Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
aufgrund des von Ihnen dargelegten Sachverhaltes und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Anfrage im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
1) Grundsätzliche Hinderungsgründe für eine Heirat bestehen nicht. Solange das Verfahren noch nicht aufgehoben ist gilt allerdings, dass Neuerwerb zur Insolvenzmasse gehört, so dass die entsprechenden alleinigen Eigentumsverhältnisse der zukünftigen Ehefrau nachgewiesen werden können sollten. Gleichfalls sollten getrennte Konten geführt werden. Aus diesem Grund rate ich Ihnen, eine Hochzeit erst nach Aufhebung des Verfahrens, d.h. in der Wohlverhaltensperiode durchzuführen. Der Insolvenzverwalter kann gegen eine Heirat aber auch während des Verfahrens ebenso wenig einwenden, wie Gläubiger.
2) Eine Ehevertrag ist grundsätzlich immer sinnvoll, die Vereinbarung einer Gütertrennung ist allein aus insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten jedoch nicht erforderlich, da auch im Rahmen der Zugewinngemeinschaft getrennte Vermögen bestehen. Eine Scheidung innerhalb der Insolvenz sollte jedoch ausgeschlossen werden; in dem Fall sollte ein vorhandener Ehevertrag unbedingt vorhanden sein. Des Weiteren sollte eine Gütergemeinschaft nicht gewählt werden. Erbschaften für Sie, die während des Insolvenzverfahrens anfallen, gehören vollständig in die Insolvenzmasse; die Erbschaften, die in der Wohlverhaltensperiode anfallen, sind zur Hälfte an den Verwalter herauszugeben, wenn die Restschuldbefreiung nicht riskiert werden soll. Dies gilt jedoch nicht für Erbschaften Ihrer Frau.
3) Ich gehe davon aus, dass Sie selbst wissen, dass die Fragestellung kaum hier im Forum sowie in der vorgegebenen Zeit und zu dem angesetzten Betrag umfassend beantwortet werden kann. Dies gilt insbesondere bei einer selbstständigen Tätigkeit. Steuerliche Gesichtspunkte einer Eheschließung sollten Sie daher mit Ihrem Steuerberater besprechen. Gleichfalls rate ich Ihnen, einen evtl. gewünschten Steuerklassenwechsel in 5/3 mit dem Verwalter abzusprechen. Soweit Sie eine ungestörte Insolvenzabwicklung meinen, bedeutet dies jedenfalls hinsichtlich der Berechnung Ihres pfändbaren Einkommens aus der Selbstständigkeit keine Änderung, da keine weiteren Unterhaltspflichten aufgrund Ihrer Angaben durch die Heirat entstehen. Weitere evtl. Probleme können durch rechtzeitige Absprache/Kontaktaufnahme mit dem Verwalter / Gericht vorbeugend vermieden werden.
4) Ein Testament sollte ebenfalls in jedem Fall erstellt werden, um einen Erbfall an Sie während der Insolvenz- / Wohlverhaltensperiode so gering wie möglich zu halten. Nach derzeitiger überwiegender Ansicht sind Sie berechtigt, eine Erbschaft auszuschlagen sowie auf den Pflichtteil zu verzichten, ohne Ihre Obliegenheiten in der Wohlverhaltensperiode zu verletzten. Diese Auffassung kann jedoch ggf. zugunsten der Gläubiger geändert werden.
5) Eine Antwort auf die Frage, ob „alle“ Vereinbarungen notariell beurkundet werden müssen, kann wiederum nicht so pauschal gegeben werden. Jedenfalls haben Ehevertrag und Gütertrennung notariell zu erfolgen. Für das Testament kann dies empfehlenswert sein. Insbesondere könnten Sie dann eine Beratung durch den Notar in Anspruch nehmen. Die Kosten des Notars sind in der KostO geregelt.
6) Während des laufenden Insolvenzverfahrens gehört der pfändbare Neuerwerb zur Insolvenzmasse. Näheres regelt §§ 35
, 36 InsO
. Während der Wohlverhaltensperiode sind lediglich die pfändbaren Einkommensteile sowie o.g. Erbschaft zur Hälfte herauszugeben. Weiterer Vermögenserwerb ist nicht herauszugeben. Ob es sich nun bei den Geschenken um pfändbare oder unpfändbare Gegenstände handelt, kann daher ebenfalls vorgreiflich nicht beantwortet werden. Die Finanzierung hat selbstverständlich aus den unpfändbaren Einkommensanteilen zu erfolgen, bzw. über die Verwandtschaft, Bekanntschaft oder zukünftige Frau. Daher bietet sich auch aus diesen Gründen eine Heirat erst in der Wohlverhaltensperiode an.
7) keine
8) Anhand Ihrer Angaben kann ich derzeit keinen erkennen.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen in meinen Ausführungen zufrieden stellend beantwortet wurden und Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben werden konnte. Gerne stehe ich Ihnen bei der weiteren Wahrnehmung Ihrer Interessen zur Verfügung.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
- Rechtsanwalt -
http://www.ra-freisler.de
http://www.kanzlei-medizinrecht.net
Antwort
vonRechtsanwalt Martin P. Freisler
Wilhelmsstr. 3
55128 Mainz
Tel: 0 61 31 / 333 16 70
Web: https://www.ra-freisler.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Martin P. Freisler
Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht
Sehr geehrter Experte,
durch die Heirat und Wahl entsprechender Steuerklasse ist davon auszugehen, dass sich ein Steuervorteil x für das Paar ergibt.
Gibt es eine Regel, wie dieser finanzielle Vorteil in die Insolvenz des einen Ehepartners eingebracht werden muss?
Dies wäre ja unter Umständen mit einem finanziellen Verlust des nicht insolventen Ehepartners verbunden???
Mfg
Vorab: Steuererstattungsansprüche fließen im laufenden Insolvenzverfahren in die Insolvenzmasse. Erst in der Wohlverhaltensperiode stehen diese dem Insolvenzschuldner zu. Damit gehört ein Steuererstattungsanspruch während des laufenden Verfahrens zur Insolvenzmasse, so dass Verfügungen, die dazu führen, dass die Insolvenzmasse geschmälert wird nach § 80 InsO
unwirksam sein können.
Ehegatten können nach § 26 ff EStG
– unten den vorgenannten Bedingungen – wählen, ob Sie eine Zusammenveranlagung oder getrennte Veranlagung wünschen.
Wählen Sie die Zusammenveranlagung besteht der Vorteil darin, dass ein Verlustausgleich möglich ist. Für die sodann gemeinsame Steuerschuld haften aber auch beide Ehegatten gesamtschuldnerisch. Daher sollte in diesem Fall eine Aufteilung der Steuerschuld verlangt werden. Der Aufteilungsbescheid enthält dann die auf jeden Ehegatten entfallende Steuerschuld.
Wählen Sie die getrennte Veranlagung ist ein Verlustausgleich nicht möglich; die jeweils erzielten Einkünfte sind daher den Ehegatten getrennt zuzurechnen.
Daher sollte grundsätzlich die Zusammenverlangung mit Aufteilung sinnvoll sein.
Im Übrigen bleiben aber ggf. bestehenden Aufrechnungsmöglichkeiten des Finanzamtes unberührt.
Auf die Empfehlung einer nahen Absprache mit dem Verwalter, gerade während eines laufenden Verfahrens vor dem Schlusstermin, darf ich Sie erinnern.
Mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
Rechtsanwalt
www.ra-freisler.de
Ich muss mich teilweise konkretisierend ergänzen.
Die Zusammenverlangung mit Aufteilung bzw. getrennte Veranlagung hat selbstverständlich nur dann den Vorteil, wenn damit Erstattungsansprüche für den nicht solventen Partner konstruiert werden können (unter Voraussetzung des § 80 InsO
).
Vorab ist daher zu prüfen und auszuschließen, dass nicht der solvente eine Nachzahlung zu leisten hat und zugleich der insolvente eine Erstattung erhält.
Sollte dies im Einzelfall nicht vorhersehbar sein, besteht auch diesbezüglich ein Grund für eine Hochzeit erst in der Wohlverhaltensperiode.
Mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
Rechtsanwalt