Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich - die Richtigkeit Ihrer Angaben vorausgesetzt - anhand der von Ihnen gemachten Angaben gerne wie folgt summarisch beantworten möchte:
1.
Inwieweit das Bauvorhaben tatsächlich die Regelungen der Abstandsflächen verletzt, bestimmt sich nach § 6 HBO. Grundsätzlich sind bei oberirdischen Gebäuden Abstandsflächen einzuhalten.
Etwas anderes ergibt sich nur, wenn das Haus an die Grenze gebaut werden muss oder das Gebäude an die Grenze gebaut werden darf. Ihrer Sachverhaltsschilderung entnehme ich jedoch, dass die Häuser vor 30 Jahren ohne Abstandsflächen errichtet wurden. Daher ist davon auszugehen, dass dieser Zustand auch nicht bauordnungswidrig ist.
Nichts Gegenteiliges sollte sich daher für eine Aufstockung durch Ihren Nachbarn ergeben.
2.
Die Baubehörde muss Ihr Einverständnis dem Grunde nach für die Überbauung bei der Erteilung der Baugenehmigung berücksichtigen. Nach Ihrer Sachverhaltsschilderung haben Sie Ihr Einverständnis nur für den ursprünglichen Überbau erteilt. Grundsätzlich bezieht sich hierauf auch nur Ihre Duldungspflicht im Sinn des § 912 BGB
. Insoweit sollte für die Aufstockung des Gebäudes auf Ihrem Grundstück ebenfalls Ihr Einverständnis von Nöten sein. Für eine genaue Beurteilung wäre es jedoch erforderlich, die überbauten Flächen genau zu kennen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine substantiierte Überprüfung dieser Rechtsfrage Sinn und Zweck dieser Plattform überschreiten würde. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich dazu dient, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
3.
Die rechtliche Wirkung der Zustimmung ist darin zu sehen, dass hinsichtlich des ursprünglichen Bauvorhabens kein Anspruch auf Rückbau besteht, sondern der Überbau ist nach § 912 BGB
zu dulden. Ist der Überbau dagegen ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers erfolgt, besteht in der Regel ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB
, falls der Überbau vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt ist. Der Überbauer trägt dann im Prozess die Beweislast dafür, dass im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung höchstens leichte Fahrlässigkeit vorlag. Falls jedoch vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung (formfrei) Widerspruch erhoben wurde, kann auch im Falle leichter Fahrlässigkeit in der Regel noch die Beseitigung verlangt werden. Eine Klage auf Rückbau des Überbaus müsste beim Amts- oder Landgericht eingereicht werden.
4.
Die Rechtswidrigkeit der Baumaßnahme könnte sich jedoch möglicherweise aus einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Nach Ihrer Schilderung fügt sich die Aufstockung nicht in die gegebene Siedlungsstruktur ein. Im beplanten Innenbereich ergibt sich das Rücksichtnahmegebot unmittelbar aus § 15 BauNVO
. Die in den §§ 2
bis 14 BauNVO
aufgeführten baulichen Anlagen sind im Einzelfall dann unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen. Sie sind auch dann unzulässig, wenn von Ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind.
Hierfür wäre es jedoch erforderlich, das Baugebiet vor Ort genau zu analysieren.
In diesem Zusammenhang könnten Sie gegen die dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung vorgehen, in dem Sie Widerspruch gegen die Baugenehmigung einlegen, um der Baumaßnahme zunächst Einhalt zu gebieten.
Sie sollten zur Verfolgung Ihrer Rechte unbedingt anwaltliche Hilfe, möglichst von einem auf das öffentliche Baurecht spezialisierten Anwalt, in Anspruch nehmen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Prüfung der Rechtslage eine erste rechtliche Orientierung vermittelt zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Achilles
Rechtsanwalt
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Gisselberger Straße 31
35037 Marburg
Telefon: 06421 - 167129
Fax: 06421 - 167132
achilles@haftungsrecht.com
www.haftungsrecht.com
Sehr geehrter Herr Achilles
Ihre Antwort trifft das Thema meiner Fragen nicht.
Sie haben meinen Text (Erklärungen zu ihrem Verständnis)beantwortet und nicht meine Fragen.
Bitte lesen Sie meine Erklärungen noch einmal genau durch.
Dann lesen Sie bitte auch meine Fragen 1-3 noch noch einmal genau.
Das Problem ist das ich überbaut habe und er und er mir sein Einverständnis dazu gegeben hat.
Ich bitte um verständliche Antworten mit der Aussage zu jeder einzelnen Frage.
Für 125 € bekomme ich 39 Minuten ihrer Zeit wenn ich richtig gerechnet habe.
Gruß
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich Ihnen gerne wie folgt beantworten werde:
Offensichtlich habe ich Ihre Sachverhaltesschilderung missverstanden. Die fraglichen Punkte werde ich selbstverständlich nochmals für Sie herausarbeiten.
1.
Wie Sie selber schildern, sind die Häuser mit einem Abstand von 10 cm aneinander gebaut. Insofern ist davon auszugehen, dass die Häuser zum Zeitpunkt der Errichtung ohne Abstandsflächen gebaut werden durften. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Zustand schon nicht bauordnungswidrig war.
Die Aussage der Behörde, die Abstandsflächenregelung sei in Ihrem Fall nicht zu berücksichtigen, ist unrichtig. Auch für die Aufstockung von Gebäuden müssen die Abstandsflächenregelungen eingehalten werden, soweit das Bauvorhaben an der Nachbargrenze errichtet wird.
Grundsätzlich könnte man daher der Ansicht sein, dass das Bauvorhaben ohne Einhalten der Abstandsregelung bauordnungswidrig ist.
Hiergegen spricht jedoch die Tatsache, dass Ihre Häuser bereits ohne Abstandsflächen errichtet wurden. Insofern kann sich für die Aufstockung grundsätzlich nichts anderes ergeben. Daher ist davon auszugehen, dass die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 HBO gegeben ist. Um hierüber jedoch genauer Auskünfte gegeben zu können, wäre es erforderlich, die Festsetzungen des Bebauungsplanes genau zu kennen.
2.
Die Baubehörde muss das Einverständnis Ihres Nachbarn zu Ihrem Überbau bei Erlass der Baugenehmigung nicht mit berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um eine Regelung zu Ihren Gunsten. Insoweit können schon hieraus für den Nachbarn keine negativen Konsequenzen folgen.
3.
Daher können Sie sich aus dieser Vereinbarung auch nicht gegen Ihren Nachbarn zur Wehr setzen. Die Konsequenz aus der Anwendung des § 912 BGB
besteht darin, dass Ihr Nachbar den Überbau zu dulden hat.
4.
Sollte sich dennoch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme im Sinne des § 15 BauNVO
ergeben, so wären Sie gehalten, mangels aufschiebender Wirkung eines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung des Nachbarn (§ 212 a BauGB
) einen Antrag nach § 80 V VwGO
auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei dem zuständigen Verwaltungsgericht zu stellen. Hierdurch wäre es Ihnen möglich, das Bauvorhaben vorläufig zu unterbinden.
Ich möchte höflich darauf hinweisen, dass eine abschließende Beurteilung nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände vor Ort möglich ist.
In Zukunft möchte ich Sie bitten, bei offensichtlichen Unstimmigkeiten, vor Abgabe einer derartigen Bewertung doch kurz Rücksprache mit mir zu halten. Es wäre unproblematisch möglich gewesen, das vorliegende Missverständnis umgehend zu klären.
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Achilles
Rechtsanwalt
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