Guten Tag,
Ihr hier geschilderter Fall ist kein Einzelfall. Der im Zuge der Neustrukturierung des Kaufrechts nunmehr ständig anzutreffende Versuch die Gewährleistungsrechte auszuschließen, gehört bei Ebay mittlerweile zu den Standardtextbausteinen. Genauso oft, wie dieser Versuch unternommen wird, droht er auch zu scheitern; so auch in Ihrem Fall.
Gem. § 433 BGB
hat der Verkäufer stets eine mangelfreie Sache zu verschaffen. § 434 BGB
sagt uns, wann eine Sache mangelhaft ist. Mangelhaft ist die Kaufsache insbesondere dann, wenn von der vereinbarten Beschaffenheit abgewichen wurde. In Ihrem Fall wurde Ihnen ein Motorrad angeboten, dass sich in einem technisch einwandfreien Zustand befinden sollte. Das bedeutet, dass Sie dieses Motorrad sofort gefahrlos im Straßenverkehr benutzen könnten. Bei den von Ihnen geschilderten Mängeln, fällt mir diese Annahme jedoch schwer. Insbesondere stellt sich mir die Frage, wie man das Mottorad mit abgebrochenem Kupplungshebel überhaupt sachgemäß fahren kann. Auch dürfte die defekte Beleuchtung ihr übriges dazu tun.
Meines Erachtens wurde hier jemand mit der Produktbeschreibung beauftragt, der das Motorrad zuvor niemals gesehen, eventuell sogar nur einen Standardproduktbeschreibung verwendet hat.
Aufgrund der Produktbeschreibung durften Sie jedenfalls ein funktionierendes und im weitesten Sinne auch mangelfreies Motorrad erwarten.
Kommen wir nun zum erwähnten Textbaustein. Bei Privatverkäufen ist es möglich Sachen unter Ausschluss der Gewährleistung zu verkaufen. Das wurde hier auch versucht und daran gibt es auch nichts auszusetzen. Allerdings gilt dieser Ausschluss nicht, wenn der Verkäufer Mängel arglistig verschweigt oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat. Mit anderen Worten und das sollte sich jeder Verkäufer zu Herzen nehmen: immer dann, wenn man die Gewährleistung ausschließen möchte, muss man den Käufer auch über alle Mängel der Kaufsache vollständig aufklären. Man muss die Mängel konkret angeben. Gerade auch die Zusage, das Motorrad befände sich in technisch einwandfreiem Zustand fällt unter das Verschweigen von Mängeln. Soweit also einer Produktbeschreibung zu entnehmen ist, dass die Kaufsache funktionstüchtig oder fahrbereit ist, darf der Käufer davon ausgehen, dass die ihm übergebene Kaufsache funktioniert und tatsächlich auch fahrbereit ist.
Fehlt es nun an der geforderten Aufklärung, so ist auch der Haftungsausschluss für die Gewährleistung unwirksam und der Käufer kann die entsprechenden Rechte geltend machen. Dazu zählen auch der Rücktritt und die Minderung.
Zusammengefasst: Will ein Verkäufer die Gewährleistung ausschließen, so muss er auch über alle bekannten Mängel aufklären bzw. den wahren Zustand der Sache beschreiben. Er kann aber nicht eine Sache als schön bezeichnen und sich bei Abweichungen auf einen Gewährleistungsausschluss berufen.
Der hier verwendete Textbaustein verfehlt aufgrund der Abweichung des tatsächlichen Zustands von der Produktbeschreibung seinen Zweck und muss als unwirksam angesehen werden.
Diese Ansicht vertreten inzwischen auch höhere Gerichte: Beispielhaft sei die Entscheidung des OLG Koblenz vom 1.4.2004 (Az. 5 U 1385/03
) erwähnt. Hier stimmten Tachostand und tatsächliche Gesamtfahrleistung nicht überein.
Neben diesen Überlegungen kommt auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB
in Betracht. Hier kann auf die Täuschung durch Verschweigen wichtiger Umstände angeführt werden. Der Verkäufer darf wesentliche Mängel der Kaufsache nicht verschweigen.
Die Chancen für die Rückabwicklung des Kaufvertrages stehen gut. Weitere Kosten entstehen nur insoweit, als eine Rückabwicklung scheitert oder wenn Sie auf den Kosten der Rechtsdurchsetzung sitzen bleiben - weil Ihr Verkäufer zahlungsunfähig ist.
Inwieweit hier die Geltendmachung von Reparaturkosten in Betracht kommt, hängt von weiteren Faktoren ab, da die Reparaturkosten den eigentlichen Wert der Maschine übersteigen.
Für die Frage, ob ein solcher Fall von der Rechtsschutzversicherung gedeckt wird, ist darauf abzustellen, was für ein Versicherungspaket abgeschlossen wurde. Soweit Sie z.B. einen Privat- und Berufsrechtsschutzbaustein für Nichtselbständige abgeschlossen haben, wird Rechtschutz im Vertragsrecht auf privater Ebene gewährt. Eine Klärung kann ohne weiteres herbeigeführt werden. Bei Eintritt der Rechtsschutzversicherung übernimmt diese die Anwalts- und möglicherweise anfallende Gerichtsgebühren.
Das weitere Vorgehen richtet sich danach, was Sie selbst wollen. Soweit es Ihnen nur noch um die Rückabwicklung des Vertrages geht, müssen Sie sich nochmals an den Verkäufer wenden und eine entsprechende Rückabwicklung fordern (anfechten, hilfsweise vom Vertrag zurücktreten). Ich gehe davon aus, dass Ihr Verkäufer an einer Nacherfüllung (Behebung der Mängel) nicht interessiert ist, diese ablehnt. Ansprechen sollte man es auf jeden Fall. Sie sollten den Verkäufer zur Rückzahlung der 850,00 Euro auffordern und Ihrerseits im Gegenzug das Motorrad anbieten. Hilft der außergerichtliche Weg nicht weiter, können Sie sich an ein Gericht wenden z.B. ein gerichtliches Mahnverfahren durchführen, notfalls auf Rückzahlung klagen. Kosten: gerichtliches Mahnverfahren bis zu etwa 160,00 Euro bei anwaltlicher Mitwirkung. Kosten für ein Gerichtsverfahren: zwischen ca. 200 bis 500 Euro. Eine genaue Kostenermittlung ist stets fallabhängig und an dieser Stelle nur pauschal durchführbar. Je konkreter die Situation desto konkreter kann auch eine Kostenaussage getroffen werden. Die ca. 500 Euro dürften hier den ungünstigsten Fall darstellen. Die Kosten für ein vorher durchgeführtes Mahnverfahren sind zum großen Teil auf einen späteren Prozess anzurechnen. Soweit Sie vollständig obsiegen, hat Ihr Verkäufer sämtliche Kosten zu tragen.
Sollte es Ihnen nur um die 300,- Euro gehen, so reduzieren sich die Gesamtkosten. Mahnverfahren: 65,- Euro; Gerichtsverfahren: 100,- bis 300,- Euro.
Sollten Sie noch Fragen zu meinen Ausführungen haben, scheuen Sie sich nicht diese zu stellen!
Mit freundlichen Grüßen
Simon Jäschke
- Jetzt Frage stellen
- So funktioniert es
-
Topthemen
- Alle Rechtsgebiete
- Anwaltsrecht & Gebührenrecht & Verfahrensrecht
- Arbeitsrecht
- Ärger und Probleme mit Firmen
- Ausländerrecht
- Baurecht & Architektenrecht
- Datenschutzrecht
- Erbrecht
- Familienrecht
- Generelle Themen
- Gesellschaftsrecht
- Grundrechte
- Hauskauf & Immobilien & Grundstücke
- Inkasso & Mahnungen
- Insolvenzrecht
- Internationales Recht
- Internetauktionen
- Internetrecht & Computerrecht
- Kaufrecht
- Kredite
- Medienrecht
- Medizinrecht
- Mietrecht & Wohnungseigentum
- Nachbarschaftsrecht
- Reiserecht
- Schadensersatz
- Schule & Hochschule & Prüfungen
- Sozialrecht
- Sozialversicherungsrecht
- Steuerrecht
- Strafrecht
- Tierrecht & Tierkaufrecht
- Transportrecht & Speditionsrecht
- Urheberrecht & Markenrecht & Patentrecht
- Vereinsrecht
- Verkehrsrecht
- Versicherungsrecht & Privatversicherungsrecht
- Vertragsrecht
- Verwaltungsrecht
- Wirtschaftsrecht & Bankrecht & Wettbewerbsrecht
- Zwangsvollstreckung & Zwangsversteigerung
- Anwälte