Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund der mitgeteilten Tatsachen wiefolgt beantworten möchte:
1.Das Problem liegt hier im Detail. Es sieht danach aus, als hätten Ihre Eltern ein gemeinschaftliches Testament erstellt mit zwei Verfügungen. Zum einen die Verfügung, dass der längerlebende Ehegatte alles erbt. Zum anderen, dass nach dessen Tod die Kinder zu gleichen Teilen erben. Wenn diese Verfügungen „wechselbezüglich“ sind, sind sie verbindlich und können nach dem Tod des Erstversterbenden nicht mehr geändert werden!
2.DAS GILT ABER NUR; WENN IHRE ELTERN DEUTSCHES ERBRECHT ZUGRUNDE GELEGT HABEN. Sonst ist Schweizer Recht anwendbar und danach kann ihre Mutter auch nach dem Tod des Ehemanns neu verfügen. Das nun Folgende bezieht sich also auf die Möglichkeit, dass Ihre Eltern nach deutschem Erbrecht vererbt haben.
3.„Wechselbezüglich“ ist eine Verfügung dann, wenn die (vorerst) Alleinerbeinsetzung des überlebenden Ehegatten nur erfolgt, wenn nach dessen Tod die Kinder auch tatsächlich zu gleichen Teilen erben. Es sieht danach aus, als wenn das hier auch genau so gewollt gewesen wäre. Ich drücke mich vorsichtig aus, weil ich den genauen Wortlaut des Testaments nicht kenne und natürlich die abschließende Beurteilung immer im beim Gericht liegt. Die Indizien sprechen aber dafür.
4.Dann ist das Testament verbindlich und Ihre Mutter kann keine Änderungen mehr vornehmen. Was sie allerdings machen kann, ist anzuordnen, wer was bekommen soll. Dann kann man Ihr „Testament“ von 1988 als solche Teilungsanordnung ansehen. Wenn allerdings mit der Verteilung der Grundstücke das gesamte Erbe „aufgebraucht“ ist, es also nicht noch Barvermögen da ist, womit die Ungleichheiten ausgeglichen werden könnten, ist davon auszugehen, dass ihre Mutter ein Testament erstellen wollte und dieses ist dann unwirksam und bleibt unbeachtet.
5.So wie Sie das hier geschildert haben, gehe ich davon aus, dass das erste Testament verbindlich ist und somit die 4 Kinder zu gleichen Teilen erben müssen.
6.Wenn das Testament jedoch gültig ist, weil das Gericht der Ansicht ist, dass das erste Testament nicht wechselbezüglich ist, kann Ihre Mutter vererben, wie sie will. Das heißt, dass auch völlig ungerecht verteilt werden darf. Allerdings könnte dann ein Erbe einen sogenannten Ergänzungsanspruch haben, wenn sein Erbteil kleiner ist als sein Pflichtteil gewesen wäre.
Ich hoffe, diese Ausführungen haben Ihnen bei Ihrem Rechtsproblem weiter geholfen.
Mit freundlichen Grüssen
Nina Heussen
Rechtsanwältin
info@anwaeltin-heussen.de
www.anwaeltin-heussen.de