Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Fragen beantworte ich Ihnen unter Berücksichtigung Ihrer Schilderung und des gewählten Einsatzes gerne wie folgt.
Nach Ihrer Darstellung ist Ihr Freund festgenommen worden, weil er sich nicht freiwillig zur Strafvollstreckung der 50 Tage Freiheitsstrafe gestellt hat.
Es geht um eine Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 459e StPO
. Diese ist an die Stelle der ursprünglich verhängten Geldstrafe getreten, da diese nicht gezahlt worden ist. Zur Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ist - so verstehe ich Sie - Vorführungs- bzw. Haftbefehl erlassen worden. Ein solcher kann nach vorheriger Ladung zum Haftantritt ergehen, wenn der Verurteilte sich der Strafvollstreckung nicht innerhalb der in der Ladung bestimmten Frist stellt, § 33 Abs. 1 StrVollstrO. Dies ist offenbar der Fall.
Eine endgültige Beurteilung ist natürlich erst nach Akteneinsicht, die durch einen Verteidiger genommen werden kann, möglich.
Eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe kann dadurch abgewendet werden, dass die offen stehende Geldstrafe bezahlt wird, § 459e Abs. 4 StPO
.
Vorrangig wird nämlich die (Nicht-Ersatz-)Freiheitsstrafe vollstreckt, § 43 StVollstrO.
Aktuell wird also die 9-monatige Freiheitsstrafe, die aus dem Widerruf der Bewährung resultiert, vollstreckt.
Vorrangig geht es darum, dass die weitere Vollstreckung im offenen Vollzug stattfinden soll. Der offene Vollzug ist in § 10 StVollzG geregelt:
"(1) Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung in einer Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht werden, wenn er den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügt und namentlich nicht zu befürchten ist, dass er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu Straftaten missbrauche werde.
(2) Im übrigen sind die Gefangenen im geschlossenen Vollzug unterzubringen. Ein Gefangener kann auch dann im geschlossenen Vollzug untergebracht oder dorthin zurückverlegt werden, wenn dies zu seiner Behandlung notwendig ist."
In den Verwaltungsvorschriften heißt es hierzu:
"1) Vom offenen Vollzug ausgeschlossen sind Gefangene
a) Gegen die während des laufenden Freiheitsentzuges eine Strafe vollzogen wurde oder zu vollziehen ist, welche gemäß § 74a GVG
von der Strafkammer oder Gemäß § 120 GVG
vom Oberlandesgericht im ersten Rechtszug verhängt worden ist.
b) gegen die Untersuchungs.-, Auslieferungs.- oder Abschiebungshaft angeordnet ist,
c) gegen die eine vollziehbare Ausweisungsverfügung für den Geltungsbereich des Strafvollzugsgesetzes besteht und die aus der Haft abgeschoben werden sollen,
d) Gegen die eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung oder eine sonstige Unterbringung gerichtlich angeordnet und noch nicht vollzogen ist.
(2) In den Fällen des Abs. 1 Buchstaben a, c und d sind Ausnahmen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig. In den Fällen des Buchstabens a ist die Vollstreckungsbehörde, des Buchstabens d das zuständige Gericht zu hören; in den Fällen des Buchstabens c bedürfen Ausnahmen des Benehmens mit der zuständigen Ausländerbehörde.
(1) Für die Unterbringung im offenen Vollzug ungeeignet sind in der Regel namentlich Gefangene,
a) die erheblich suchtgefährdet sind,
b) die während des laufenden Freiheitsentzuges entwichen sind, eine Flucht versucht. einen Ausbruch unternommen oder sich an einer Gefangenenmeuterei beteiligt haben,
c) die aus dem letzten Urlaub oder Ausgang nicht freiwillig zurückgekehrt sind oder bei denen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass sie während des letzten Urlaubs oder Ausgangs eine strafbare Handlung begangen haben,
d) gegen die ein Ausweisungs-, Auslieferungs- , Ermittlungs- oder Strafverfahren anhängig ist,
e) bei denen zu befürchten ist, dass sie einen negativen Einfluss ausüben, insbesondere die Erreichung des Vollzugszieles bei anderen Gefangenen gefährden würden.
(2) Ausnahmen von Absatz 1 können zugelassen werden, wenn besondere Umstände vorliegen; die Gründe hierfür sind aktenkundig zu machen. In den Fällen des Buchst. d ist die zuständige Behörde zu hören.
(3) Bei Gefangenen, gegen die während des laufenden Freiheitsentzuges eine Strafe wegen grober Gewalttätigkeiten gegen Personen, wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder wegen Handels mit Stoffen im Sinne des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln vollzogen wurde oder zu vollziehen ist oder die im Vollzug in den begründeten Verdacht des Handels mit diesen Stoffen oder des Einbringens dieser Stoffe gekommen sind, bedarf die Frage, ob eine Unterbringung im offenen Vollzug zu verantworten ist, besonders gründlicher Prüfung. Dies gilt auch für Gefangene, über die Erkenntnisse vorliegen, dass sie der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind."
Nach Ihrer Darstellung bestehen keine Gründe gegen den offenen Vollzug. Dies ist eine vorläufige Einschätzung ausschließlich anhand Ihrer Angaben.
Es sollte möglichst kurzfristig ein Antrag auf Verlegung in den offenen Vollzug nach § 10 StVollzG gestellt werden.
Die Entschließung über eine Verlegung trifft der Anstaltsleiter. Sie ist in einer Konferenz gemäß § 159 StVollzG vorzubereiten und zu begründen.
Prognosen darüber, wie lange die Entscheidung über den Antrag dauert, sind seriös nicht zu treffen. Es gilt: Je eher der Antrag gestellt wird, umso eher kann darüber entschieden werden.
Insgesamt rate ich, dass Ihr Freund die Hilfe eines Verteidigers in Anspruch nimmt. Dies gilt im Hinblick auf den Antrag, aber auch seine Gesamtsituation.
Ich hoffe, Ihnen geholfen zu haben. Eine Einzelfalltätigkeit kann dieser Beitrag natürlich nicht ersetzen. Für die Vertretung/Verteidigung Ihres Freundes stehe ich gerne zur Verfügung.
Sollte noch eine Unklarheit bestehen, können Sie selbstverständlich auch gerne von der kostenfreien Nachfragemöglichkeit Gebrauch machen.
Antwort
vonRechtsanwalt Christoph M. Huppertz
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52066 Aachen
Tel: 0241505592
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Rechtsanwalt Christoph M. Huppertz
ist das denn richtig das man erst nach drei monaten ein antrag stellen kann so wie die von der jva sagen
Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Nachfrage beantworte ich Ihnen gerne wie folgt.
Nochmals: Der Antrag sollte möglichst kurzfristig gestellt werden. Eine gesetzliche Drei-Monats-Frist existiert nicht. Auf irgendwelche üblichen Praxen und auf Auskünfte von Justizvollzugsbeamten sollte nicht abgestellt werden.
Insbesondere darf nicht übersehen werden, dass nach Ihrer Darstellung ein Ausnahmefall vorliegt. Die Strafe, die jetzt im geschlossenen Vollzug (bislang) vollstreckt wird, sollte ja gerade ausweislich der Ladung im offenen Vollzug vollstreckt werden. Hierzu wäre ein rechtzeitiger Strafantritt, also ein freiwilliges Stellen auch noch möglich gewesen.
Mit freundlichem Gruß
-Huppertz-
Rechtsanwalt
www.anwalt-huppertz.de