Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihren Einsatz.
Der Antwort möchte ich vorausschicken, dass im Rahmen dieses Forums ohne Kenntnis vom genauen Inhalt des Schenkungsvertrages und des Kaufvertrages für das Eigenheim keine abschließende Bewertung der rechtlichen Situation vorgenommen werden kann. Sie sollten daher gegebenenfalls zum Zwecke einer abschließenden rechtlichen Prüfung einen Rechtsanwalt vor Ort aufsuchen.
Bitte lassen Sie mich zum besseren Verständnis zunächst mit Ihrer zweite Frage nach den Auswirkungen auf den Zugewinnausgleich beginnen.
Ihre Schenkung an die Tochter ist bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen, wenn sie mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erfolgte.
Bei dem Zugewinn handelt es sich gemäß § 1373
des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) um den Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt.
Dabei ist Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 1 BGB
das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft (so kein anderer Güterstand ehevertraglich gewählt wurde), also in der Regel zum Zeitpunkt der Eheschließung, gehört.
Vermögen, welches ein Ehegatte nach Eintritt in den Güterstand u.a. mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht durch Schenkung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist (vgl. § 1374 Abs. 2 BGB
).
Endvermögen ist im Wesentlichen das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört.
Haben Sie Ihrer Tochter den von Ihnen genannten Betrag in Höhe von 180.000 EUR schenkungsweise im Vorgriff auf ihr Erbrecht zugewandt, so wird dieser bei der Berechnung ihres Zugewinns auch ihrem Anfangsvermögen zugerechnet. Dementsprechend würde sich das Anfangsvermögen Ihrer Tochter um 180.000 EUR erhöhen. Der von Ihrer Tochter während der Ehe erzielte Zugewinn würde sich damit um diesen geschenkten Betrag mit der Folge verringern, dass auch ein eventuell dem Ehemann zustehender Zugewinnausgleichsanspruch geringer wird. Spiegelbildlich wäre auch eine Erhöhung des Zugewinnausgleichsanspruchs Ihrer Tochter möglich.
Zugunsten Ihrer Tochter ist auch noch zu beachten, dass das Anfangsvermögen des früheren Ehemannes trotz seiner damaligen Verbindlichkeiten in jedem Falle mit mindestens „0“ angesetzt wird. Das ergibt sich aus der Regelung des § 1374 Abs. 1 2. Halbsatz BGB
.
Hinsichtlich des Miteigentumsanteils des früheren Ehemannes habe ich erhebliche Bedenken, dass Ihre Tochter einen Anspruch auf Übertragung dieses Anteils wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage erfolgreich geltend machen kann.
Zum einen haben die Eheleute aus ihrem gemeinsamen Einkommen einen Teil der auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten abgetragen. Soweit davon auch der Miteigentumsanteil des ehemaligen Ehegatten betroffen ist, kann von einer Zuwendung nicht gesprochen werden.
Im übrigen kommt gerade dann, wenn die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, den dafür vorgesehenen Ausgleichsregeln als Spezialvorschriften gegenüber den allgemeineren Regelungen, zu denen auch die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gehören, der Vorrang zu. Dementsprechend erfolgt auch der Ausgleich von Zuwendungen, die Ehegatten während des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft gemacht haben, in aller Regel nach den für den Zugewinnausgleich geltenden Regelungen. Nur zur Korrektur schlechthin unangemessener und untragbarer Ergebnisse kommt ein Rückgriff auf die Regelungen nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Das dürfte aber hier nicht der Fall sein. Denn würde der frühere Ehemann sein Miteigentumsanteil an Ihre Tochter übertragen müssen, hätte das zur Folge, dass sich gleichzeitig sein bei der Berechnung seines Zugewinns heranzuziehende Endvermögen dementsprechend reduziert.
Abschließend möchte ich vorsorglich auf die Verjährungsregelung gemäß § 1378 Abs. 4 BGB
hinweisen. Danach verjährt ein Anspruch auf Zugewinnausgleich binnen drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Ehegatte erfährt, dass der Güterstand beendet ist, spätestens jedoch 30 Jahre nach der Beendigung des Güterstands.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weiter geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ingo Kruppa
Rechtsanwalt
www.kruppa-ruprecht.de
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