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Vermieter fälscht wahrscheinlich Beweise, um uns abmahnen zu können

| 29. September 2010 13:46 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Rechtsanwalt Michael Kohberger

Meine Frau und ich wohnen in einem Haus mit drei Wohnungen, der Vermieter bewohnt eine davon. Vor einigen Monaten wurden wir immer wieder nachts durch die Aktivitäten einer der Töchter unserer Nachbarin über uns vom Schlafen abgehalten. Gespräche mit dem Vermieter und der Mutter der Störerin brachten nichts, die Störungen gingen immer weiter und raubten uns den Schlaf. Als ich mich dann noch mal bei unserem Vermieter schriftlich beschwert hatte, schrieb er in sehr aggressivem Ton zurück, wir sollten doch ihn und seine Freundin in Ruhe lassen und gefälligst ausziehen. Er hatte also nach vier Jahren erstmalig zugegeben, dass die Partei über uns also nicht, wie er vorher immer behauptet hatte, ganz normale Mieter sind, sondern seine Lebensgefährtin und ihre drei Kinder.

Die Störungen gingen immer weiter, auch nächtliche Polizeieinsätze und Anzeigen beim Ordnungsamt brachten wenig bis nichts (unser Vermieter ist Berufsfeuerwehrmann und hört den Polizeifunk, war somit immer frühzeitig gewarnt).

Seitdem versucht unser Vermieter, uns aus der Wohnung zu schikanieren. Er hat Videokameras installiert, die unsere Fenster und unseren Wonungstürbereich beobachten (Antrag auf einstweilige Verfügung dagegen läuft) und er hat uns bisher ca. zehn Abmahnungen geschickt, deren Inhalt jeweils nicht zutrifft.

Die neueste Abmahnung bezieht sich auf die Reinigung der Gemeinschaftsräume und der Außenflächen. Ich habe diese auch fristgerecht vor zwei Tagen durchgeführt und auf dem Reinigungsplan abgezeichnet. Heute schickt mir der Vermieter eine Reihe von Fotos, auf denen die von mir gereinigten Flächen wieder ziemlich verdreckt erscheinen. Auf den meisten Fotos ist auch der von mir abgezeichnete Reinigungsplan neben dem Dreck zu sehen. Ich gehe davon aus, dass er ihn selbst nach meiner Reinigung extra für die Fotos dort platziert hat. Außerdem beschuldigt er mich des Vertragsbruchs, der Dokumentationsfälschung und anderer Dinge.

Was sollen wir jetzt tun? Ich selbst habe leider nach der Reinigung keine Fotos von den Räumen und Flächen gemacht.

Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),

vielen Dank für die ONLINE - Anfrage(n) via frag-einen-anwalt . Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür angedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens völlig anders ausfallen. Auf Grundlage Ihrer Angaben beantworte ich die Fragen weiter wie folgt:

1. Die Hausordnung kann als Teil des schriftlichen Mietvertrages über eine Wohnung zulässigerweise vorsehen, dass der Mieter das Treppenhaus im Turnus mit den übrigen Mietern zu reinigen hat. Ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung im Mietvertrag oder in der Hausordnung (auf die Mietvertrag Bezug nehmen muss, und die ihm beigefügt sein sollte) ist der Mieter nicht verpflichtet, die gemeinschaftlich benutzten Teile des Hauses zu reinigen.

Ist der Mieter krank oder nur kurzfristig abwesend, so hat er sich nicht um eine Vertretung für die Reinigungsarbeiten zu bemühen. Anderes soll gelten, wenn er für längere Zeit (2 Wochen) im Urlaub ist (AG Dortmund WM 88,54 ). Es bleibt dem Mieter selbst überlassen, an welchem Tag und zu welcher Zeit er reinigt (AG Reichenbach WM 94, 322).

Das Unterlassen der mietvertraglich übernommenen bzw. durch Hausordnung auferlegten Treppenhausreinigung in einem Mehrparteienhaus rechtfertigt keine Kündigung durch den Vermieter!

Etwas anderes kann ausnahmsweise nur dann gelten, wenn grobe Verstöße gegen die Reinigungspflichten vorliegen, die zu einer erheblichen Störung des Hausfriedens führen; AG Wiesbaden 91 C 2213/99 -19 WM 2000, 190.

Verletzt der Mieter seine Reinigungspflichten, dann kann ihn der Vermieter diesbezüglich allenfalls abmahnen und ein Frist für die Ausführung der Reinigung setzen. Der Vermieter kann den Mieter, der dann immer noch säumig ist, dann auf Erfüllung verklagen.

Eine Kündigung wird vorliegend also nicht gerechtfertigt sein!

Sie sollten zu dem unberechtigten Vorwurf dennoch kurz Stellung nehmen.

Idealerweise befragen Sie vorher Ihre Nachbarn, ob Sie die Foto - Aktion des Vermieters beobachtet haben. So könnten Sie im Streitfall den Beweis antreten, dass der Vermieter sogar vor einer vorsätzlichen Verfälschung von Beweismitteln (Fotos) nicht zurückschreckt.

Alles in allem ist allerdings auf Grund der beschriebenen Rechtlage nicht mit dem Ausspruch einer fristlosen (unwirksamen) Kündigung und einer anschließenden Räumungsklage zu rechnen.

2. Die Videoüberwachung eines Mietobjekts mit Kamera(s) stellt – unabhängig davon, ob eine Speicherung der Aufnahmen erfolgt – einen erheblichen Eingriff in Ihr Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG umfasst auch die Freiheit von ungewünschter Kontrolle oder Überwachung durch Dritte, wobei dies für den Mieter einer Wohnung nicht nur die Freiheit beinhaltet, die eigene Wohnung bzw. das Haus zu verlassen oder zu betreten, ohne dass der Vermieter dies jederzeit überwachen und die An- oder Abwesenheit des Mieters feststellen kann; so AG München, Urteil vom 16.10.2009 - Az.: 423 C 34037/08 .

Neben dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kommt in der Hauptsache damit auch eine Klage auf Unterlassung in Betracht.

3. Hinsichtlich der Ruhestörungen sollten Sie zudem eine Minderung der Miete in Betracht ziehen. Die Höhe des Minderungsbetrages ist eine Frage des Einzelfalles. Bei Lärmbeeinträchtigungen könnte die angemessene Minderungsquote um die 10 Prozent liegen.

Die Minderung der Miete sollten Sie vorher schriftlich ankündigen, zumal die Ankündigung der Minderung in vielen Mietvertrag - AGB vorgeschrieben wird.

Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion, um an mich eine kostenfreie Nachfrage zu richten. Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 29. September 2010 | 14:43

Sehr geehrter Herr Kohlberger,

zunächst einmal vielen Dank für die rasche und ausführliche Antwort. Ich möchte sie aber bitten, auf einen Aspekt meiner Frage näher einzugehen: Wie verhält es sich denn jetzt mit den Vorwürfen meines Vermieters, ich hätte den Reinigungsplan gefälscht, bzw. unterschrieben, ohne wirklich zu reinigen? "Dokumentationsfälschung" und "Vertragsbruch" hören sich für mich als Laien sehr gravierend an, da denke ich direkt an Urkundenfälschung. Reichen seine Fotos da als Beweise oder ist es letztendlich Aussage gegen Aussage.

Die Nachbarn im Haus kann ich aus geschilderten Gründen leider nicht um Hilfe bitten.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. September 2010 | 15:24

Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),

vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:

Als Urkunde gilt jede verkörperte Gedankenerklärung, die zum "Beweis" einer "rechtserheblichen Tatsache" "geeignet" und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt.

Selbst wenn Sie vorliegend die Gemeinschaftsräume nicht sorgfältig gereinigt hätten und dennoch den Reinigungsplan unterzeichnet hätten, so läge dennoch keine tatbestandsmäßige Urkundenfälschung im Sinne des § 267 StGB vor. Dies begründe ich wie folgt:

Mit der Unterzeichnung eines Reinigungsplanes kann nämlich nicht über Tatsachen, die im Urkundeninhalt selbst liegen, getäuscht werden. Die Frage, ob eine Gemeinschaftraum ordentlich gereinigt wurde oder nicht erschließt sich nicht aus der Urkunde selbst sondern allenfalls aus dem Zustand des Gemeinschaftsraumes.

Sinn und Zweck eines Reinigungsplanes ist es nämlich die turnusgemäße Verteilung der Reinigungsarbeiten überhaupt erst zu ermöglichen. Als "Beweismittel" für eine "rechtserhebliche Tatsache" ist ein Reinigungsplan damit nicht geeignet.

Damit bleibt es dabei, dass die Vorwürfe des Vermieters haltlos sind.

Er könnte Sie damit allenfalls auf fristgerechte Reinigung der Gemeinschaftsräume in Anspruch nehmen. Ein zur Kündigung berechtigender Vertragsbruch liegt nicht vor. Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Kohberger
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 29. September 2010 | 15:28

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Eine sehr detaillierte und zufriedenstellende Antwort auf eine sehr spezifische Frage aus einem ziemlich großen Gesamtkomplex. Mehr als ich für meinen Einsatz erhofft habe. Auf jeden Fall empfehlenswert!

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