Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Frage auf der Grundlage des gegebenen Sachverhaltes wie folgt:
Die Gefahr, dass es nach Eintritt des Erbfalls dazu kommt, dass das Grundstück als Betriebsvermögen der Mitunternehmergesellschaft zwischen Ihnen und ihrer Schwester eingeordnet wird, besteht dann, wenn es überwiegend betrieblich durch diese Mitunternehmergesellschaft genutzt wird. Wenn das Grundstück und etwa ein Gebäude „ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zweck genutzt wird, ist es notwendiges Betriebsvermögen" (EStR 4.2). Falls Teile fremdbetrieblich oder privat genutzt werden oder vermietet sind, sind Gebäude und Grund und Boden nach Nutzungszusammenhängen aufzuteilen.
Außerdem gibt es noch Ausnahme für Grundstücksteile von untergeordnetem Wert, die eigenbetrieblich genutzt werden, wenn ihr Wert nicht mehr als €20.500,- beträgt und sie nicht mehr als 1/5 des gemeinen Wertes des gesamten Grundstücks ausmachen. (Siehe zum Ganzen EStTR, R4.2, Abs.7 bis 11).
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, handelt es sich in der Tat um Betriebsvermögen der Mitunternehmergesellschaft, und es kommt bei der Betriebsaufgabe tatsächlich zu der von ihnen nicht gewünschten Aufdeckung stiller Reserven, weil das Grundstück/Gebäude auch in die Aufgabebilanz einzustellen ist und durch die Aufgabe als ins Privatvermögen entnommen gilt.
Ich würde tendenziell eher dahin optieren wollen die Betriebsaufgabe dem FA eher noch zu Lebzeiten ihres Vaters zu erklären. Das hat allerdings weniger mit der Aufdeckung der stillen Reserven zu tun: Die Wirksamkeit der gegenwärtigen Mietvertragskonstruktion müsste man auch ohne dies einer Fremdvergleichsprüfung unterziehen (§42AO): Hat ihr Vater denn soviel Miete gezahlt, wie sie auch von einem fremden Gewerbeflächenmieter bekommen hätten? Der Grund, warum ich, soweit das ohne genaue Zahlenkenntnis überhaupt möglich ist, eher zu einer früheren Betriebsaufgabeerklärung tendieren würde ist, dass ihr Vater, sofern er über 55 Jahre alt ist, bei der Kalkulation des Aufgabegewinns zumindest einen Freibetrag von 45.000,- hat (§ 16 EStG Abs.4
), der sich allerdings um den Betrag ermäßigt, den der Aufgabegewinn € 136.000,- übersteigt, außer er hätte schon einmal die Regelung beansprucht. Außerdem findet hier auch die Fünftelregel-Anwendung, nach der der Aufgabegewinn über mehrere Veranlagungszeiträume gestreckt werden könnte (§ 34 Abs. 2 Nr. 1
, 16 und 34 Abs.1 EStG) bzw. ein ermäßigter Pauschalsteuersatz gewählt werden könnte (§34 Abs.3
, § 16 EStG
), außer er hätte diese Regelungen schon einmal genutzt.
Die Fünftel-Regel würde natürlich auch bei der postmortalen Betriebsaufgabe durch Sie und ihre Schwester gelten, der persönliche Freibetrag ihres Vaters aber nicht.
Bei Unklarheiten haben Sie hier auch noch eine kostenlose Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Ra. Jahn
Danke für die schnelle Antwort!
Wie genau muss der Antrag auf den Freibetrag aufgrund der Betriebsaufgabe aussehen? ich werde diesen Antrag dann sofort dem Finanzamt zuschicken.
Was passiert mit dem Freibetrag, wenn unser Vater vorher verstirbt?
(also nachdem wir den Antrag abgeschickt haben, aber bevor es zu einer endgültigen Betriebsschließung kommt?)
Gilt dann quasi der Eingang des Antrags beim Finanzamt? und der Freibetrag kann dann von usn zur Abwicklung genutzt werden?
Nochmals danke für Ihre Hilfe, und das obwohl Samstag ist!!
Beste Grüße
Hildegard
Sehr geehrte Fragestellerin,
die Gewährung des Freibetrages würden Sie mit der wohl letzten Est-Erklärung Ihres Vaters zu beantragen haben. Wichtiger ist die Aufgabererklärung als solches, denn bislang liegt nur eine Betriebsunterbrechung vor: „Die Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, dass der Betriebsinhaber die gewerbliche Tätigkeit ruhen lässt oder darin, dass er die wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet. Gibt er keine Aufgabeerklärung ab, geht die Rechtsprechung davon aus, dass er beabsichtigt, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter dies ermöglichen. Dagegen führt die Veräußerung wesentlicher Teile des Betriebsvermögens auch ohne ausdrückliche Erklärung zur Betriebsaufgabe mit der Folge, dass dann nur noch die einzelnen dem Privatvermögen zuzurechnenden Gegenstände verpachtet sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. August 2003 IV R 20/02
, BFHE 203, 143
, BStBl II 2004, 10
, m. w. N.)."
Diese Fundstelle klingt zwar danach, als ob auch aus der Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ohne ausdrückliche Aufgabeerklärung eine Betriebseinstellung gefolgert werden kann bezügl. des Freibetrags aus § 16 Abs.4 EStG
ist es aber wichtig, dass diese Betriebseinstellung so gut wie möglich, noch durch ihren Vater erfolgt und nicht erst durch die Erben. Ein Einzeiler dürfte reichen. „Hiermit zeige ich an den Betrieb XYZ eingestellt zu haben und damit begonnen zu haben alle Wirtschaftsgüter zu veräußern." Da es sich bei dem ganzen nach dem eben zitierten, nicht um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, dürfte es sogar ausreichen, wenn man die Aufgabeerklärung zumindest noch auf den Weg bringt. Empfehlung wie immer ein altmodisches Fax, dessen Sendebericht man aufhebt. An diese Erklärung sind Sie alle, dann aber auch wirklcih gebunden. Ich weiß nicht, wie nahe der Tod hier ist, aber wenn es irgend geht, wäre es vermutlich sehr sinnvoll, sie sprechen das Ganze zumindest kurz mit einem Steuerberater vor Ort durch, da ich keine Zahlen kenne und die Gesamtlage schlecht einschätzen kann. Sie werden ihn sowieso brauchen, da Ihnen irgendwann jemand eine Aufgabebilanz wird erstellen müssen, was als solches aber warten kann.
Mit freundlichen Grüßen Ra. Jahn