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Sehr geehrte Fragestellerin/sehr geehrter Fragesteller,
Ihre
Frage geschrieben am 24.06.2012 18:27:42
Gründungszuschuss
Rechtsgebiet: Arbeitsrecht | Einsatz: € 40,00
beantworte ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes und nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Vorab:
Die gesetzlichen Regelungen finden sich in §§ 57
, 58
ff SGB III.
Antwort (A) zu Ihren Fragen:
I. Zu Fragen
1.
Ist es trotz meiner seitherigen (nebenberuflichen) Tätigkeit als Freiberufler möglich, den Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit nach Beendigung des Festanstellungs-Verhältnisses zu beantragen?
Ist also die seitherige Nebentätigkeit insofern unschädlich?
UND
2.
Wenn ja, habe ich im direkten Anschluss an mein seitheriges Arbeitsverhältnis Anspruch auf einen Gründungszuschuss oder ist dies nur aus der Arbeitslosigkeit heraus möglich, ist also der Bezug von ALG I Voraussetzung?
A:
„Voraussetzungen des Gründungszuschusses sind gemäß § 57 SGB III
:
• Der Existenzgründer hat noch einen mindestens 90 Tage dauernden Anspruch auf das Arbeitslosengeld.
• Der Existenzgründer hatte bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bzw. er war in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätig.
Die Voraussetzung des Bestehens eines Anspruchs auf eine Entgeltersatzleistung "bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit" erfordert nach der Rechtsprechung (BSG 05.05.2010 - B 11 AL 11/09 R
) entgegen einer im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Tatsacheninstanzen vertretenen Auffassung nicht etwa Nahtlosigkeit zwischen Existenzgründung und vorausgehendem Alg-Anspruch. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr ein enger zeitlicher Zusammenhang, der gewahrt ist, wenn zwischen dem Bestehen des Anspruchs auf die Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ein Zeitraum von nicht mehr als etwa einem Monat liegt.
• Die Tragfähigkeit der Existenzgründung wird durch eine fachkundige Stelle bestätigt.
• Der Existenzgründer kann die zur Ausübung der Selbstständigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vorweisen.
• Der Gründungszuschuss wurde vor der Aufnahme der Existenzgründung bei der örtlichen Agentur für Arbeit beantragt."
•
[Quelle: JURION, Rechtswörterbuch, Stichwort „Gründungszuschuss" unter Vereis auf: http://www.gruendungszuschuss.de und Link/Kranz: Der Gründungszuschuss für Existenzgründer; 1. Auflage 2007]
„Der Antragsteller eines muss arbeitslos sein und über einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen verfügen. Ein nahtloser Übergang aus einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis in die Selbstständigkeit ist ausgeschlossen."
Sie müssten also sich vorher arbeitslos gemeldet haben. Der Anspruch ist also quasi nur aus der Arbeitslosigkeit heraus möglich. Wie in dem Zitat ausgeführt, darf zischen dem Anspruchs auf die Entgeltersatzleistung (ALG I) und die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ein Zeitraum von nicht mehr als etwa einem Monat liegen.
[Quelle: Quelle: JURION, Rechtswörterbuch, Stichworte „Existenzgründungszuschuss" und „Gründungszuschuss"]
PROBLEMATISCH könnte evtl. sein, dass Sie bereits in Selbständigkeit gearbeitet haben. Sie schrieben, dass Sie bereits eine „selbstständige Gutachtertätigkeit" nebenberuflich ausgeführt haben. Sie müssen also Ihre nebenberufliche Selbständigkeit in eine hauptberufliche umwandeln.
Fragen und Einzelheiten dazu lassen Sie sich am Besten rechtzeitig bei der örtlichen Agentur für Arbeit erläutern.
II.
Zu Ihrer Frage:
In diesem Zusammenhang wäre es dann natürlich ggf. wichtig, die 3monatige Sperrfrist im Hinblick auf die Bezugsberechtigung von ALG I zu verhindern.
Welche Möglichkeiten gibt es?
A: Eine Sperre nach §§ 43
, 44 SGB III
erhalten Sie insbes,, wenn Sie an der Lösung des Arbeitsverhältnisses „mitgewirkt" haben. Das ist bspweise durch Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung oder eines Abwicklungsvertrages oder wenn SIE selber kündigen würden.
Sind Höhe und Dauer des Gründungszuschusses abhängig von der Höhe der Einkünfte als Selbstständiger oder davon unabhängig?
A:
Die finanzielle Förderung durch den Gründungszuschuss richtet sich gemäß § 58 SGB III
nach dem Anspruch und in Höhe des Betrages, der zuletzt als ARBEITSLOSENGELD gewährt wurde. Zusätzlich wird dieser Betrag um 300,00 EUR aufgestockt. Die Dauer der Förderung beträgt neun Monate. Nach dieser Zeit kann die Förderung um weitere sechs Monate verlängert werden, wobei diese dann nur noch in Höhe von 300,00 EUR erfolgt, und Voraussetzung der Nachweis der Geschäftstätigkeit ist.
[Quelle: JURION, Rechtswörterbuch, Stichwort „Gründungszuschuss" unter Vereis auf: http://www.gruendungszuschuss.de und Link/Kranz: Der Gründungszuschuss für Existenzgründer; 1. Auflage 2007]
Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen einen Überblick verschafft zu haben.
Ich weise abschließend darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt (vor Ort) in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Letztlich weise ich darauf hin, dass der Umfang meiner Beratung ebenfalls durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 4 RVG
begrenzt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Aljoscha Winkelmann (Rechtsanwalt)
Antwort
vonRechtsanwalt Dr. Aljoscha Winkelmann
Osthofstraße 24
48163 Münster
Tel: 02536-3089355
Tel: 0173-7210094
Web: https://www.awr-kanzlei.de
E-Mail:
Für die Ergänzung bez. Korrektur durch die Kollegin bedanke ich mich.
Die Ausführungen der Kollegin sind alle korrekt.
Ergänzend noch:
Es ist auch richtig, dass nach Ablauf von 6 Monaten für weitere 9 Monate ein Zuschuss von monatlich 300 € gezahlt werden KANN (§ 58 Abs. 2
, § 94 Abs. 2 SGB III
). Bisher belief sich dieser Anspruch auf eine Dauer von 6 weiteren Monaten. Dieser weitere Anspruch steht, wie bisher, im Ermessen der Arbeitsagentur.
Neu ist auch, dass auf den Gründungszuschuss anders als nach bisheriger Rechtslage auch in den ersten 6 Monaten kein Rechtsanspruch mehr besteht, vielmehr die Zahlung im Ermessen der Arbeitsagentur steht.
[vgl. auch ZAP Fach 17 R, 667 - 680 (Nummer 12 v. 08.06.2012)
Rechtsprechungs- und Literaturübersicht zum Arbeitsrecht - 2. Halbjahr 2011
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht Dr. Ulrich Sartorius, Breisach, und Richter am Arbeitsgericht Wolfgang Gundel, Freiburg]
Wichtig ist auch noch einmal, dass auch in Abs. 1 des § 93 es noch einmal ausdrücklich heißt, dass durch eine selbständige, HAUPTBERUFLICHE Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden werden muss (siehe Ihre Frage1).