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Voraussetzungen für Subunternehmer aus Polen

13. Januar 2009 08:32 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Guten Tag,
zwei Männer aus Polen haben sich bei mir gemeldet, die gerne bei mir arbeiten möchten als Helfer für unseren Gartenbetrieb.
Sie haben beide eine Firma als selbständige in Polen angemeldet und sind auch versichert.
Meine Frage:
Kann ich Sie ohne weiteres bei mir arbeiten lassen?
Wenn ja, was für einen Vertrag müßte ich mit Ihnen machen?
Was müßten Sie mir vorlegen: Steuernummer ,Versicherungsnummer von Polen oder was?
Sie sagen das ist kein Problem Sie könnten gleich anfangen zu arbeiten weil Polen zur EU ghört.
Stimmt das?
Ich habe aber Angst wegen einer Kontrolle, brauche Gewißheit ob das o.k. ist.

13. Januar 2009 | 15:08

Antwort

von


(219)
Marktstätte 32
78462 Konstanz
Tel: 07531 - 808 798
Tel: : 07751 - 802 604
Web: https://www.kanzlei-plewe.de
E-Mail:

Sehr geehrte Fragestellerin,

die von Ihnen geschilderte Problematik ist gegenwärtig von großer rechtlicher Bedeutung und gesellschaftlicher Verbreitung in Deutschland.

Leider muss ich Sie dringend davor warnen, dieses Angebot anzunehmen, da Sie nicht abschließend klären können, ob die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit vorliegen bzw. diese Prüfung mit einem derartigen Aufwand (und letztlich immer mit einem Risiko für Sie) verbunden wäre, der sich trotz möglicherweise günstiger Stundensätze nicht rechnen dürfte.

Die Selbstbetitelung der beiden Polen als selbständig Gewerbetreibende/Subunternehmer mit sozialversicherungsrechtlichem Status in Polen ist für Sie kein Umstand, dem Sie ohne - für Sie wohl unmögliche objektive - Überprüfung vertrauen dürfen. Diese Maßnahme dürfte aller Erfahrung nach nur dem Umstand der Verschleierung der Tatsache dienen, dass beide Personen tatsächlich als "echte" Arbeitnehmer von Ihnen eingestellt, aber schwarz entlohnt werden wollen (man spricht hier von sogn. Scheinselbständigkeit).

Scheinselbständigkeit mit der Folge der Entstehung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragszahlungspflicht gegenüber der zuständigen Krankenkasse sowie von Lohnsteuerpflicht gegenüber Ihrem Betriebstättenfinanzamt für Sie (!) liegt bereits dann vor, wenn die beschäftigte Person in den Betrieb des Arbeitgebers arbeitnehmergleich eingegliedert wird. Dies kann auch bei sogn. - übrigens in- und ausländischen - "Selbständigen" schnell der Fall sein, wenn sie sich nach Ort, Zeit und näherer Ausgestaltung der alltäglich zu verrichtenden Arbeit nach Ihren Weisungen - Direktionsrecht genannt- richten.
Sollten Sie deshalb beide Personen als Arbeiter in Ihrem Betrieb beschäftigen und "bar auf die Hand" entlohnen, machen Sie sich ohne weitere Rückversicherung/Anmeldung bei der Sozialversicherung und dem Finanzamt des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB bzw. der Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (Lohnsteuer) strafbar. Eine strafrechtliche Verurteilung kann neben empfindlichen Geld- bzw. möglicherweise auch Freiheitsstrafen auch ordnungsrechtliche Folgen haben (Gewerbeuntersagung durch die Ordnungsbehörde), wodurch Sie rechtlich und faktisch zur Aufgabe Ihres Berufes als selbständige Gartenbauunternehmerin gezwungen werden könnten.

Zwar besteht nach einer neueren Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2006 bei Beschäftigung ausl. Arbeitnehmer aus bestimmten europäischen Staaten (darunter auch Polen) dann keine Sozialversicherungspflicht in Deutschland, wenn eine sogn. E 101 (Bestätigung über die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung in dem ausl. Staat) vorliegt. Gleichwohl können dann immer noch Lohnsteueransprüche gegen Sie entstehen. Auf eine entsprechende
Angabe der beiden Polen dürfen Sie sich dabei nicht verlassen.

Ich kann Ihnen deshalb bei einer derartig ungeprüften Aussage der beiden polnischen Arbeitssuchenden nur von einer Beschäftigung abraten oder bei fortbestehendem Beschäftigungswunsch Ihrerseits dringend empfehlen, die zuständige Krankenkasse für beide Polen in Deutschland (die ich Ihnen mangels näherer Angaben nicht nennen kann - sehr wahrscheinlich ermittelbar über Ihre Betriebsendziffer) sowie Ihr Betriebstättenfinanzamt vor Arbeitsaufnahme schriftlich mit dem Vorgang unter Nennung der Vollpersonalien und des Sachverhaltes zu befassen und eine Beschäftigung erst nach schriftlicher Auskunft dieser Stellen, Vorliegen der von ihnen geforderten Voraussetzungen sowie eines jeweils schriftlichen Arbeitsvertrages zuzulassen. Im übrigen ist unter bestimmten Voraussetzungen auch noch an die Einholung einer Arbeitserlaubnis der Bundesagentur für Arbeit zu denken.

Abschließend ein wirtschaftlicher Ratschlag: sehr wahrscheinlich werden die polnischen Arbeitnehmer unter Beachtung all dieser Gesichtspunkte Sie dann nicht mehr günstiger zu stehen kommen, als direkt vom bundesdeutschen Markt eingestellte Kräfte.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Orientierung geben.

Mit freundlichen Grüßen


Karin Plewe
Rechtsanwältin


Rechtsanwältin Karin Plewe
Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Erbrecht

ANTWORT VON

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