Sehr geehrter Ratsuchender,
ich habe vollstes Verständnis für Ihre Situation, muss ich Ihnen aber mitteilen, dass bei dem derzeitigen Aufenthalt des Kindes eine Unterhaltspflicht Ihrerseits besteht.
Es handelt sich „noch" um Minderjährigenunterhalt, der auch nicht damit ausgeschlossen werden kann, dass Sie zu Recht darauf hinweisen, dass der Wechsel in den Haushalt der Großmutter/Mutter sicher nicht förderlich für das Kind ist.
Es wäre natürlich daran zu denken, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, die den Wechsel in den Haushalt der Mutter/Großmutter unterbindet.
Sie haben grundsätzlich die Möglichkeit das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu beantragen um dann auch allein (ohne Zustimmung der Mutter) über den Aufenthalt der Tochter zu entscheiden.
Das Problem ist hier aber weniger Großmutter/Mutter, sondern die Tatsache, dass die Tochter bereits 17 Jahre ist.
Sie wird in einem solchen Verfahren angehört und ihr Wunsch wird berücksichtigt werden. Es muss daher gut überlegt werden, ob ein solches Verfahren noch Sinn macht, wenn die Tochter nicht bei Ihnen leben will und ohnehin alsbald volljährig wird.
Ab Volljährigkeit ändert sich dann auch die Beurteilung der Unterhaltsverpflichtigung.
Grundsätzlich ist ein volljähriges Kind gehalten, für seinen eigenen Unterhalt zu sorgen. Das ist natürlich überwiegend nicht möglich. Das volljährige Kind ist dann aber verpflichtet, entweder eine Ausbildung durchzuführen oder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Kommt das Kind dieser Verpflichtung nicht nach ( Sie beschreiben das Verhalten der Tochter als Faulheit ) kann der Unterhaltsanspruch des Kindes entfallen.
Es ist daher in der derzeitigen Situation zu entscheiden, ob sich ein aufwändiges Verfahren wegen der Unterhaltszahlungen noch lohnt. Das ist auch an Hand der tatsächlichen Unterhaltsforderung zu beurteilen.
Bei einer Unterhaltsberechnung sind die Zinsleistungen für das Haus nach meinem Dafürhalten anzurechnen.
Sie weisen zu Recht darauf hin, dass es sich um keine Luxusaufwendungen gehandelt hat, sondern um Verbindlichkeiten für den Erwerb eines Familieneigenheimes.
Das ist aber nicht allein das Entscheidende. Das Hauptargument für die Anrechnung ist die Tatsache, dass auch die Tochter dort gelebt hat.
Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und auch in Anbetracht der besonderen Situation und der Umstände, bin ich der Meinung, dass eine Anrechnung zu erfolgen hat. Es kommt zwar nicht darauf an, dass man bei Aufnahme der Verbindlichkeiten irgendwann mit Unterhaltszahlungen rechnen muss. Es ist vielmehr in der jetzigen Situation die Interessenabwägung und Billigkeitsabwägung vorzunehmen.
Sollte bei einer Auseinandersetzung um die Höhe der Ansprüche der Abzug der Zinsen nicht angenommen werden, haben Sie aber auch noch die Möglichkeit wie folgt zu argumentieren.
Sofern Sie keine weiteren Zahlungen für Ihre Altersvorsorge vornehmen, können die Zinsen auch als Altersvorsorgezahlungen angesehen werden. Immerhin können diese dann in Abzug gebracht werden. Die Höhe der Abzugsbeträge muss nicht gleich den Zinszahlungen sein, sondern kann geringer sein. In der Regel sind 4 % des Bruttoeinkommens abzugsfähig.
Sollte daher ein Abzug der Zinszahlungen wider Erwarten nicht erfolgen, kann zumindest versucht werden auf diesem Wege noch eine Anrechnung, bzw. Teilanrechnung zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
Antwort
vonRechtsanwältin Sylvia True-Bohle
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Hallo,
vielen Dank für die rasche Rückmeldung.
Ein minderjähriges Kind kann also, aufgrund Verneinung einer letztmaligen Fördermaßnahme und den negativen Prognosen des Jugendamtes, die Zeit bis zum 18. Lebensjahr bei ihrer Großmutter eventuell "aussitzen", und man(n) muss es hierfür bis zum 18. Lebensjahr unterhalten?
Vielen Dank für die Beantwortung der Nachfrage
Sehr geehrter Ratsuchender,
einfach "aussitzen" darf das Kind die Zeit bis zur Volljährigkeit auch nicht. Der Wechsel zur Mutter/Großmutter kann einem Anspruch zwar nicht entgegen gehalten werden.
Von einem - auch minderjährigen - Kind kann aber die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erwartet werden, wenn es sich weder um einen Ausbildungsplatz oder um einen Schulabschluss bemüht.
Allein die Ablehnung der Fördermaßnahme muss nicht unbedingt ausreichen, um einen Anspruch zu verneinen, wenn das Kind einwendet, dass es sich um einen Praktikumsplatz bemüht hat, um darüber eine Ausbildung beginnen zu können UND dieser Platz auch nachweislich vorhanden ist.
Sie sollten daher von der Tochter Nachweise über die Bemühungen fordern und auch den Nachweis, falls ein Praktikumsplatz gefunden sein sollte. Dann kann auch ermessen werden, wann das Praktikum überhaupt beginnen soll.
Sie sollten der Tochter auch deutlich machen, dass sie einer Erwerbstätigkeiten nachgehen muss, wenn sie keine Ausbildung oder einen weiteren Schulbesuch anstrebt und auch schon androhen, dass auch der Unterhaltsanspruch entfallen kann. ( Beschluss des OLG Stuttgart 20.03.2008, Az.: 15 UF 28/08
)
Mit freundlichen Grüßen
Rechstanwältin
Sylvia True-Bohle