Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworten möchte:
1.
Abschichtungsvereinbarungen als Möglichkeit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft unterliegen (wie Sie selbst ausgeführt haben) grundsätzlich keinem Formzwang, das heißt, sie sind auch ohne notarielle Beurkundung gültig.
Im Einzelnen:
Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann zunächst durch Erbteilsübertragung nach § 2033 I BGB
erfolgen, die - unanhängig davon, ob der Nachlass Grundeigentum umfasst - der notariellen Beurkundung bedarf (§ 2033 I 2 BGB
).
Die Nachlassteilung kann weiter durch einen schuldrechtlichen Auseinandersetzungsvertrag nach § 2042 BGB
erfolgen, der nur dann beurkundungspflichtig ist, wenn eine Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstücks (§ 311b BGB
) oder von GmbH-Anteilen (§ 15 IV GmbHG
) enthalten ist.
Nach herrschender Meinung (BGH, NJW 1998, 1557
; Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Aufl., 2005, § 2042 Rdnr. 18) gibt es daneben noch eine dritte Möglichkeit der Miterbenauseinandersetzung in Form der so genannten Abschichtung.
Die diesbezügliche Formfreiheit gilt selbst dann, wenn ein Grundstück zum Nachlass gehört. Nur wenn als Abfindung ein Grundstück übertragen werden soll, ist dafür die Beurkundungspflicht des § 311b I BGB
zu beachten (BGH, NJW 1998, 1557
).
Zwar besteht nach § 2042 BGB
(Auseinandersetzung) ein Anspruch auf Auseinandersetzung gegenüber den anderen Miterben,
jeder Miterbe also jederzeit die Auseinandersetzung verlangen kann (notfalls klageweise).
Bei einer wie hier vorliegenden teilweisen Auseinandersetzung ist aber folgendes zu beachten:
Eine teilweise Auseinandersetzung des Nachlasses ist grundsätzlich nur im Einverständnis aller Miterben möglich.
Die Miterben können vereinbaren, dass die Miterbengemeinschaft nur hinsichtlich einzelner Gegenstände aufgehoben wird (gegenständliche Teilauseinandersetzung) oder dass nur einzelne Miterben aus der Miterbengemeinschaft ausscheiden (persönliche Teilauseinandersetzung); im letzteren Fall kann der einzelne Miterbe seinen Anteil auf die anderen Miterben übertragen oder eben wie hier im Wege der Abschichtung formlos aus der Erbengemeinschaft ausscheiden (BGH NJW 1998, 1557
).
Ein Anspruch darauf haben Sie also nicht.
2.
Der Notar übt eine hoheitliche (öffentlich-rechtliche) Tätigkeit aus, und kann daher nicht - wie im Privatrechtsverkehr - frei darüber entscheiden, ob er ein ihm angetragenes Geschäft übernehmen will oder nicht.
Nach § 15 [Amtsverweigerung] Bundesnotarordnung gilt folgendes:
Der Notar darf seine Urkundstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund verweigern. Es besteht demnach grundsätzlich eine so genannte Urkundsgewährungspflicht.
Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass bei der Abschichtung gerade eine Beurkundung grundsätzlich auch nicht notwendig ist, nach meiner vorläufigen ersten (ggf. noch prüfungswürdigen) Einschätzung dann eine Urkundsgewährungspflicht auch nicht bestehen kann.
Über Beschwerden wegen Verweigerung der Urkunds- oder sonstigen Tätigkeiten des Notars entscheidet eine Zivilkammer des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat.
Ich würde den Notar nochmals auf diese Angelegenheit ansprechen.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen und Ihnen eine erste Einschätzungsmöglichkeit in diesem Fall gegeben zu haben.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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