Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Ist eine Verbesserung des Arbeitszeugnisses möglich?

| 17. Juni 2010 18:05 |
Preis: 45€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Arbeitsrecht


Beantwortet von

Für meine Tätigkeit vom 18.06.2007 bis 17.12.2007 wurde mir am 14.03.2008 ein Arbeitszeugnis ausgestellt, das am 11.06.2008 zuletzt geändert wurde. Seit Ende Januar diesen Jahres verwende ich dieses Zeugnis für meine Bewerbungen und glaube, dass dieses Arbeitszeugnis ein Grund dafür ist, warum ich keinen neuen Arbeitsplatz mehr finde. Der Arbeitgeber ist nicht mehr bereit, das Arbeitszeugnis freiwillig zu ändern, sondern nur noch durch Gerichtsbeschluss.

Das Arbeitszeugnis über meine Tätigkeit als SAP-Anwendungsbetreuer für Finanzwesen und Controlling enthält folgende Beurteilungstexte:
Herr ... sollte ursprünglich die Verantwortung für die Betreuung unserer Landesgesellschaften in Italien übernehmen. ... Während dem Aufbau und der Anpassung der Formulare wurde die bis dahin von Herrn ... verantwortete Anwendungsbetreuung für Italien intern anders zugeordnet.

Herr ... verfügt über ein gutes Fachwissen und konnte die vorhandenen Instrumente und Techniken wirksam und erfolgreich anwenden. Mit der bedächtigen Arbeitsweise von Herrn ... waren wir zufrieden.

Die ihm übertragenen Aufgaben erledigte Herr ... aufgrund seiner Auffassungsgabe und geistigen Flexibilität auf voll zufrieden stellende Weise. In Stresssituationen und unter Termindruck behielt er im Wesentlichen die Übersicht und erzielte meist Ergebnisse in der von ihm erwarteten Güte.

Herr ... identifizierte sich absolut mit seiner Aufgabe und dem Unternehmen und stellte persönliche Belange bei Notwendigkeit stets zurück.

Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern war jederzeit einwandfrei, auch gegenüber unseren Geschäftspartnern. Er verstand es, unser Unternehmen zu repräsentieren.

Wir bedanken uns für seine Arbeit und wünschen ihm für seine weitere Zukunft viel Erfolg.

Meine Frage: Ist es jetzt noch möglich, die Formulierungen im Arbeitszeugnis zu verbessern? Enthält das Arbeitszeugnis Formulierungen, die arbeitsrechtlich nicht erlaubt sind? Ist das Zeugnis nicht wohlwollend genug formuliert, so dass es meine weitere berufliche Entwicklung ungerechtfertigt behindert? Diesen Eindruck habe ich nämlich. Bitte geben Sie mir eine Empfehlung, ob ich diesen Fall weiterverfolgen soll oder nicht.

Ich vermute, dass der Arbeitgeber das Zeugnis unter anderem deswegen so formuliert hat, weil ich damals schon eine psychische Erkrankung und deswegen einen Schwerbehindertenausweis hatte. Die Entscheidung, dass ich die Probezeit nicht bestehe, hat der Arbeitgeber getroffen, nachdem er meine Stundenprotokolle analysiert hat. Ich habe jeden Tag in einem Zeitplan dokumentiert, welche Tätigkeiten ich ausgeführt und welche Ergebnisse ich erzielt habe. Diese Dateien habe ich immer noch, so dass sie von einem Gutachter analysiert werden könnten. Der Arbeitgeber hat mir wiederholt gesagt, dass ich meine Arbeiten zu langsam ausführe, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ich in diesem Beruf erst 6 Monate Erfahrung habe. Zu einer Erwerbsminderungsrente, von dessen Möglichkeit ich dem Arbeitgeber erzählt habe, ist es aber bis jetzt noch nicht gekommen.

Zuständig ist das Arbeitsgericht Münster / Nordrhein-Westfalen. Falls es empfehlenswert ist, den Fall vor Gericht zu bringen, wäre es gut, wenn ein Fachanwalt für Arbeitsrecht antwortet, der nicht so weit weg wohnt, falls ich im nächsten Schritt den Auftrag gebe, meine Interessen gegenüber dem Arbeitgeber vor Gericht wahrzunehmen.

17. Juni 2010 | 21:36

Antwort

von


(2333)
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrter Fragesteller,

zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:


I.

Es ist nie ganz unproblematisch, ein Zeugnis zu formulieren, wenn man anhand der Beschäftigungszeit ersehen kann, daß der Arbeitnehmer nach der Probezeit nicht übernommen worden ist. Dennoch muß ein Zeugnis wohlwollend formuliert sein und darf den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen nicht hindern.

Diese Kriterien erfüllt das vorliegende Zeugnis - wie Sie schon richtig vermutet haben - nicht einmal ansatzweise. Das Zeugnis ist damit eine „Einstellungsbremse", die Sie nicht zu akzeptieren brauchen.


II.

Hierzu im Einzelnen:

1.

Die Formulierung, „mit der bedächtigen Arbeitsweise von Herrn ... waren wir zufrieden", besagt, daß man Ihre Arbeitsweise als zu langsam und inakzeptabel uneffektiv beurteilt. Dem Leser des Zeugnisses wird signalisiert, daß Sie die gestellten Aufgaben nicht zeitnah erledigt haben.

Man könnte statt dessen z. B. formulieren: „Hervorzuheben ist die sorgfältige Arbeitsweise von Herrn X."

2.

Auch der Satz, „die ihm übertragenen Aufgaben erledigte Herr ... aufgrund seiner Auffassungsgabe und geistigen Flexibilität auf voll zufrieden stellende Weise" ist eine Abwertung Ihrer Tätigkeit und Fähigkeit und läßt dem Leser die Schlußfolgerung, der Arbeitnehmer kapiere nichts, nicht allzu fern erscheinen.

Es sollte z. B. heißen „aufgrund seiner raschen Auffassungsgabe..." und „wegen seiner flexiblen Arbeitsweise ..." Dann wäre als Benotung vorzuschlagen, daß Sie die Ihnen übertragenen Arbeiten stets zur vollen Zufriedenheit erledigt hätten. Das entspricht in etwa der Note „gut".

3.

Schlimm ist die Formulierung: „In Stresssituationen und unter Termindruck behielt er im Wesentlichen die Übersicht und erzielte meist Ergebnisse in der von ihm erwarteten Güte."

Der Begriff „im Wesentlichen" bringt zum Ausdruck, daß Sie unter Termindruck die Übersicht verloren haben. Das wird noch untermauert durch die Aussage, Sie hätten meist Ergebnisse in der von der Ihnen erwarteten Güte erzielt. Hiermit sagt der Arbeitgeber, daß Ihre Arbeitsergebnisse meist nicht oder kaum zu gebrauchen gewesen sind und daß man von Ihnen aber ohnehin nicht viel habe erwarten können.

4.

Der Satz, er „stellte persönliche Belange bei Notwendigkeit stets zurück", ist ebenfalls nicht positiv zu lesen. Dahinter steht die Aussage, daß Ihnen Ihre persönlichen Dinge stets wichtiger als die Arbeit gewesen seien.

5.

Zumindest unglücklich ist folgende Formulierung: „Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern war jederzeit einwandfrei, auch gegenüber unseren Geschäftspartnern."

Dadurch, das der Halbsatz „auch gegenüber unseren Geschäftspartnern" angehängt wird, kann der Leser den Eindruck gewinnen, daß Ihr Verhalten gegenüber den Geschäftspartnern zu wünschen übrig ließ. Positiver ist folgender Satz: „Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern und Geschäftspartnern war jederzeit einwandfrei."

6.

Abschließend fehlt der Hinweis des Bedauerns über Ihr Ausscheiden. Gerade weil eingangs auf eine anderweitige Aufgabenzuordnung der Aufgabenbereiche hingewiesen wird, ist ein Hinweis etwa wie folgt selbst bei Nichtbestehen der Probezeit gut vertretbar: „Wir bedauern, daß Herr X uns verläßt."

7.

Allgemein ist anzumerken, daß das Zeugnis nichts zu Ihrer Tätigkeit sagt. Eingangs wird die „Anpassung der Formulare" erwähnt. Das ist abwertend, weil dadurch der Eindruck erweckt wird, Sie hätten sich nur mit der Formatierung von Formularen befaßt.


III.

Sie sollten das Zeugnis durch einen Rechtsanwalt neu formulieren lassen und dann dem Arbeitgeber vorlegen. Dabei sollte man zugleich darauf hinweisen, daß andernfalls Klage beim Arbeitsgericht erhoben würde.

Für eine neue Zeugnisformulierung stehe ich selbstverständlich gern zur Verfügung. Natürlich löst das eine weitere Gebühr aus. Aber das Zeugnis, das Sie erhalten haben, können Sie bei keiner Bewerbung vorlegen.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt


Bewertung des Fragestellers 8. August 2010 | 12:09

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Vielen Dank, auch für die sehr gute Hilfe bei der Einigung mit dem Arbeitgeber

"
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Gerhard Raab »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 8. August 2010
5/5,0

Vielen Dank, auch für die sehr gute Hilfe bei der Einigung mit dem Arbeitgeber


ANTWORT VON

(2333)

Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Arbeitsrecht (Arbeiter und Angestellte), Erbrecht, Familienrecht, Straßen- und Verkehrsrecht, Miet- und Pachtrecht, Vertragsrecht, allgemein, Kaufrecht, Strafrecht