Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:
1. Wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht eingreift, dann benötigt der AG keinen Kündigungsgrund und kann Sie unter Einhaltung der vertraglichen bzw. gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung unterliegt dann nur einer sehr eingeschränkten Missbrauchskontrolle. Sie sind ca. 13 Jahre beschäftigt und damit hat Ihr Arbeitsverhältnis vordem 1.1.2004 begonnen. Nach § 23 I KSchG
ist dann die für die Anwendung maßgebliche Arbeitnehmerzahl 5 oder weniger. Sind mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt greift das KSchG. Allerdings meint das Gesetz Vollzeitstellen, soweit Mitarbeiter Teilzeit arbeiten zählen Sie nach § 23 I S. 4 KSchG
mit 0,5 oder 0,75. Man müsste also konkret berechnen, ob bei Ihnen das KSchG Anwendung findet oder nicht. Beachten Sie dabei, dass es darauf ankommt, ob noch mehr als 5 "Altbeschäftigte" vorhanden sind, also AN wie Sie, die schon vor dem 1.1.2004 beschäftigt waren.
Wenn Sie Kündigungsschutz haben, dann braucht der AG einen verhaltensbedingten, betriebsbedingten oder personenbedingten Grund, wobei "Unliebsamkeit" kein Grund wäre. Da Sie weder dauerkrank sind, noch Fehlverhalten im Raum steht bliebe nur die betriebsbedingte Kündigung. Diese wäre aber nur möglich, wenn Ihr Arbeitsplatz ersatzlos weggefallen ist und es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit gibt. Hierfür sehe ich keinen Anlass, es reicht nicht aus, wenn jemand anderes Ihre Arbeit machen soll.
Wenn Sie Kündigungsschutz haben, können Sie das Ganze sehr gelassen sehen.
2. Das kommt auf die Anwendung des KSchG an. Wenn es nicht greift, stehen die Aussichten einer Klage eher schlecht, weil die Kündigung nur auf Treuwidrigkeit geprüft wird und eine Willkürkontrolle stattfindet. Völlig ohne Grund oder weil Sie Ihre Rechte geltend machen, darf man Sie also auch ohne KSchG nicht kündigen, es kommt hier auf alle Umstände des Einzelfalles an.
3. Es ist zunächst Ihr Vertrag maßgeblich. Da Sie aber nachweislich zuletzt als Abteilungsleiter tätig waren, hat sich das Arbeitsverhältnis sehr wahrscheinlich auf diese Position konkretisiert. Einseitig kann der AG Ihnen diese Position nicht entziehen, allerdings wäre ein Einsatz im Rahmen der Versetzungsklausel aus dem Arbeitsvertrag möglich. Eine Versetzung würde dann ausscheiden, wenn im Arbeitsvertrag konkret aufgeführt wäre, dass Sie als Abteilungsleiter einer bestimmten Abteilung eingestellt sind. Sie haben aber Anspruch auf Einsatz in Leitungsebene. Ihre einmal erworbene Position kann der AG nicht einseitig wegnehmen, hier müsste eine Änderungskündigung erfolgen.
4. Wie oben gesagt, kann man Sie zwar im Rahmen der Klausel umsetzen aber nur auf der gleichen Ebene. Das Direktionsrecht des AG folgt aus § 106 GewO
und gibt das Recht, Ort, Zeit und Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Billiges Ermessen nach § 315 BGB
ist gerichtlich überprüfbar. Man könnte Ihnen nur einen vergleichbaren Arbeitsplatz zuweisen, einen Abstieg in der Hierarchie nach unten müssten Sie nicht hinnehmen.
Gibt es keine Einigung bliebe dem AG nur die Änderungskündigung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Wöhler,
vielen Dank zu Ihren Infos zum Kündigungsschutz. Sie schreiben unter Pkt. 4 zur Änderungskündigung:
... Man könnte Ihnen nur einen vergleichbaren Arbeitsplatz zuweisen, einen Abstieg in der Hierarchie nach unten müssten Sie nicht hinnehmen. Gibt es keine Einigung bliebe dem AG nur die Änderungskündigung...
Zum Verständnis: Gesetzt den Fall, es läge hier kein Kündigungsschutz vor. Angenommen, ich müsste eine solche Änderungskündigung (mit geänderten Vertragsbedingungen, etwa keine Leitungsposition, schlechteres Gehalt etc.) entgegennehmen, jedoch nur „Annahme unter Vorbehalt", und erhebe Klage.
Überprüft das Gericht dann auch nur „Treuwidrigkeit und Willkür"?
Würde mein Arbeitsverhältnis bei Abweisung der Klage dann „nur" zu den geänderten, aber schlechteren Bedingungen fortgesetzt werden können oder wäre ich in diesem Falle tatsächlich meinen Job „los"?
Vorab schon mal ganz herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne komme ich auf die Nachfrage zurück.
Es wäre möglich die Änderung unter Vorbehalt anzunehmen und dann Klage zu erheben um die Änderung für unwirksam erklären zu lassen. Das Gericht würde dann aber nur prüfen, ob eine Änderungskündigung rechtsmißbräuchlich ist. Nehmen Sie unter Vorbehalt die Änderungen an, würden Sie nicht Gefahr laufen den Job zu verlieren, weil nur die Änderung streitgegenständlich wäre. Nur wenn Sie die Änderungskündigung komplett ablehnen, also das Änderungsangebot zurückweisen, wäre das Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Streit. Falls es soweit kommt, wäre es ratsam das Angebot unter Vorbehalt anzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht