Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne unter Berücksichtigung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes wie folgt beantworte. Ich weise darauf hin, dass das Hinzufügen bzw. Weglassen von wesentlichen Sachverhaltsbestandteilen zu einem völlig anderen rechtlichen Ergebnis führen kann. Dieses Medium dient dazu, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung zu verschaffen, kann und soll keinesfalls die Beratung bei einem Kollegen vor Ort ersetzen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Grundsätzlich sind zunächst die Rangverhältnisse in den Unterhaltsansprüche zu berücksichtigen. Da ich davon ausgehe, dass Ihr 22jähriger Sohn zwischenzeitlich die allgemeine Schulausbildung abgeschlossen hat, ist zunächst vorrangig Ihr noch minderjähriger Sohn bis zum Abschluss seiner allgemeinen Schulausbildung auch über die Volljährigkeit hinaus an 1. Stelle im Unterhaltsrang. Danach folgt die Ehefrau und erst hiernach der volljährige Sohn.
Für alle 3 Unterhaltsberechtigten gelten auch unterschiedlich hohe Selbstbehaltsätze für Sie. Für das minderjährige Kind ein solcher in Höhe von 900 €, für die Ehefrau ein solcher in Höhe von 1.000 € und für den volljährigen Sohn letztendlich 1.100 €.
Zunächst ist Ihr unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zu ermitteln. Ohne in die notwendigen Unterlagen Einsicht genommen zu haben, gehe ich von den von Ihnen gemachten Angaben aus, weise allerdings darauf hin, dass alleine die Einkommensermittlung durchaus komplex und kompliziert sein kann.
Bei einem durchschnittlichen Nettoeinkommen in Höhe von 3.300 € wird zunächst Ihre Krankenversicherung in Höhe von 300 € in Abzug gebracht, von dem verbleibenden Betrag in Höhe von 3.000 € werden die berufsbedingten Auwendungen ermittelt. Hier gehe ich von der 5 % Pauschale aus, die tatsächlichen berufsbedingten Aufwendungen können allerdings auch höher sein, müssen dann aber nachgewiesen werden. Hier wird zunächst der pauschale Abzug von 5 %, mihtin 150,00 € vorgenommen, so dass ein Einkommen in Höhe von 2.850 € verbleibt, welches dann wiederum um die ehebedingte Kreditverbindlichkeit für das Haus von 500 € bereinigt wird, so dass sich für Sie ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in HÖhe von 2.350,00 € ermittelt.
Hiervon wird zunächst der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Sohnes berechnet. Der Unterhaltsbedarf beträgt für diesen Sohn 562,00 €, wovon das hälftige Kindergeld mit 92,00 € in Abzug gebracht wird, so dass sich ein Zahlbetrag in Höhe von 470,00 € ergibt.
Im zweiten Schritt wird ein etwaiger Unterhaltsanspruch Ihrer Ehefrau ermittelt.
Von Ihrem oben errechneten Einkommen in Höhe von 2.350,00 € wird dann zunächst der Zahlbetrag für den Kindesunterhalt in Abzug gebracht, so dass ein Betrag in Höhe von 1.880,00 € verbleibt. Von diesem Einkommen wird Ihnen sodann noch 1/10 Erwerbstätigenbonus, mithin 188,00 € abgezogen, so dass ein für den Trennungs-/Ehegattenunterhalt heranzuziehendes Einkommen in Höhe von 1.692,00 € verbleibt.
Ihre Ehefrau erzielt ein Einkommen in Höhe von 1.900 € netto. Dieses wird ebenso um 5 %, mithin 95,00 € bereinigt, die Hälfte Kreditverbindlichkeit mit 500 € wird in Abzug gebracht, so dass 1.305,00 € verbleiben. Hiervon wird ebenfalls der Erwerbstätigenbonus in Höhe von 130,00 € (gerundet) in Abzug gebracht, so dass ein Einkommen in Höhe von 1.175,00 € verbleibt.
Die Rechtsprechung geht davon aus, dass während der Trennungszeit ein angemessener Wohnvorteil dem Einkommen Ihrer Ehefrau zuzuschlagen ist. Sie selbst geben an, dass der Nachbar 1.300 € Kaltmiete bezahlt. Dieser Wert wäre dann auf jeden Fall ab der Scheidung als Wohnvorteil anzusetzen. Während der Trennungszeit würde ich unter Berücksichtigung Ihres Wohnortes eine Miete als Wohnvorteil in Höhe von 1.000 € in Ansatz bringen.
Dementsprechend hätte Ihre Ehefrau ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in Höhe von 2.175,00 €, während Ihr unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen lediglich 1.692,00 € betragen würde, so dass sich keinesfalls ein Unterhaltanspruch für Ihre Ehefrau ergibt.
Vielmehr ergäbe sich unter Berücksichtigung dieser Zahlen zunächst ein Unterhaltsanspruch Ihrerseits gegenüber Ihrer Ehefrau.
Wenn man mit dem Wohnvorteil im Rahmen der Unterhaltsberechnung rechnet, so kann man dann andererseits allerdings keine Nutzungsentschädigung mehr verlangen.
Aufgrund der oben ermittelten Zahlen, hätten Sie gegenüber Ihrer Ehefrau einen Unterhaltsanspruch in Höhe von rund 241,00 € (Einkommensdifferenz : 2).
Hiernach müsste der Unterhaltsanspruch des volljährigen Sohnes ermittelt werden. Für diesen Unterhalt haften beide Elternteile unabhängig davon, ob das Kind noch im Haushalt eines Elternteiles wohnt. Hier ist das für den volljährigen Sohn maßgebliche unterhaltsrechtlich relevante Einkommen für beide Eltern zu ermitteln.
Bei Ihnen ist dies der Betrag in Höhe von 1.880 € zzgl. Ehegattenunterhalt in Höhe von 241,00 €, mithin ein Betrag in Höhe von 2.121,00 €.
Bei Ihrer Ehefrau muss zunächst von dem bereinigten Einkommen in Höhe von 1.305,00 € zzgl. Wohnvorteil in Höhe von 1.000 €, mithin 2.305,00 € ausgegangen werden. Hiervon wird Ihr Ehegattenunterhaltsanspruch in Höhe ovn 241,00 € in Abzug gebracht, so dass ein Betrag in Höhe von 2064,00 € verbleibt. Auch bei Ihrer Ehefrau ist der Betreuungsunterhalt für das minderjährige Kind entsprechend ihrem Einkommen in einen vorrangigen Unterhaltsbetrag umzurechnen, damit hier keine ungerechte Verteilung entsteht. Für das minderjährige Kind hätte die Ehefrau
aufgrund des eigenen Einkommens einen Betrag in Höhe von 377 € zu bezahlen, so dass ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in Höhe von 1.687,00 € für den Volljährigenunterhalt ermittelt werden kann.
Das gemeinsame Einkommen der Eltern beträgt danach 3.808,00 € und der Unterhaltsbedarf des Volljährigen damit 703,00, wovon zunächst das gesamte Kindergeld bedarfsdeckend in Abzug gebracht werden muss, so dass ein Unterhaltsbedarf in Höhe von 519,00 € verbleibt.
Hierfür haften die Eltern entsprechend dem jeweiligen Einkommen.
Ihr Haftungsanteil für den Volljährigenunterhalt berechnet sich danach wie folgt:
(2.121,00 € - 1.100) x 519 € : (3.808,00 € - 2.200) = 329,00 € gerundet.
Dementsprechend ergibt sich für Sie folgende Zahlungsverpflichtung. Für den minderjährigen Sohn bezahlen Sie 470,00 €, für den volljährigen Sohn 329,00 €. Im Gegenzug erhalten Sie von Ihrer Ehefrau einen Unterhalt in Höhe von 241,00 €.
Dies alles ändert sich bereits in dem Moment, in dem Ihr derzeit noch minderjährige Sohn, volljährig wird. Denn ab diesem Zeitpunkt haftet Ihrer Ehefrau auch für diesen Unterhaltsanspruch entsprechend ihrem Einkommen.
Ein Unterhaltanspruch Ihrer Ehefrau aufgrund der gemachten Angaben zum Einkommen der Parteien in Höhe von 1.000 € besteht keinesfalls.
Ihr Nutzungsentschädigungsanspruch hat im Rahmen der Unterhaltsberechnung Berücksichtigung gefunden, da sich ein Unterhaltsanspruch Ihrerseits unter Berücksichtigung des Wohnvorteils ergibt.
Sicherlich stellt dies hier nur eine überschlägige Berechnung anhand einer Auswahl an Zahlen die maßgeblich sind für eine Unterhaltsberechnung dar. Eine Verschiebung der diesseits berechneten Unterhaltsansprüche kann sich schon alleine aufgrund einer anderweitigen Bemessung des Wohnvorteils Ihrer Ehefrau ergeben.
Zum Zugewinn kann ich ohne Einsicht in die Unterlagen keinerlei verlässliche Angaben machen.
Aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung rate ich Ihnen allerdings dringend an, auch unter Berücksichtigung der derzeit von Ihnen geleisteten Zahlungen, sich unverzüglich in die Vertretung eines Fachanwaltes für Familienrecht zu begeben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste rechtliche Orientierung verschaffen, sollte etwas unklar geblieben sein, nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Rösemeier
- Rechtsanwalt-
Antwort
vonRechtsanwalt Tobias Rösemeier
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Fachanwalt für Familienrecht
Sehr geehrter Herr RA Rösemeier,
vielen, vielen Dank für diese unglaublich ausführliche Antwort. Sie haben vollkommen REcht, wenn Sie sagen, es sei nicht einfach und müsse "vor Ort" genauer geprüft werden.
Sie erlaubten mir netterweise eine Nachfrage. Wenn ich diese stellen darf:
sie schrieben:
"Wenn man mit dem Wohnvorteil im Rahmen der Unterhaltsberechnung rechnet, so kann man dann andererseits allerdings keine Nutzungsentschädigung mehr verlangen".
Nachfrage:
Kann man der Wohnvorteil und die Nutzungsentschäsdigung jeweils für die eigene Haushälfte in Ansatz bringen? Sprich, verbleibender (rest-)Wohnvorteil für die Hälfte meiner Frau, Nutzungsgebühr für meine Hälfte und kann ich den vor der Scheidung einklagen?
Ich frage dieses, da keine Unterhaltsanspruch meiner Frau besteht, der Abstand dazu so groß ist, dass ich auch bei Erhalt einer Nutzungsentschädigung vermutlich keinen Unterhalt zahlen müsste.
Nochmas tausend Dank, ich werde Ihre Ausführungen sehr genau studieren.
Alles Gute Ihnen!!!
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt.
Der Wohnvorteil wird im Rahmen der Unterhaltsberechnung für das gesamte Objekt herangezogen. Hier wird entsprechend den Süddeutschen Leitlinien der objektive Mietwert als Vergleichswert herangezogen. Während der Trennungszeit wird allerdings regelmäßig ein geringerer Wert angesetzt.
Soweit für die Vergangenheit kein Trennungsunterhalt Ihnen gegenüber geltend gemacht wurde, können Sie ab der Geltendmachugn der Nutzungsentschädigung gegenüber Ihrer Ehefrau, eine solche auch durchsetzen. Die Nutzungsentschädigung errechnet sich anhand des örtlichen Mietpreises und dann für Ihren Miteigentumsanteil in Höhe von 50 %.
Während also der Wohnvorteil im Unterhaltsrecht das gesamte Objekt umfasst, wird die Nutzungsentschädigung anhand des Miteigentumsanteils berechnet.
Die Nutzungsentschädigung kann durchaus vor der Scheidung gerichtlich beim Familiengericht geltend gemacht werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weierhelfen und wünsche Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Rösemeier
- Rechtsanwalt -