Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die ONLINE - Anfrage(n) via frag-einen-anwalt . Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür angedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens völlig anders ausfallen. Auf Grundlage Ihrer Angaben beantworte ich die Fragen weiter wie folgt:
1. Die Hausordnung kann als Teil des schriftlichen Mietvertrages über eine Wohnung zulässigerweise vorsehen, dass der Mieter das Treppenhaus im Turnus mit den übrigen Mietern zu reinigen hat. Ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung im Mietvertrag oder in der Hausordnung (auf die Mietvertrag Bezug nehmen muss, und die ihm beigefügt sein sollte) ist der Mieter nicht verpflichtet, die gemeinschaftlich benutzten Teile des Hauses zu reinigen.
Ist der Mieter krank oder nur kurzfristig abwesend, so hat er sich nicht um eine Vertretung für die Reinigungsarbeiten zu bemühen. Anderes soll gelten, wenn er für längere Zeit (2 Wochen) im Urlaub ist (AG Dortmund WM 88,54
). Es bleibt dem Mieter selbst überlassen, an welchem Tag und zu welcher Zeit er reinigt (AG Reichenbach WM 94, 322).
Das Unterlassen der mietvertraglich übernommenen bzw. durch Hausordnung auferlegten Treppenhausreinigung in einem Mehrparteienhaus rechtfertigt keine Kündigung durch den Vermieter!
Etwas anderes kann ausnahmsweise nur dann gelten, wenn grobe Verstöße gegen die Reinigungspflichten vorliegen, die zu einer erheblichen Störung des Hausfriedens führen; AG Wiesbaden 91 C 2213/99
-19 WM 2000, 190.
Verletzt der Mieter seine Reinigungspflichten, dann kann ihn der Vermieter diesbezüglich allenfalls abmahnen und ein Frist für die Ausführung der Reinigung setzen. Der Vermieter kann den Mieter, der dann immer noch säumig ist, dann auf Erfüllung verklagen.
Eine Kündigung wird vorliegend also nicht gerechtfertigt sein!
Sie sollten zu dem unberechtigten Vorwurf dennoch kurz Stellung nehmen.
Idealerweise befragen Sie vorher Ihre Nachbarn, ob Sie die Foto - Aktion des Vermieters beobachtet haben. So könnten Sie im Streitfall den Beweis antreten, dass der Vermieter sogar vor einer vorsätzlichen Verfälschung von Beweismitteln (Fotos) nicht zurückschreckt.
Alles in allem ist allerdings auf Grund der beschriebenen Rechtlage nicht mit dem Ausspruch einer fristlosen (unwirksamen) Kündigung und einer anschließenden Räumungsklage zu rechnen.
2. Die Videoüberwachung eines Mietobjekts mit Kamera(s) stellt – unabhängig davon, ob eine Speicherung der Aufnahmen erfolgt – einen erheblichen Eingriff in Ihr Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG
umfasst auch die Freiheit von ungewünschter Kontrolle oder Überwachung durch Dritte, wobei dies für den Mieter einer Wohnung nicht nur die Freiheit beinhaltet, die eigene Wohnung bzw. das Haus zu verlassen oder zu betreten, ohne dass der Vermieter dies jederzeit überwachen und die An- oder Abwesenheit des Mieters feststellen kann; so AG München, Urteil vom 16.10.2009 - Az.: 423 C 34037/08
.
Neben dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kommt in der Hauptsache damit auch eine Klage auf Unterlassung in Betracht.
3. Hinsichtlich der Ruhestörungen sollten Sie zudem eine Minderung der Miete in Betracht ziehen. Die Höhe des Minderungsbetrages ist eine Frage des Einzelfalles. Bei Lärmbeeinträchtigungen könnte die angemessene Minderungsquote um die 10 Prozent liegen.
Die Minderung der Miete sollten Sie vorher schriftlich ankündigen, zumal die Ankündigung der Minderung in vielen Mietvertrag - AGB vorgeschrieben wird.
Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion, um an mich eine kostenfreie Nachfrage zu richten. Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kohlberger,
zunächst einmal vielen Dank für die rasche und ausführliche Antwort. Ich möchte sie aber bitten, auf einen Aspekt meiner Frage näher einzugehen: Wie verhält es sich denn jetzt mit den Vorwürfen meines Vermieters, ich hätte den Reinigungsplan gefälscht, bzw. unterschrieben, ohne wirklich zu reinigen? "Dokumentationsfälschung" und "Vertragsbruch" hören sich für mich als Laien sehr gravierend an, da denke ich direkt an Urkundenfälschung. Reichen seine Fotos da als Beweise oder ist es letztendlich Aussage gegen Aussage.
Die Nachbarn im Haus kann ich aus geschilderten Gründen leider nicht um Hilfe bitten.
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:
Als Urkunde gilt jede verkörperte Gedankenerklärung, die zum "Beweis" einer "rechtserheblichen Tatsache" "geeignet" und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt.
Selbst wenn Sie vorliegend die Gemeinschaftsräume nicht sorgfältig gereinigt hätten und dennoch den Reinigungsplan unterzeichnet hätten, so läge dennoch keine tatbestandsmäßige Urkundenfälschung im Sinne des § 267 StGB
vor. Dies begründe ich wie folgt:
Mit der Unterzeichnung eines Reinigungsplanes kann nämlich nicht über Tatsachen, die im Urkundeninhalt selbst liegen, getäuscht werden. Die Frage, ob eine Gemeinschaftraum ordentlich gereinigt wurde oder nicht erschließt sich nicht aus der Urkunde selbst sondern allenfalls aus dem Zustand des Gemeinschaftsraumes.
Sinn und Zweck eines Reinigungsplanes ist es nämlich die turnusgemäße Verteilung der Reinigungsarbeiten überhaupt erst zu ermöglichen. Als "Beweismittel" für eine "rechtserhebliche Tatsache" ist ein Reinigungsplan damit nicht geeignet.
Damit bleibt es dabei, dass die Vorwürfe des Vermieters haltlos sind.
Er könnte Sie damit allenfalls auf fristgerechte Reinigung der Gemeinschaftsräume in Anspruch nehmen. Ein zur Kündigung berechtigender Vertragsbruch liegt nicht vor. Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt