Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
im Folgenden erhalten Sie eine ausführliche rechtliche Einschätzung zu Ihrer Situation bezüglich der Rückforderung Ihrer Mietkaution nach Auszug aus der Wohnung in Göttingen.
1. Verjährung von Ansprüchen des Vermieters (§ 548 BGB)
Nach § 548 Abs. 1 BGB verjähren Ansprüche des Vermieters auf Schadensersatz wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten ab Rückgabe der Wohnung. Die Rückgabe erfolgte im Dezember 2024, die erste konkrete Geltendmachung von Ansprüchen durch den Vermieter erfolgte jedoch erst nach Ihrer Aufforderung zur Kautionsrückzahlung, also nach Ablauf von sechs Monaten.
Ergebnis:
Hat der Vermieter innerhalb der sechsmonatigen Frist keine Ansprüche geltend gemacht, sind diese verjährt. Eine nachträgliche Geltendmachung – wie hier geschehen – ist dann nicht mehr möglich. Die Kaution ist in voller Höhe zurückzuzahlen.
2. Beweislast und Darlegungspflicht des Vermieters
Der Vermieter trägt die Beweislast dafür, dass Sie die behaupteten Schäden verursacht haben und dass es sich nicht um normale Abnutzungserscheinungen handelt. Zudem muss er die Höhe des Schadens konkret darlegen und belegen.
Normale Abnutzung:
Gebrauchsspuren wie Dübellöcher oder kleinere Ausbesserungen an Türen gelten in der Regel als normale Abnutzung, sofern sie sich im üblichen Rahmen halten. Für deren Beseitigung kann der Vermieter grundsätzlich keinen Ersatz verlangen.
Konkretisierung der Ansprüche:
Der Vermieter muss die einzelnen Mängel genau bezeichnen und die Kosten für deren Beseitigung nachvollziehbar aufschlüsseln. Pauschale oder willkürlich gewählte Beträge sind nicht ausreichend.
3. Selbstvornahme und Stundenlohn des Vermieters
Ein Vermieter kann grundsätzlich die Kosten für die Beseitigung von Schäden geltend machen, wenn der Mieter seiner Instandsetzungspflicht nicht nachkommt. Führt der Vermieter die Arbeiten selbst aus, kann er jedoch keinen Stundenlohn in Höhe eines Fachbetriebs oder gar einen überhöhten Stundensatz ansetzen. Vielmehr ist nur der tatsächliche Aufwand zu ersetzen, der einem Dritten für die Ausführung der Arbeiten entstanden wäre. Ein Stundenlohn von 42 € für Eigenleistungen ist für einen Laien nicht angemessen und wird von Gerichten regelmäßig nicht anerkannt.
4. Fehlende Belege und Nachweise
Ohne Vorlage von Belegen (z.B. Quittungen für Material, Nachweise über tatsächlich angefallene Kosten) ist eine Abrechnung nicht prüfbar und damit nicht durchsetzbar. Der Vermieter ist verpflichtet, die entstandenen Kosten zu belegen.
5. Bedeutung des Übergabeprotokolls
Das von Ihnen unterzeichnete Übergabeprotokoll kann eine Beweisfunktion haben, insbesondere wenn dort Mängel festgehalten wurden. Allerdings ersetzt es nicht die Pflicht des Vermieters, seine Ansprüche innerhalb der Verjährungsfrist geltend zu machen und diese zu belegen.
6. Fazit und Erfolgsaussichten einer Klage
- Verjährung: Die Ansprüche des Vermieters sind nach Ablauf von sechs Monaten verjährt, sofern er sie nicht rechtzeitig geltend gemacht hat.
- Beweislast: Der Vermieter muss Schäden und deren Höhe beweisen. Pauschale, nicht belegte Forderungen sind nicht durchsetzbar.
- Stundenlohn: Ein hoher Stundenlohn für Eigenleistungen ist nicht erstattungsfähig.
- Belege: Ohne Nachweise über Materialkosten und tatsächlichen Aufwand besteht kein Anspruch.
Ihre Chancen, die Kaution im Klageweg vollständig oder weitgehend zurückzuerhalten, sind daher als sehr gut einzuschätzen. Sie können die Rückzahlung der Kaution verlangen und die vom Vermieter geltend gemachten Forderungen zurückweisen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
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