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private Zahnarztleistung bei Kassenpatient mangelhaft - rechtliche Möglichkeiten?

| 14. Januar 2015 18:01 |
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Medizinrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt André Meyer

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe folgendes Problem:
Da bei mir eine Kiefergelenkserkrankung diagnostiziert wurde, brauche ich alle paar Jahre eine Aufbissschiene. Zu diesem Zweck habe ich einen vom Kieferorthopäden empfohlenen Spezialisten (Zahnarzt) aufgesucht, der mir diese anfertigen sollte. Vorab wusste ich, dass es sich um eine privat zu zahlende Leistung handelt und die Krankenkasse aus diesem Grund außen vor bleibt – eine spätere Kostenerstattung bzw. Teilkostenerstattung jedoch nicht ausgeschlossen, da nach der ‚Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung‘ das Anfertigen und Eingliedern eines Aufbissbehelfs (z. B. Michigan-Schiene) angeführt ist.
Bei einem ersten Kontakt mit der Praxis wurde mir eine Summe von 700 € für die Schiene genannt. Vor Beginn der Behandlung (an dem Tag, an dem ich für die Abdrücke in die Praxis kam, 16.10.2014) wurde mir ein Heil- und Kostenplan vorgelegt, in dem stand, dass die Behandlungskosten, die sich lt. diesem Heil- und Kostenplan auf 450,50 € belaufen, die Behandlung nach Kassenkriterien überschreiten und privat zu zahlen sind. Diesen Heil- und Kostenplan habe ich am 16.10.2014 unterschrieben.
Während der Behandlung am selben Tag, als bereits diverse Abdrücke etc. genommen worden sind, wurde mir dann vom Arzt mitgeteilt, dass die Kosten bis zu 1.900 € betragen können. Einen entsprechenden Heil- und Kostenplan, der sich tatsächlich auf 1903,35 € beläuft, habe ich allerdings nie unterschrieben; er wurde mir, auf den 31.10.2014 datiert, mit der Post zugestellt. Hier habe ich beide Versionen, Kopie und Original (nicht unterschrieben) vorliegen.
Da die Behandlung zu diesem Zeitpunkt schon nicht erfolgsversprechend war (bei jedem Eingliederungstermin der Schiene - 28.10 und 30.10.2014 - diverse Abdrücke genommen wurden), habe ich am 05.11.2014 schriftlich den Behandlungsvertrag gekündigt und darauf am 17.11.2014 die Bestätigung erhalten, mit dem Vermerk, dass dies preislich keinen Unterschied macht. Am 27.11.2014 habe ich eine Rechnung datiert auf den 20.11.2014 in Höhe von 1513,23 € erhalten.
Ich ging auf das Angebot ein, einen neuen (letzten) Termin für das Einsetzen der Schiene zu vereinbaren und die Schiene wurde am 09.12.2014 eingesetzt, passt jedoch nicht. Weitere Maßnahmen wurden angeboten, allerdings werden diese jeweils erneut abgerechnet werden, da Nachbesserungen gesondert zu bezahlen sind. Für den letzten Termin wurde mir am 15.12.2014 eine Rechnung über 198,68 € ausgestellt.

Ich habe mich von der Patientenberatung beraten lassen, ob ich ein Recht habe, da die Schiene nicht passt und bereits Möglichkeiten zur Nachbesserung gegeben wurden, die Bezahlung zu verweigern. Dort wurde mir jedoch mitgeteilt, dass ich keine Garantie auf Erfolg habe und dass eine Verweigerung der Zahlung aussichtslos wäre, da der Zahnarzt Mahnungen schicken und danach voraussichtlich rechtliche Schritte einleiten wird.
Einziger Ansatzpunkt, nach Meinung der Patientenberatung, wäre die Tatsache, dass ich den zweiten Heil- und Kostenplan über 1903,35 € nicht unterschrieben habe. Da dies nicht erfolgt ist, müsste ich auch nicht zahlen. Als Rechtsgrundlage wurde mir ein Urteil des Landgerichts Mannheim zu IGeL mit fehlender schriftlicher Vereinbarung mitgegeben, wonach dem Arzt ein Honorar nur dann zusteht, wenn der Patient den Maßnahmen zuvor schriftlich zugestimmt hat (Az.: 1 S 99/07 ).
Weiteres Argument wäre die Tatsache, dass Ungereimtheiten im Heil- und Kostenplan bzw. der Rechnung auftauchen. So sind in der Rechnung Posten angegeben, die in keinem der Heil- und Kostenpläne stehen (insgesamt ca. 204 €); es sind Posten aufgelistet, die nicht durchgeführt wurden (insgesamt ca. 151 €, darunter ein angeblicher oraler Provokations-/Allergietest). Ein Rechnungsposten ist sogar auf ein Datum datiert (14.10.2014) zu dem ich nachweislich nicht in der Praxis gewesen bin, zumal die Behandlung erst am 16.10.2014 begonnen hat.

Meine Frage ist nun, wie ich verfahren darf? Kann ich die Zahlung ablehnen bzw. verweigern? Wenn ja, welche Gründe kann ich hierfür anführen? Auf welche Gesetze/Urteile kann ich mich in diesem Sachverhalt berufen? Ist das benannte Urteil ausreichend, auch wenn es sich in meinem Fall um keine IGeL handelt?

Herzlichen Dank Voraus!

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Grundsätzlich ist zwar so, dass der Arzt an seiner Angaben im Heilung Kostenplan soweit gebunden ist, dass er die dort aufgestellten Kosten nicht erheblich überschreiten darf. Hiervon könnte im Grunde zwar davon ausgegangen werden, wenn man die zuvor prognostizierten Kosten in Höhe von 450 € heranzieht. Jedoch muss hierbei berücksichtigt werden, dass Ihnen noch während der Behandlung am 16.10.2014 mitgeteilt wurde, dass die Kosten 1900 € überschreiten könnten. Indem sie die Behandlung weiter fortgeführt haben, könnte der Arzt erfolgreich so argumentieren, dass eine ausreichende Information vorgelegen habe. Entscheidend ist nämlich insoweit, ob sie als Patienten voraussehen konnten, dass der Heil und Kostenplan, den sie am 16.10.2014 erhalten haben überschritten werden würde. Da ihn dies ausdrücklich noch am selben Tag mitgeteilt wurde, könnte hiervon auszugehen sein.

Etwas könnte sich aber in der Tat aus dem von Ihnen zitierten Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18.1.2008 ergeben. Die Aussagekraft des Urteils bezieht sich auf Leistungen, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden. Daher ist zunächst zu klären, ob die Anfertigung der Schiene eine Leistung ist, für die eine Übernahme durch die Kassen nicht vorgesehen und daher nur privatärztlich möglich ist. Dann läge eine vergleichbare Situation vor, wie sie dem eben zitierten Urteil zu Grunde gelegt wurde. Hierzu sollten Sie weitere Informationen einholen. Im Rahmen einer Online-Erstberatung ist dies leider nicht möglich. Gerichtliche Entscheidung zu ihrem speziellen Fall sind mir nicht bekannt, sondern behandeln Fälle der Wahl und der IGeL-Leistungen. Diesen Leistung ist gemein, dass für diese insgesamt keine Übernahme durch die gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehen ist. Daher können diese Entscheidung nicht eins zu eins auf ihren Fall übertragen werden.

Auch das Urteil des Amtsgerichts München geht in diese Richtung. Dort heißt es: „bezwecken § 18 Abs. 8 BMV-Ä, § 21 Abs. 8 BMV-Ä/EKV, dem Versicherten Klarheit darüber zu verschaffen, dass er durch die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung abgedeckten Leistungen eine ausreichende ärztliche Behandlung erfährt (!) und dass er, sollte er dennoch eine privatärztliche Behandlung wünschen, die Kosten hierfür grundsätzlich selbst zu tragen hat. Dieser Schutzzweck ist nur erfüllt, wenn die mit dem Versicherten abgeschlossene Honorarvereinbarung seinen ausdrücklichen Wunsch nach privatärztlicher Behandlung und Privatliquidation der ärztlichen Leistungen trotz bestehenden Versicherungsschutzes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung dokumentiert. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Insoweit unterscheidet sich die streitgegenständliche Honorarvereinbarung auch maßgeblich von der der Entscheidung des Landgerichts Traunstein vom 06.12.2006, AZ: 3 S 1543/06 zugrundeliegenden privatärztlichen Vereinbarung, in der der Versicherte sich ausdrücklich damit einverstanden erklärte, dass ihm für die von ihm gewünschte ärztliche Behandlung eine Privatliquidation gestellt werde."(AG München, Urteil vom 28. April 2010 – 163 C 34297/09 )

Ob daneben die Rechnung an sich zu beanstanden ist, lässt sich ohne weiteres nicht beurteilt. Sollten allerdings Leistung abgerechnet worden sein, die tatsächlich gar nicht erbracht worden sind, so kann hierfür auch keine Vergütung verlangt werden. Ähnliches gilt, falls höhere Gebühren setzte berechnet wurden. Beachten Sie hierbei, dass ab einer Überschreitung der Schwellenwertes eine schriftliche Begründung des Arztes für die Überschreitung vorgelegt werden muss. Es müsste also aus der Rechnung hervorgehen, dass bei ihnen ungewöhnliche Besonderheiten aufgetreten sind, die nicht auch bei einer Mehrzahl vergleichbarer Behandlungsfälle auftreten. Allgemeinplätze sind hierbei nicht ausreichend.

Beachten Sie aber, dass für Nachbesserungen keine zusätzliche Vergütung verlangt werden kann. Sollte die Aufbissschiene letztlich gar nicht für sie brauchbar sein, so kommt sogar ein Verlust des Vergütungsanspruchs in Betracht. Jedenfalls dann wenn Nachbesserungsversuche sämtlich fehlgeschlagen sind und weitere Versuche für sie unzumutbar werden. Hierfür ergeben sich jedoch aus keine Sachverhalt keine Hinweise.

Ob der Arzt sie letztlich erfolgreich in Anspruch nehmen könnte, lässt sich nicht sicher vorhersagen. Meines Erachtens spricht jedoch einiges dafür. Im Rahmen einer Kosten-Risiko-Abwägung kann daher nicht uneingeschränkt dazu geraten werden, die Zahlung weiterhin zu verweigern. Dies gilt jedenfalls dann, sofern keine Rechtsschutzversicherung bestehen sollte.

Sollten Sie weiteren Beratungsbedarf in der Angelegenheit haben, stehe ich Ihnen gerne zur weiteren Vertretung zur Verfügung. Das hier gezahlte Honorar würde auf die weiteren anfallenden Gebühren angerechnet werden. Kontaktieren Sie mich einfach unter der angegebenen E-Mail-Adresse.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 16. Januar 2015 | 12:52

Sehr geehrter Herr Meyer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort.

In dem Zusammenhang habe ich noch einige Nachfragen bzw. Anmerkungen. In dem aufgestellten Heil- und Kostenplan steht Folgendes: „Die geplanten Behandlungsmaßnahmen überschreiten eine Behandlung nach Kassenkriterien. Sie sind deshalb privat zu bezahlen. […] Für die geplante Behandlung fallen folgende Gebührenpositionen, nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), an." Ist mit dieser Formulierung eine ‚vergleichbare‘ Situation wie im Urteil des Mannheimer Landgerichts gegeben?

Angenommen ich würde Nachbesserungen vornehmen lassen, damit die – jetzt noch nicht passende Schiene, die den Biss sogar soweit verschlechtert hat, dass er wieder auf dem Stand ist, den er zu Beginn aller therapeutischen Maßnahmen 2012 hatte – Schiene schlussendlich passt, wie viele Versuche muss ich dem Zahnarzt gewähren (insgesamt gab es drei Termine zum Eingliedern: 28.10. hier musste ein neuer Abdruck genommen werden und die versprochene Schiene war nicht fertig; 30.10. es musste abermals ein neuer Abdruck genommen werden, weil die fertige Schiene überhaupt nicht passte; 09.12. die Schiene wurde eingegliedert hat aber in der Folge den Biss verschlechtert), bevor diese unzumutbar werden.

Sie schreiben, dass für Nachbesserungen keine zusätzliche Vergütung verlangt werden kann – gilt dies auch, wenn diese als Posten im Heil- und Kostenplan stehen und aufgeführt ist, dass Nachbesserungen gesondert berechnet werden, mit jeweils ca. 70 €?

Darf ich bei Begleichung der Rechnung eigenmächtig die Posten herausnehmen, die nicht erbracht wurden bzw. die Posten, die im Heil- und Kostenplan nicht aufgeführt wurden?

Abermals herzlichen Dank für Ihre Hilfe und herzliche Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 18. Januar 2015 | 10:47

Sehr geehrte Fragestellerin,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Es ist wohl davon auszugehen, dass grundsätzlich eine schriftliche Vergütungsvereinbarung getroffen werden musste. Da Sie die Vereinbarung über die Privatbehandlung sowie die Vergütungsvereinbarung nicht unterschrieben haben, dürfte der Anspruch des Zahnarztes nicht bestehen.

Weisen Sie den Zahnarzt auf die gesetzlichen Bestimmungen hin, welche sich insbesondere aus § 2 GOZ ergeben. Danach muss eine Gebührenvereinbarung, die über die von der GOZ vorgesehene Gebührenhöhe hinausgeht, vor Erbringung der Leistung schriftlich getroffen werden. Weisen Sie den Zahnarzt auch darauf hin, dass der Grund dieses Erfordernisse ist, dass der Patient vor den entstehenden Kosten gewarnt werden soll und so vor unüberlegten Handlungen und Verpflichtung geschützt werden soll. Vor diesem Hintergrund kann zusätzlich argumentiert werden, dass jedenfalls der zweite Heil und Kostenplan nachträglich überreicht wurde, weshalb die Warnfunktion nicht erfüllt wurde. So ist einleuchtend, dass die Entschließungsfreiheit dann erheblich eingeschränkt ist, wenn die Behandlung bereits begonnen hat und eine Weiterbehandlung durch den Patienten abgelehnt werden müsste ergänzend können Sie auch auf die § 4 Absatz 5 und 7 Absatz 7 BMV-Z hinweisen, aus denen sich entsprechendes ergibt.

Die Frage, ab wann eine Nachbesserung nicht mehr akzeptiert werden muss, hängt stark vom Einzelfall ab. Die dreimalige Vorstellung bei Ihrem Zahnarzt dürfte jedoch im keinen Fall ausreichend. Insofern die bisherigen Nachbesserungsversuche sich im Rahmen des Heil und Kostenplanes zahlten, sind diese auch entsprechend zu vergüten.

Beachten Sie aber unbedingt, dass eine abschließende rechtliche Beurteilung erst nach Kenntnis aller Informationen und Unterlagen möglich ist.

Sofern Sie die Zusendung der zitierten Urteile wünschen, teilen Sie mir das unter der genannten E-Mail-Adresse mit.





Mit freundlichen Grüßen,

A. Meyer

Bewertung des Fragestellers 18. Januar 2015 | 15:12

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Die Beratung durch Herrn Meyer war umfassend und aufklärend. Er ist auf alle Fragen in verständlichen Formulierungen eingegangen und hat auf mögliche rechtliche Schritte (und deren Risiken) hingewiesen.
Ich kann diesen Anwalt weiter empfehlen. Herzlichen Dank!

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