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Widerspruchsfrist Fitnesstudio?

| 1. November 2010 14:46 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von


15:59


Hallo,

am 4.10. habe ich mit einer Freundin ein Probetraining im Fitnessstudio Vita Nova Seligenstadt gehabt. Als es an die Gebühren ging bin ich schon fast vom Stuhl gefallen, da sind knapp 1200 EUR p.a. . Nachdem ich meine Skepsis geäußert habe, das ich gerne noch warten würde, weil zu teuer... hat uns der Verkäufer Nachlaß auf den monatlichen Beitrag gegeben und Verzehrguthaben i.H.v. 10 EUR, aber nur wenn wir HEUTE noch abschließen. Nach langem Gerede und "beschwätzen" haben wir jeweils unabhängig voneinander einen Vertrag geschlossen. Erst nachts sind mir die immer noch hohen Kosten, wenn nicht sogar Wucherpreise bewußt geworden:
89,90 einmalig
59,90 monatlich statt 69,90 für 2 Jahre
49,90 halbjährlich
99,00 einmalig für die Zirkelkarte
89,90 Einmalgebühr bei Abschluß

d.h. wir liegen immernoch bei knapp 1000 EUR.
Ich habe am 5.10 sofort einen Widerspruch eingelegt. Auch meiner guten Freundin sind diese Preise viel zu hoch auch sie hatte Einspruch eingelegt. Nach jetzt ca. 2 Wochen kam ein Schreiben vom Vita Nova Seligenstadt, das sie leider den Widerspruch nicht aktzeptieren können und wir an den Vertrag gebunden sind.
Im Vertrag steht nichts von Widerrufsrecht.

Gibt gar kein gesetzliches Widerrufsrecht von 2 Wochen ? Hat man eine Chance evtl. wegen des massiven Verkäuferdrucks und "Erpressung" aus dem Vertrag rauszukommen auch wenn notwendig mit Hilfe der Rechtschutzversicherung und Klage?
Über Hilfe wäre ich sehr dankbar, da ich ziemlich geschockt bin über so ein Vorgehen der Fitnesstudios.

1. November 2010 | 15:14

Antwort

von


(517)
Harmsstraße 83
24114 Kiel
Tel: 0431 88 70 49 75
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Sascha-Lembcke-__l104631.html
E-Mail:

Sehr geehrte(r) Fragesteller/in,

vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es wird ausschließlich das Ziel verfolgt, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf der Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten. Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen im Rahmen Ihrer Schilderung kann eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.

Nachfolgend nehme ich zu der/den von Ihnen gestellten Frage(n) Stellung, die ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:

Vorab gilt grundsätzlich. Vertrag ist Vertrag und insoweit bindend. Ein Widerrufsrecht gibt es bei diesen Verträgen leider nicht, da hier nicht das sog. Haustürwiderrufsgesetz gilt.

Insofern ist der Vertrag für Sie bindend und damit nur im Rahmen der regelmäßigen Kündigungsfrist beendbar.

ABER:

Die vereinbarte 24 monatige Laufzeit ist im Zweifel unwirksam. Nach der Rechtsprechung darf eine Erstlaufzeit bei einem Fitnesstudiovertrag 6 Monate nicht übersteigen.

Eine Erst-Laufzeitvereinbarung in einem Fitnessvertrag von mehr als 24 Monaten ist als AGB-Klausel unwirksam ( LG Kiel, Urt. v. 28.10.2004 Az. 1 S 141/04 ). So auch: AG Aachen, Urt. v. 26.07.2005 Az. 85 C 172/05 ; AG Aachen, Urt. v. 23.06.2005 Az. 84 C 2/05 ; AG Aachen, Urt. v. 17.03.2005 Az. 80 C 589/04 .

Sind jedoch auch kürzere Laufzeiten möglich oder wählbar und haben Sie sich bewusst für eine längere Laufzeit z.B. aus Kostengründen entschieden, wäre eine Berufung auf die unwirksame Laufzeitvereinbarung m.E. unzulässig.

Nach dem Amtsgericht Spandau 10 C 193/09 sind auch Laufzeiten von 24 Monaten bereits unzulässig. (Auszug):

„Die in dem Vertrag getroffene Laufzeitvereinbarung von 24 Monaten ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Auch wenn der Vertrag die zweijährige Höchstbindungsfrist gem. § 309 Nr. 12 BGB einhält, ist eine Kontrolle des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung und der sich daraus ergebenen binden Restlaufzeit des Vertrags am Maßstab des § 307 Abs. 1 BGB ausnahmsweise möglich (BGH NJW 1997, 739 , 740). Denn der Gesetzgeber wollte in § 309 Nr. 12 BGB nur Höchstfristen festlegen, deren Überschreitung die Klausel stets unwirksam macht (OLG Celle NJW-RR 1995, 370 , 371). Die Tatsache, dass es sich bei den in § 309 Nr. 12 BGB festgelegten Fristen um Höchstfristen handelt, führt dazu, dass bei Dienstverträgen mit erheblichen wirtschaftlichen und persönlichen Anforderungen an den Kunden grundsätzlich entsprechend kürzere Laufzeiten, als die zweijährige Vertragslaufzeit, angemessen sind. Insbesondere muss insofern eine Kündigungsmöglichkeit wegen der Abhängigkeit von der körperlichen Eignung des Kunden vorgesehen werden. Hinzu kommt, dass vorliegend die Beklagte keine Wahlmöglichkeit zwischen einem Vertrag mit kürzerer Laufzeit und höherem Entgelt oder längerer Laufzeit und niedrigerem Entgelt hatte. Eine Probezeit oder Testmöglichkeit wurde ebenfalls nicht vereinbart und es wurden keine Regelungen für vorübergehende Verhinderungen oder Ortsabwesenheiten (LG Mönchengladbach, NJW-RR, 416), z.B. wegen Krankheit, Urlaub oder Schwangerschaft getroffen. Weder das Interesse an der Amortisation der Sportgeräte noch die Kosten für das Personal rechtfertigen es ein unter Berücksichtigung der eben genannten Gründe eine Erstlaufzeit von 24 Monaten als angemessen zu begründen."

Ein Verstoß gegen die vorgenannten Regeln zur Laufzeit macht den Vertrag jedoch nicht insgesamt nichtig oder unwirksam. Es gelten vielmehr dann die höchst zulässigen Fristen.

Ein sog. Sonderkündigungsrecht hingegen läge bei einem Umzug in eine andere Stadt vor. Dann ist es lt. Gesetz möglich den laufenden Vertrag mit dem Studio zu kündigen. Dazu gab ((OLG Frankfurt, Urteil v. 5.12.1994, Az: 6 U 164/93 ), (LG Düsseldorf, Urteil v. 7.11.1990, Az: 12 O 190/90 )).

Hinsichtlich einer Anfechtung wegen „massiven Käuferdrucks" sehe ich keine hinreichende Möglichkeit dies rechtlich durchzusetzen, denn dafür tragen Sie eine nicht unerhebliche Beweislast, dass Sie den Vertrag ansonsten nicht abgeschlossen haben und dies nur aufgrund einer Zwangslage erfolgt ist. Für eine Zwangslage sehe ich jedoch keinen hinreichenden Gründe dies nachweisen zu können, da Ihnen bei Nichtzeichnung des Vertrages dem Grunde nach keine Nachteile entstanden wären.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen helfen konnte, einen ersten Eindruck in dieser Rechtsangelegenheit gewinnen zu können. Sie können sich auch gerne bei Fragen zur Antwort über die entsprechende Nachfrageoption des Portals mit mir in Verbindung setzen.


Rechtsanwalt Sascha Lembcke

Rückfrage vom Fragesteller 1. November 2010 | 15:41

Sehr geehrter Herr Lembcke,

vielen Dank für die schnelle Antwort.
Es gab kürzere Laufzeiten für das doppelte an mtl. Grundgebühr, nach meinem Verständnis bin ich somit schön drauf reingefallen und darf die nächsten 2 Jahre 2000 EUR bezahlen für nichts,da ich sicherlich nicht mehr dieses Studio betreten werden. Mensch das wäre ein Karibikurlaub.
Schade ich dachte als Verbraucher hat man wenigstens eine Chance gegen diese Abzocketour vorzugehen.
Hoffentlich habe ich wenigstens ein paar Menschen aufmerksam gemacht, dieses Studio never ever zu betreten, dann ist das Geld wenigstens für etwas gut.

Vielen Dank für Ihre Hilfe

Mit freundlichen Grüßen
Martina Fassbender

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. November 2010 | 15:59

Ich bedaure Ihnen keine andere Einschätzung der Rechtslage mitteilen zu können.

Gleichwohl empfehle ich Ihnen entweder mit dem Fitnesstudio eine Aufhebung des Vertrages zu vereinbaren, wobei dies von derem Wohlwollen abhängt oder eben die Möglichkeit etwaiger Sonderkündigungsrechte zu prüfen.

Entweder bei Vorliegen eines Umzuges oder eben bei einer Erkrankung, die die Ausübung des Sports nicht unerheblich beeinträchtigt. DAnn können Sie den Vertrag, nach den vereinbarten AGB, in der Regel mit einer Monatsfrist kündigen.

Sie müssten dann nur die Tatsachen des Grundes nachweisen. Entweder durch ärztlichen Attest oder durch eine Ummeldebescheinigung.

Bewertung des Fragestellers 1. November 2010 | 16:02

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