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Arbeitsrecht und Führungsposition

| 10. Mai 2013 21:24 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Notar und Rechtsanwalt Oliver Wöhler

Zusammenfassung

Bei Arbeitnehmern deren Arbeitsverhältnis vor dem 1.1.2004 begonnen hat, gilt für die Anwendung des KSchG die Grenze von 5 oder weniger Beschäftigten. Sinkt die Zahl der "Altarbeitnehmer" auf 5 oder weniger, verlieren diese Arbeitnehmer den Kündigungsschutz.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin seit ca. 13 Jahren bei einem gemeinnützigen Verein (non-profit-Organisation) in der Gesundheitsbranche angestellt und zwar mit einem Vertrag über 20 Stunden wöchentlich. Z. Zt. arbeiten dort insges. 9 Mitarbeiter und 1 Geschäftsführer. Es gibt zudem noch eine Stiftung, die die gleichen Räumlichkeiten nutzt und eine 100%ige Tochter des Vereins ist (1 Geschäftsführer).

In meinem Arbeitsvertrag (3 Seiten) heisst es u. a.: .…der AG darf dem AN andere Arbeiten zuweisen, die seinen Vorkenntnissen und Berufsausbildung entsprechen….
Seit 2006 habe ich meine Arbeitszeit von 20 auf 25 Wochenstunden erhöht, mit entsprechender Gehaltsanpassung, arbeite aber deutlich mehr, zumeist von Di bis Fr ganztägig. Mein Gehalt ist für die Branche überdurchschnittlich, daher ist das für mich so in Ordnung. Eine ergänzende Vereinbarung zur Erhöhung der Arbeitszeit erfolgte diesbezüglich.

Seit 2011 bin ich in einer Abteilungsleiter-Position. Der Arbeitsvertrag wurde nicht geändert, ist also immer noch der gleiche wie vor 13 Jahren, ich führe Personal- u. Vorstellungsgespräche, bin in wichtige Konferenzen, Entscheidungen etc eingebunden. Im Internetauftritt des Vereins werde ich hierarchisch direkt nach der GF und dort auch im Wortlaut als "Abteilungsleiter" (zusammen mit einem zweiten Abteilungsleiter-Kollegen) genannt, ebenso im mail-disclaimer. Eine „Rotation" der Leiter gibt es bei uns nicht.
Seit einiger Zeit gibt es Unruhe, da ein neuer Kollege (RA) in dem Verein als "Nebentätigkeit" eine Geschäftsführertätigkeit der Stiftung (= 1 Tag pro Woche) wahrnimmt und ich von unserem GF (mündlich) angesprochen wurde, ob ich auch andere Aufgaben ohne Leitungsfunktion übernehmen könnte. Ich habe mich dazu noch nicht geäußert. Dazu ist zu sagen, dass so etwas bei uns immer nur mündlich kommuniziert wird. Meine Vermutung ist, dass der RA-„Kollege" die GF beeinflusst und ich sozusagen bei späteren Umstrukturierungen im Wege stehen könnte.

Ich müsste in diesem Fall eine Hierarchieebene nach unten gehen; evtl. würde ich das auch nur machen, um einfach meine Ruhe zu haben. Andererseits würde ich in diesem Fall natürlich ggf. einen „Neuen" vor die Nase gesetzt bekommen. Daher möchte ich wissen, falls demnächst entsprechende Gespräche geführt würden, wie hier die Rechtslage aussieht:

1. Kann ich bei „Unliebsamkeit" oder "Widerspenstigkeit" gekündigt werden und wie einfach ist das für den Arbeitgeber? Welche Kündigungsgründe greifen? (soweit mir bekannt, greift das Kündigungsschutzgesetz wegen der Personalstärke hier nicht.)
2. Könnte ich eine solche Kündigung vor Gericht erfolgreich angreifen?
3. Kann man mir einfach den "Abteilungsleiter" so wegnehmen? Habe ich auch zukünftig einen Anspruch auf eine Leitungsposition?
4. Was ist wenn ich mich weigere? Könnte man mich dazu zwingen, die Leitung abzugeben, z. B. durch eine Änderungskündigung?

Bitte in Anbetracht des Einsatzes die Paragraphen zitieren. MfG

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:

1. Wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht eingreift, dann benötigt der AG keinen Kündigungsgrund und kann Sie unter Einhaltung der vertraglichen bzw. gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung unterliegt dann nur einer sehr eingeschränkten Missbrauchskontrolle. Sie sind ca. 13 Jahre beschäftigt und damit hat Ihr Arbeitsverhältnis vordem 1.1.2004 begonnen. Nach § 23 I KSchG ist dann die für die Anwendung maßgebliche Arbeitnehmerzahl 5 oder weniger. Sind mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt greift das KSchG. Allerdings meint das Gesetz Vollzeitstellen, soweit Mitarbeiter Teilzeit arbeiten zählen Sie nach § 23 I S. 4 KSchG mit 0,5 oder 0,75. Man müsste also konkret berechnen, ob bei Ihnen das KSchG Anwendung findet oder nicht. Beachten Sie dabei, dass es darauf ankommt, ob noch mehr als 5 "Altbeschäftigte" vorhanden sind, also AN wie Sie, die schon vor dem 1.1.2004 beschäftigt waren.
Wenn Sie Kündigungsschutz haben, dann braucht der AG einen verhaltensbedingten, betriebsbedingten oder personenbedingten Grund, wobei "Unliebsamkeit" kein Grund wäre. Da Sie weder dauerkrank sind, noch Fehlverhalten im Raum steht bliebe nur die betriebsbedingte Kündigung. Diese wäre aber nur möglich, wenn Ihr Arbeitsplatz ersatzlos weggefallen ist und es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit gibt. Hierfür sehe ich keinen Anlass, es reicht nicht aus, wenn jemand anderes Ihre Arbeit machen soll.

Wenn Sie Kündigungsschutz haben, können Sie das Ganze sehr gelassen sehen.

2. Das kommt auf die Anwendung des KSchG an. Wenn es nicht greift, stehen die Aussichten einer Klage eher schlecht, weil die Kündigung nur auf Treuwidrigkeit geprüft wird und eine Willkürkontrolle stattfindet. Völlig ohne Grund oder weil Sie Ihre Rechte geltend machen, darf man Sie also auch ohne KSchG nicht kündigen, es kommt hier auf alle Umstände des Einzelfalles an.

3. Es ist zunächst Ihr Vertrag maßgeblich. Da Sie aber nachweislich zuletzt als Abteilungsleiter tätig waren, hat sich das Arbeitsverhältnis sehr wahrscheinlich auf diese Position konkretisiert. Einseitig kann der AG Ihnen diese Position nicht entziehen, allerdings wäre ein Einsatz im Rahmen der Versetzungsklausel aus dem Arbeitsvertrag möglich. Eine Versetzung würde dann ausscheiden, wenn im Arbeitsvertrag konkret aufgeführt wäre, dass Sie als Abteilungsleiter einer bestimmten Abteilung eingestellt sind. Sie haben aber Anspruch auf Einsatz in Leitungsebene. Ihre einmal erworbene Position kann der AG nicht einseitig wegnehmen, hier müsste eine Änderungskündigung erfolgen.

4. Wie oben gesagt, kann man Sie zwar im Rahmen der Klausel umsetzen aber nur auf der gleichen Ebene. Das Direktionsrecht des AG folgt aus § 106 GewO und gibt das Recht, Ort, Zeit und Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Billiges Ermessen nach § 315 BGB ist gerichtlich überprüfbar. Man könnte Ihnen nur einen vergleichbaren Arbeitsplatz zuweisen, einen Abstieg in der Hierarchie nach unten müssten Sie nicht hinnehmen.
Gibt es keine Einigung bliebe dem AG nur die Änderungskündigung.




Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 12. Mai 2013 | 22:58

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Wöhler,

vielen Dank zu Ihren Infos zum Kündigungsschutz. Sie schreiben unter Pkt. 4 zur Änderungskündigung:

... Man könnte Ihnen nur einen vergleichbaren Arbeitsplatz zuweisen, einen Abstieg in der Hierarchie nach unten müssten Sie nicht hinnehmen. Gibt es keine Einigung bliebe dem AG nur die Änderungskündigung...

Zum Verständnis: Gesetzt den Fall, es läge hier kein Kündigungsschutz vor. Angenommen, ich müsste eine solche Änderungskündigung (mit geänderten Vertragsbedingungen, etwa keine Leitungsposition, schlechteres Gehalt etc.) entgegennehmen, jedoch nur „Annahme unter Vorbehalt", und erhebe Klage.

Überprüft das Gericht dann auch nur „Treuwidrigkeit und Willkür"?
Würde mein Arbeitsverhältnis bei Abweisung der Klage dann „nur" zu den geänderten, aber schlechteren Bedingungen fortgesetzt werden können oder wäre ich in diesem Falle tatsächlich meinen Job „los"?

Vorab schon mal ganz herzlichen Dank für Ihre Antwort.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 12. Mai 2013 | 23:57

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne komme ich auf die Nachfrage zurück.

Es wäre möglich die Änderung unter Vorbehalt anzunehmen und dann Klage zu erheben um die Änderung für unwirksam erklären zu lassen. Das Gericht würde dann aber nur prüfen, ob eine Änderungskündigung rechtsmißbräuchlich ist. Nehmen Sie unter Vorbehalt die Änderungen an, würden Sie nicht Gefahr laufen den Job zu verlieren, weil nur die Änderung streitgegenständlich wäre. Nur wenn Sie die Änderungskündigung komplett ablehnen, also das Änderungsangebot zurückweisen, wäre das Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Streit. Falls es soweit kommt, wäre es ratsam das Angebot unter Vorbehalt anzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht

Bewertung des Fragestellers 28. Mai 2013 | 21:11

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