Sehr geehrte Ratsuchende,
auf der Grundlage des von Ihnen angegebenen Sachverhalts beantworte ich Ihre Fragen hiermit im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
Ihrem Vorschlag zur Berechnung des Einkommens kann ich so leider nicht zustimmen und spiegelt auch nicht die Antwort der Kollegin Ziegler wider:
Weder der Antwort der Kollegin noch der AusglV ist zu entnehmen, dass sämtliche Einkunftsarten grundsätzlich auf 12 Monate zu verteilen wären. Vielmehr ist ein Durchschnittseinkommen zu ermitteln und – wie die Kollegin schon dargelegt hat - das monatliche Einkommen zu bestimmen. Dies kann aber nicht durch grundsätzliche Teilung aller einzelnen Einkunftsarten : 12 erfolgen, denn auch Änderungen des Einkommens im Laufe eines Jahres sind zu berücksichtigen.
Um dies ganz grob an einem Beispiel aufzuzeigen: Werden in den ersten 6 Monaten eines Jahres 1000 EUR verdient, ab dem 7. Monat (z.B. wegen Aufnahme einer zusätzlichen Tätigkeit) 2000 EUR, dann würde nach Ihrer Berechnung ein Durchschnittseinkommen für das ganze Jahr in Höhe von 1500 EUR gegeben sein. Dem ist aber nicht so, denn vom 01.01.-30.06. betrüge das Durchschnittseinkommen 1000 EUR und ab 01.07. eben 2000 EUR und entsprechend würde sich die Ausgleichsrente ab 01.07. reduzieren. Dies ist natürlich ein überspitztes Beispiel, nur um Ihnen den Unterschied aufzuzeigen.
Schon aufgrund Ihrer Aufstellung der verschiedenen Einkunftsarten ist ersichtlich, dass diese nicht sämtlich parallel bezogen sein können und insoweit jeweils nur einen Teil eines Jahres betreffen, entsprechend ist auch näher zu betrachten, wie der monatliche Durchschnitt des Einkommens war und kann sich dieser auch während eines Jahres ändern.
Läßt sich das Einkommen zahlenmäßig nicht ermitteln, so ist es unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse festzusetzen, § 33 Abs. 3 BVG.
Tatsächlich sind aber, wie von Ihnen aufgeführt die einzelnen Einkunftsarten getrennt zu berechnen. Zur Berechnung der einzelnen Einkunftsarten sind aber die Detailregelungen der AusglV zu beachten, welche hier nicht sämtlich aufgeführt werden können. Daher nur folgende Hinweise:
Kapitaleinkünfte
Lediglich der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten nach §§ 8
und 9
des Einkommensteuergesetzes, § 11 Abs. 1 AusglV. Einkünfte aus dieser Einkommensart bleiben unberücksichtigt, soweit sie insgesamt jährlich 307 Euro nicht übersteigen.
Hinsichtlich der Anrechnung des Existenzgründungszuschusses als Einkommen kann ich nur auf die Antwort der Kollegin verweisen: Maßgebend ist, ob die Ausgleichsrente bei dieser Leistung angerechnet würde. Wenn nicht, dann wäre der Gründungszuschuss als Einkommen zu berücksichtigen, siehe § 2 Abs. 1 Nr. 31 AusglV (letzter Halbsatz).
Bevor das so ermittelte Einkommen nach Tabelle als anzurechnen bewertet wird, ist es außerdem um die Freibeträge nach § 33 Abs. 1 BVG zu reduzieren. Ob die Tabelle irgendwo im Internet veröffentlicht ist, ist mir nicht bekannt. Sie ist aber in der öffentlichen Fundstelle der AusglV abgedruckt (jeweiliges Bundesgesetzblatt, teilweise auch im Internet einsehbar)
Bitte beachten Sie, dass die Erstberatung in diesem Untermenü der Plattform keiner ausführlichen Prüfung einer Sach- und Rechtslage entsprechen kann.
Ich hoffe, Ihnen Ihre Fragen im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung hinreichend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Britta Möhlenbrock
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Tel: 040/58955558
Web: https://www.ra-moehlenbrock.de
E-Mail:
Rechtsanwältin Britta Möhlenbrock
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin,
besten Dank für Ihre Ausführungen. Allerdings ist mir weiterhin unklar, wie die Einkünfte nunmehr grundsätzlich und unter Zugrundelegung aller Einkunftsarten ermittelt werden. Einkünfte können ja von Jahr zu Jahr oder von Monat zu Monat schwanken. Ich will lediglich wissen, wie das Versorgungsamt hier vorzugehen hat, und was jeweils unter "Durchschnittseinkommen" zu verstehen ist. Also auch für das Durchschnittseinkommen scheint es verschiedene Definitionen zu geben.
Die Versorgungsämter müssten als staatliche Behörden verpflichtet sein, Bürgern die Bescheide nachvollziehbar und unter Verweis auf die einzelnen Rechtsgrundlagen und Berechnungsschlüssel zu erläutern - OEG und BVG sind ja schliesslich Bundesgesetze. Demnach könnte ich mich zwecks Erläuterung doch an ein beliebiges Versorgungsamt wenden, oder?
Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihr Einwand, dass die Bestimmung des Einkommens nicht nachvollzogen werden kann, ist verständlich und berechtigt, denn es ist tatsächlich nirgendwo im Gesetz abschließend und eindeutig geregelt, wie dieses tatsächlich zu bestimmen ist. Maßgebend ist aber nicht die Verwaltungspraxis, sondern die aufgrund einer rechtmäßigen, gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage erlassene Rechtsverordnung (welche generell nicht übergeordnetem Recht entgegen stehen darf).
In Deutschland gilt nach Grundgesetz die Gewaltenteilung Legislative, Exekutive und Jurisdiktion und grundsätzlich ist in einer Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verordnung alles Wesentliche in dem Gesetz selbst zu regeln (d.h. hier BVG oder direkt OEG), siehe hierzu Art. 80 GG
. Hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlage ist insoweit bereits bezweifelt worden, ob die Ermächtigungsgrundlage im BVG zum Erlass der AusglV mangels Vorgaben überhaupt verfassungsgemäß ist. Ich verweise hierzu z.B. auf ein Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.05.2009, Az. S 6 VS 467/08
. Falls hier nicht eine automatische Verlinkung bei Einstellung der Antwort erfolgen sollte, finden Sie die Entscheidung unter folgender URL:
http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=90077&s0=%A7%2033%20Abs.%205%20BVG&s1=Einkommen&s2=&words=&sensitive=
Vielmehr hat hier der Gesetzgeber die Bestimmung des Einkommensbegriffs durch die Ermächtigungsgrundlage im Gesetz dem Verordnungsgeber komplett überlassen. Darüber hinaus lässt aber auch die AusglV selbst diverse Fragen bei der Bestimmung des Einkommens einfach offen.
Wesentlich differenzierter sind z.B. die Bestimmungen zum Begriff des Einkommens im Sinne des Berufsschadensausgleichs (§ 30 Abs. 3 - 16 BVG) und diesbezüglicher Verordnung geregelt, aber auch hier gibt es diverse Einzelstreitigkeiten.
Wie die Kollegin Ziegler bereits erklärt hat, handelt es sich hier um eine schwierige und komplexe Materie, welche nicht in einem Forum wie diesem abschließend geklärt werden kann.
Selbstverständlich ist das regionale Amt verpflichtet, Ihnen die Berechnung zu erläutern. Bitte beachten Sie aber die Rechtsmittelfrist von einem Monat. Vorsorglich sollten Sie, wenn die Klärung der Berechnung nicht rechtzeitig abschließend geklärt werden kann, fristwahrend Widerspruch einlegen, welcher dann später gegebenenfalls auch wieder zurück genommen werden könnte.
Hinsichtlich des zu berücksichtigenden gegenwärtigen Einkommens während des Bezuges von Krankengeld möchte ich ergänzend noch auf § 33 Abs. 2 BVG hinweisen, welcher bestimmt, dass bei dem Bezug von Krankengeld als Einkünfte aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit das Bruttoeinkommen gilt, das der Berechnung dieser Leistung zu Grunde liegt und nicht etwa das Krankengeld selbst!
Mit freundlichen Grüßen
Britta Möhlenbrock
Rechtsanwältin
Internet: www.ra-moehlenbrock.de
Email: info@ra-moehlenbrock.de
Nach BVG ist aber zumindest immer das aktuelle Einkommen auf die Ausgleichsrente anzurechnen, das heißt diese ist veränderlich und bei Ihnen kommt erschwerend hinzu, dass die Einkommensanrechnung über diverse Jahre zu berechnen war.