Sehr geehrte Fragesteller,
vielen Dank für die Nutzung von Frag-einen-Anwalt.de.
Ihre Anfrage beantworte ich auf der Grundlage des angegebenen Sachverhalts sowie Ihres Einsatzes hiermit wie folgt:
Grundsätzlich können die Kosten für die Beauftragung eines Inkassounternehmens als sogenannter Verzugsschaden von dem Gläubiger geltend gemacht werden.
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Schuldner zu diesem Zeitpunkt nicht gänzlich zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig war. Sie schreiben, dass Sie lediglich vergaßen, den Artikel zu bezahlen. Sie haben also dem Gläubiger nicht signalisiert, dass Sie endgültig nicht zahlen wollen oder können.
In dem vorliegenden Falle müssen die geltend gemachten Kostenpositionen differenziert betrachtet werden.
Als Maßstab für die Höhe der Kosten des Tätigwerdens eines Inkassobüros gelten die Sätze, die ein Rechtsanwalt, würde er in dieser Sache tätig werden, nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verlangen könnte. Dies wären in Ihrem Falle 32,50 € zuzüglich 20 Euro Auslagenpauschale zuzüglich Mehrwertsteuer. Dieser Betrag wäre also geringer, als der Ihnen in Rechnung gestellte Betrag (45 € + 20 € + MwSt). Damit hätte der Gläubiger im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB
die Differenzkosten zu tragen. Nur diesen eben genannten Betrag sollten Sie zahlen. Zinsen fallen auf die Hauptforderung an, diese kann Ihnen der Gläubiger grundsätzlich auch in Rechnung stellen. Ob die Höhe der Zinsen gerechtfertigt ist, lässt sich ohne genaue Kenntnis des Verzugseintritts nicht beurteilen.
Die Kostenpositionen „Auskünfte Mahnkosten Gläubiger" sollten Sie zurückweisen bzw. auf den Nachweis für das tatsächliche Entstehen dieser Kosten verlangen.
Der nahezu größte Posten sind hier die Lagerkosten. Diese erscheinen deutlich überhöht. Der Gläubiger muss, sofern Sie diese Kosten anzweifeln, nachweisen, dass diese auch in der Höhe angefallen sind. Dazu sollten Sie ihn auffordern.
Zu beachten gilt hier weiterhin, dass auf die Verzugszinsen keine Umsatzsteuer zu leisten ist. Diese müssten also separat aufgeführt und nicht in die Berechnung der Umsatzsteuer einbezogen worden sein.
Sie sollten jedoch vorliegend zunächst prüfen, ob Sie überhaupt in Verzug geraten sind. Ich gehe hier davon aus, dass Sie den Kauf als Verbraucher tätigen. Ein Verbraucher gerät jedoch nicht unbedingt automatisch in Verzug. Dafür ist zunächst entweder eine Mahnung mit Fristsetzung erforderlich (deren Zugang muss der Verkäufer nachweisen !) oder ein Hinweis auf der erteilten Rechnung, dass ein Zahlungsverzug nach 30 Tagen eintritt. Nur wenn eine dieser Voraussetzungen gegeben ist, waren Sie bis zum Erhalt des Inkassoschreibens in Verzug mit der entsprechenden Kostentragungspflicht. Wenn Sie weder eine Mahnung, noch eine Rechnung mit entsprechendem Hinweis erhalten haben, befanden Sie sich nicht in Verzug. In diesem Falle rate ich Ihnen, den Kaufpreis zuzüglich eventuell vereinbarter Versandkosten an den Verkäufer zu zahlen und auf die Lieferung des Artikels zu warten.
Ich hoffe, mit der Beantwortung Ihrer Anfrage, weitergeholfen zu haben
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich dazu dient, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen.
Sollten Sie Nachfragen haben, nutzen Sie bitte die Möglichkeit der kostenlosen Nachfrage.
Mit freundlichen Grüßen
Jenny Weber
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Jenny Weber
Schloßstraße 120
12163 Berlin
Tel: 030 - 54907551
Web: https://www.kanzlei-weber-berlin.de
E-Mail:
Rechtsanwältin Jenny Weber
Hallo.
und besten Dank für Ihre gute Antwort. Ich habe heute die Kontodaten bekommen und direkt bezahlt. Am Montag werde ich dem angeblichen Verzug widersprechen. Kleine Verständnisfrage:
Sollte ich dies nur beim Verkäufer tun oder auch bei dem Inkassounternehmen?
Mit freudlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich hiermit wie folgt beantworte.
Theoretisch müssten Sie auf das Schreiben des Inkassobüros nicht reagieren. Es würde also genügen, wenn Sie dem Verkäufer mitteilen, dass Sie nicht in Verzug geraten sind und daher nicht die Ihnen berechneten Kosten tragen werden.
Das Inkassobüro könnte als nächsten Schritt einen gerichtlichen Mahnbescheid gegen Sie beantragen. Um diesem vorzubeugen, würde ich eine Kopie des Schreibens an den Verkäufer auch an das Inkassobüro zur Kenntnisnahme schicken.
Sollte das Inkassobüro dennoch einen gerichtlichen Mahnbescheid gegen Sie beantragen, ist es wichtig, innerhalb von 2 Wochen ab Erhalt des Mahnbescheides in vollem Umfang einen Widerspruch einzulegen. Wenn Sie dann Widerspruch eingelegt haben, kann das Inkassobüro beantragen, dass ein üblicher Zivilprozess geführt wird. In diesem Falle sollten Sie dann einen Rechtsanwalt mit der Sache beauftragen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Jenny Weber
Rechtsanwältin
Sehr geehrter Fragesteller,
ergänzend zu den obigen Ausführungen, möchte Ich noch mitteilen, dass Sie, sofern der Verkäufer auf die Anfrage nach den Kontodaten nicht reagiert, Sie ihm nachweisbar eine Frist zum Mitteilen setzen sollten und ihm androhen, dass Sie von dem Kaufvertrag zurücktreten, wenn diese Frist fruchtlos verstreichen sollte. Ebenfalls können Sie ihm ankündigen, dass er sich nach Ablauf der Frist in Verzug befindet und die Ihnen anfallenden Kosten als Verzugsschaden zu tragen hat. Sollte die Frist verstrichen sein, teilen Sie ihm dann nachweisbar (Einschreiben mit Rückschein) mit, dass Sie von dem abgeschlossenen Vertrag zurücktreten.
Mit obiger Begründung, dass mangels Mahnungserhalts bzw. Erhalt einer Rechnung mit Hinweis auf automatischen Verzugseintritt Ihrerseits kein Verzug eingetreten ist, weisen Sie in dem selben o.g. Schreiben die Übernahme der durch das Inkassobüro berechneten Kosten zurück.
Mit freundlichen Grüßen
Jenny Weber
Rechtsanwältin