Sehr geehrter Ratsuchender,
gern beantworte ich Ihre Frage aufgrund der von Ihnen getätigten Angaben wie folgt.
Es kommt darauf an, welcher erste Arbeitsort in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbart wurde.
So dies Ihr ursprünglicher Arbeitsort an Ihrem Wohnort ist, ist sowohl die Fahrzeit als Arbeitszeit zu sehen, als auch die damit verbundenen Kosten der täglichen Reise an den Standort nach Hamburg von Ihrem Arbeitgeber zu tragen.
Ich kann mir jedoch nach Ihrer Darstellung kaum vorstellen, dass es im Zuge des Wunsches Ihres Arbeitgebers Ihren Arbeitsplatz nach Hamburg zu verlegen nicht zu einer entsprechenden vertraglichen Anpassung Ihres Arbeitsvertrages gekommen ist, nach dem Sie sich ferner verpflichteten fortan die vertragliche geschuldete Arbeitsleistung am Sitz der Firma in Hamburg erbringen zu wollen.
Sollte eine so lautende Klausel in Ihren Arbeitsvertrag Einzug gefunden haben, obliegt es ganz Ihnen allein die dafür notwendige Zeit und auch die Kosten dafür aufzubringen.
Es verbleibt Ihnen also an dieser Stelle Ihren Arbeitsvertrag in der derzeit gültigen Fassung zu Rate zu ziehen und entsprechend zu lesen.
Fraglich ist ggf. noch, ob der ggf. schriftliche Arbeitsvertrag durch mündliche Vereinbarungen abgeändert werden konnte. In der Regel obliegt es dem Arbeitgeber hier einen Arbeitsvertrag in Schriftform mit den notwendigsten (dazu gehört auch der Arbeitsort) Angaben zur Verfügung zu stellen (§ 2 NachweisG). Soweit er von dieser Vorschrift abweicht trägt Ihr Arbeitgeber die Beweislast für eine abweichende Vereinbarung.
In Ihrem Fall problematisch in diesem Zusammenhang könnte ggf. der Umstand sein, dass Sie die Verweisung nach Hamburg stillschweigend akzeptierten. Hier kommt es auf den zeitlichen Umstand, seit wann Sie diesem Wunsch stillschweigend nachkommen an.
Eine vollends abschließende Bewertung ist daher hier noch nicht möglich.
Ich hoffe dennoch Ihre Fragen beantwortet zu haben und verbleibe mit
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt /Aachen
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wehle
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Danke für die Antwort, der ursprüngliche Arbeitsort ist in meinem Wohnort, der seit 18 Jahre bestehende Vertrag ist unverändert, es gab nur eine mündliche Absprache, dass ich ab 01.08.16 in Hamburg arbeite und die Fahrkosten von der Firma getragen werden...
Sehr geehrter Ratsuchender,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage aufgrund der von Ihnen getätigten Angaben wie folgt.
Das Beweisrisiko, dass hier der Arbeitsort nach Hamburg verlegt wurde, trägt hier grundsätzlich der Arbeitgeber, insoweit wäre nach der bisherigen Darstellung auch Ihre Reisezeit als Arbeitszeit zu werten.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sich Ihr Arbeitgeber ggf. bei der Absprache gedacht hat – „Gut ich trage die Fahrkosten, und der Arbeitnehmer investiert die zusätzliche (Reise)-Zeit. – Ganz abwegig ist eine solche Überlegung an sich nicht, nur sollte dies auch tatsächlich so abgemacht werden und über eventuell damit verbundene Vor- und Nachteile gesprochen und verhandelt werden.
So dies bei der Absprache nicht geschehen ist, sollt dies ggf. noch nachgeholt werden, denn Ihr Arbeitgeber wird nicht besonders glücklich aus der Wäsche schauen, wenn Sie diesen auf die „Fahr"-Überstunden in Anspruch nehmen oder hierfür Freizeitausgleich beanspruchen wollen.
Nach der oben dargestellten rechtlichen Beurteilung haben Sie hierauf doch einen Anspruch, soweit Ihr Tätigwerden im Hamburg allein aus einer Weisung des Arbeitgebers begründet, da Sie von einer Absprache sprechen und nicht ganz klar ist, ob Ihr Einverständnis zu dem neuen Einsatzort auch mit der damit verbundenen Mehrfahrzeit zum Tätigkeitsort, der grundsätzlich von jedem Arbeitnehmer selbst zu tragen ist, inbegriffen war.
Sie sehen, meine fällt nicht ganz eindeutig aus und ebenso könnte auch ein Verfahren vor einem Arbeitsgericht ausgehen. Sicher fällt ein tägliches Erbringen einer vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung oder auf der Seite des Arbeitgebers die Übertragung von Verantwortungen merklich schwerer, wenn das Vertrauensverhältnis durch einen Streit oder gar ein Gerichtsverfahren „beschädigt" wurde. Daher ist hier von meiner Seite nur zu raten, das offene Gespräch zu suchen und von der doch für Sie erheblichen Mehrbelastung wieder herabzukommen (vollständige oder auch zeitweise Beschränkung auf den ursprünglichen Arbeitsort) oder diese wenigstens zusätzlich honoriert zu erhalten.
Ein weiterer möglicher Schritt vor einer rechtlichen Auseinandersetzung könnte ggf. eine sog. Mediation darstellen. Meist weisen zugelassene Rechtsanwälte eine entsprechende Zusatzqualifikation auf. Als Mediatoren ist es Ihnen erlaubt, beide Parteien rechtlich zu beraten und im gemeinsamen Gespräch, bei dem allen Parteien die rechtlichen Grundlagen und Risiken bekannt sind, eine gemeinsame gangbare Lösung für das aufgetretene Problem zu finden.
Ich hoffe Ihre Fragen beantwortet zu haben und verbleibe mit
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt /Aachen