leistungsfähigkeit ermittelt werden kann.
Bewohnt der Unterhaltspflichtige die Wohnung mit mehreren Personen, so ist die Miete anteilig umzulegen, bei Erwachsenen nach Köpfen, bei Kindern mit 20% ihres Tabellenunterhalts.
4.
In der Tat bietet sich hier eine Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche an. Ob der Betrag von € 200, den Sie vorschlagen realistisch ist, kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden. Eine einvernehmliche Vereinbarung hätte den Vorteil, dass eben die strittigen Punkte damit beseitigt werden können.
5.
Für den Fall einer Einigung sollten Sie diese beim Jugendamt protokollieren lassen. Kommt eine Einigung nicht zustande, sollte Ihr Lebensgefährte aber keinesfalls Etwas unterschreiben. Es bleibt dann nur der Gang zum Familiengericht, um die genaue Unterhaltspflicht feststellen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt