Sehr geehrte Ratsuchende,
besten Dank für die Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes gerne wie folgt beantworten möchte.
1) über einen Berufsabschluss verfügen, jedoch auf Grund einer mehr als vier Jahre ausgeübten Beschäftigung in an-oder ungelernter Tätigkeit eine entsprechende Beschäftigung voraussichtlich nicht mehr ausüben können...
Da Sie im wesentlichen selber wissen, wie die Sache abläuft, möchte ich Ihnen kurz eine Darstellung zu teil werden lassen, damit Sie wissen wie "der Gegner tickt".
Sie haben es mit der Bundesagentur für Arbeit zu tun und die Bundesagenten haben entsprechende Dienstanweisungen. Deren Verhalten ist selten korrekt, weshalb die BA zu den am meist verklagten Behörden gehört.
Die akzeptieren erst wenn sie, meist nach mehreren Instanzen, durch Urteil dazu verpflichtet wurden, entsprechende Leistungen zu erbingen.
In Ihrem konkreten Fall bedeutet dies, dass ich einerseits aufgrund der von Ihnen vorgetragenen Gründe gute Chancen sehe, zumindest das Gerichtsverfahren zu gewinnen, da zwar kein Rechtsanspruch auf einen Bildungsgutschein besteht, es sich hierbei aber um eine Ermessensleistung handelt.
§ 77 bestimmt, daß Arbeitnehmer gefördert werden „können". Damit wird sprachlich konsequent umgesetzt, daß die FbW-Leistungen im Ermessen der AÄ stehen. Bereits in § 2 Abs 5 sind die Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung – mit wenigen Ausnahmen – als Ermessensleistungen bezeichnet. Auch in den damit zusammenhängenden Folgevorschriften hat der Gesetzgeber es penibel vermieden, durch auslegungsfähige Formulierungen auch nur den Anschein zu erwecken, als ob es sich doch um eine Anspruchsleistung handeln könnte(Gagel, Kommentar zum SGB III, § 77 Rn.84).
Das Gesetz enthält keine detaillierten Vorgaben für die Ausübung des Ermessens. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, den Gestaltungsfreiraum der AÄ nicht durch „vermeidbare" Rechtsvorschriften einzuengen und dadurch die Effektivität und Effizienz der AÄ zu erhöhen (s BT-Drs 13/4941 S 141
).
Damit ist der AA Tür und Tor geöffnet, Leistungsanfragen abzulehnen.
Bach meiner Einschätzung der hier von Ihnen vorgetragenen Argumenten, liegt ein Ermessensfehlgebrauch der AA vor.
Andererseits muss ich Ihnen auch mitteilen, dass selbst ein sozialgerichtliches Eilverfahren, welches Sie parallel zum Widerspruchsverfahren einleiten können, dieses bei der derzeitigen Arbeitsbelastung der Sozialgerichte, da es sich nicht um Leistungen zum Lebensunterhalt handelt, wenigstens 6-8 Wochen ins Land gehen, Ihr Lebensgefährte den Kurs, welcher in 2 Wochen beginnt, nicht wird besuchen können.
Ein direktes Gespräch mit dem Sachbearbeiter wird keinen Erfolg haben, so zumindest meine Erfahrung, wohl vielleicht mit dem Team- oder Abteilungsleiter, wenn man Sie vor lässt.
Die Arbeitsverwaltung ist sehr restriktiv und jeder Bildungsgutschein kostet Geld, so dass die AA meist erst einmal ablehnt und die Quote der Personen in die Klage gehen eher gering ist.
Das Verhalten der AA ist daher methodisch auf Abwehr getrimmt, um Haushaltsmittel zu sparen.
Man könnte aber auch sagen, dass sich Ihr Lebensgefährte mit seinem Maschinenbaudiplom ggf. zunächst über ein Praktikum in diesen Bereich wieder einarbeiten könnte. Die AA fördert durchaus Praktika, die geeignet sind, den Wiedereinstieg zu erleichter.
Dies wäre eine Argumentation, die die AA von sich aus in das Verfahren einführen würde, da eine solche Maßnahme günstiger ist als ein Bildungsgutschein.
Letztlich ist es Ihre Entscheidung, ob Sie die Zeit und Kraft aufwenden wollen, gegen die AA vorzugehen.
Ich würde den Versuch wagen, da das Verfahren, außer etwaiger Anwaltshonorare, kostenfrei ist.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben haben zu können.
Bitte bedenken Sie, dass meine Einschätzung ausschließlich auf Ihren Angaben beruht.
Sehr geehrter Herr REchtsanwalt,
vielen Dank noch mal für den abschließenden Hinweis. Ja, die Anzeigen von anderen Jobportalen wollten wir im unseren Widerspruch ebenfalls aufführen. Darüber hinaus habe ich bei der Ausbildungsstätte nach einer Vermittlungsstatistik gefragt: wie viele Arbeitssuchende konnten nach dem Abschluss dieser Weiterbildung eine entsprechende Beschäftigung finden.
Ich habe allerdings noch eine weitere Nachfrage. Ich hoffe das geht als Nachfrage durch, weil ich diese Frage auch beim ersten Mal gestellt habe. Vielleicht wissen Sie es zufällig.
Vom wem wird der Widerspruch beim AA bearbeitet? Gibt es dafür einen Extra-Gremium bzw. Ausschuss? Wäre ja wenig sinnvoll, wenn der Widerspruch wieder beim gleichen Berater landen würde.
Vielen Dank schon mal im Voraus.
Bei der BA gibt es eine separate Widerspruchstelle, Sie landen also nicht beim gleichen Berater.
Über Statistik ist mir leider nichts bekannt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Grübnau-Rieken LL.M., M.A.
Rechtsanwalt
Sehr geehrte Ratsuchende,
ergänzend fällt mir ein, dass sich die BA, wie Sie mitteilten, auf ihre eigenen Stellen in der Datenbank beruft und deshalb keinen spezifischen Bedarf erkennen kann.
Sie sollten hier mit weiteren Jobportalen wie Stepstone und Monster argumentieren und hier freie Stellen suchen.
Mit besten Grüßen
Michael Grübnau-Rieken LL.M., M.A.
Rechtsanwalt