Sehr geehrte Ratsuchende,
1.
Die Verschollenheitserklärung ist hier nicht der einzige Weg, um an einen Erbschein zu gelangen. Denn an sich sind die vom Erblasser festgelegten Bedingungen, unter denen Sie die Alleinerbschaft antreten sollen, ja eingetreten. Die Formulierung in dem Testament lässt sich vorbehaltlich einer eingehenderen Prüfung der gesamten Verfügung (und gegebenenfalls der Begleitumstände) nur so auslegen, dass auch wenn Ihr Vater noch nicht verstorben oder verschollen ist, Sie ersatzweise das Erbe antreten sollen.
2.
Erforderlich ist aber dennoch zunächst, dass Ihrem Vater offiziell die Möglichkeit gegeben wurde, seinen erbrechtlichen Anspruch geltend zu machen. Ist er nicht auffindbar, muss dies durch öffentliche Bekanntmachung im Rahmen eines Aufgebotsverfahrens nach den Vorschriften des FGG
und den §§ 948
ff. ZPO
erfolgen.
Sie können jederzeit beantragen, dass das Nachlassgericht den Erben unter Fristsetzung zur Anmeldung seines Rechts öffentlich auffordert. Dies ergibt sich aus § 1965 Abs. 1 BGB .
Die Frist beträgt mindestens sechs Wochen, in diesem Fall wohl mehrere Monate.
Danach können Sie den Erbschein für sich alleine beantragen.
3.
Nach Ablauf der Frist wird ein Ausschlussurteil erlassen, § 952
ZPO. Sollte Ihr Vater eines Tages doch wieder auftauchen, wird er aufgrund dessen mit seinem Erbrecht ausgeschlossen sein. Eine Anfechtungsklage gegen dieses Urteil sowie ein Antrag auf Kraftloserklärung Ihres Erbscheins dürfte dann keinen Erfolg haben, es sei denn, dass Testament wäre bezüglich seiner Erbberechtigung anders auszulegen.
Ich hoffe, Ihre Fragen hinreichend und verständlich im Sinne einer ersten rechtlichen Orientierung beantwortet zu haben. Sollte noch Etwas unklar geblieben sein, können Sie gerne rückfragen. Für ein darüber hinaus gehende Beratung oder Vertretung stehe ich Ihnen bei Bedarf und Interesse gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt