Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Im Insolvenzverfahren ist für eine Zusammenveranlagung die Zustimmung des Insolvenzverwalters erforderlich, da es sich hierbei um ein wirtschaftliches Gestaltungs- und kein höchstpersönliches Recht handelt. Allerdings darf der Insolvenzverwalter seine Zustimmung nur aus sachlichen GRünden und damit nicht willkürlich verweigern. Namentlich kann er seine Zustimmung davon abhängig machen, dass die Masse von etwaigen Nachteilen freigestellt wird. Das ist auch der Hintergrund für das von Ihnen bereits gesehene Urteil des BGH. Dieser etwaige Nachteil ist nach Ihrer Schilderung aber bereits "vom Tisch", so dass der Insolvenzverwalter faktisch zur Erklärung seiner Zustimmung verpflichtet ist. Das Beharren auf einer getrennten Veranlagung ohne einen sachlichen Grund ist daher "sportlich".
Gegen den Insolvenzverwalter haben Sie daher nach Ihrer Schilderung einen Anspruch auf Zustimmung, der notfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden kann. Zuvor kann aber eine Beschwerde an das für das Verfahren zuständige Insolvenzgericht sinnvoll sein.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Henning
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Rechtsanwalt Thomas Henning
Diese gemeinsame Verlangung bedingt aber einen gewissen Abstimmungsaufwand, dem sich der Verwalter aus meiner Sicht verweigert.
Siehe auch meine Frage:
Meine Frage war: Ist der Insolvenzverwalter zur Abstimmung mit dem nicht insolventen Ehegatten verpflichtet, so wie es ja auch bei nicht Insolventen Ehegatten wäre § 1353 Abs. 1 BGB
?
Konkret:
Auf welcher Rechtsgrundlage kann ich den Verwalter also dazu "ermutigen" sich mit mir abzustimmen. Ich benötige konkret die Steuererklärung im Entwurf des insolventen Ehegatten (diese ist ja von dem Insolvenzverwalter anzufertigen) um dann die gemeinsame Steuerbelastung incl. den ggf. zu nutzenden Verlusten berechnen zu können. Dann muss auch noch geklärt werden wie die gemeinsame Steuererklärung anzufertigen/einzureichen ist.
Der Insolvenzverwalter verweigert eine Abstimmung (aus meiner Sicht aus Faulheit).
Hallo
und danke für die Nachfrage. Leider hat offensichtlich frag-einen-anwalt meine bereits verfasste Antwort nicht gespeichert; für die Verzögerung und Unannehmlichkeiten bitte ich daher um Nachsicht.
In der Sache selbst ergibt sich der Anspruch gegen den Insolvenzverwalter ebenfalls aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB
. Denn wie der BGH entschieden hat, ist die Entscheidung über gemeinsame oder getrennte Veranlagung keine höchstpersönliche Entscheidung, so dass umgekehrt auch das in § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB
verankerte Rücksichtnahmegebot, aus dem sich die "Pflicht" zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung außerhalb einer Insolvenz ergibt, auch nicht höchstpersönlicher Natur sein kann. Dem entsprechend ist auch die Entscheidung des OLG Dresden vom 06.03.2009 (20 U 928/08
) zuverstehen, in der es explizit heißt:
"Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Ehemannes der Klägerin zum 23.01.2004 ist dieser nicht mehr in der Lage, die Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung zu erklären. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des auf Abgabe der Zustimmungserklärung in Anspruch genommenen Ehegatten ist nur noch der bestellte Insolvenzverwalter, die Beklagte, passivlegitimiert (so ausdrücklich BGH FamRZ 2007, 1320
). [...] Der Insolvenzverwalter hat nach § 34 Abs. 1 und 3 AO
die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht. [...] Unter welchen Voraussetzungen die Beklagte als Insolvenzverwalterin verpflichtet ist, der Zusammenveranlagung des Insolvenzschuldners mit seinem Ehegatten im Rahmen seines Verwaltungsrechts nach § 80 InsO
zuzustimmen, ist bislang höchstrichterlich nicht abschließend entschieden worden. Diese Frage konnte insbesondere in der oben bereits zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2007, 1320
) offengelassen werden, da die -die Insolvenzverwalterin auf Erteilung der Zustimmungserteilung in Anspruch nehmende - Klägerin nicht bereit war, den der Insolvenzmasse als Folge der gemeinsamen Veranlagung entstehenden steuerlichen Nachteil zu erstatten. Nach Auffassung des Senats ändert die Insolvenz eines Ehegatten nichts an seiner grundsätzlichen Verpflichtung gegenüber dem Ehepartner, der gemeinsamen Veranlagung der Eheleute zuzustimmen, wenn dem Ehepartner daraus Vorteile erwachsen und die steuerlichen Nachteile durch diesen ausgeglichen werden. Zwar kann er selbst die Zustimmung nicht mehr erteilen, doch der Insolvenzverwalter kann dies und muss dies, sofern ein entsprechender Anspruch gegen den insolventen Ehegatten besteht, solange dem keine insolvenzrechtlichen Gründe entgegenstehen. Denn die Befugnisse des Insolvenzverwalters können nur so weit gehen wie die des Schuldners selbst. Dieser hat deswegen wie der insolvente Ehegatte selbst die Interessen des solventen Ehegatten zu berücksichtigen, solange die Ehepartner in intakter Ehe zusammenleben (vgl. AG Essen ZVI 2004, 196
, zit. nach juris). [...] Allein der Umstand, dass der Insolvenzverwalter die Zustimmungserklärung gerne "zu Geld machen" würde, das der Masse zugute käme, reicht allerdings nicht aus, um den grundsätzlich bestehenden Anspruch wegfallen zu lassen. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Teilhabe an den steuerlichen Vorteilen der Klägerin, ein solcher Anspruch lässt sich weder aus dem Wesen der Ehe noch des Insolvenzverfahrens herleiten (so auch Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 01.02.2007 -9 U 11/06
- zit. nach juris). "
Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass der Insolvenzverwalter eben nach § 1353 BGB
die Zustimmung geben kann. "Ermutigen" kann man ihn evtl. mit einer an das für ihn zuständige Insolvenzgericht adressierten Beschwerde. Im Zweifel wäre der Verwalter persönlich auf Zustimmung zu verklagen.
Freundliche Grüße
Thomas Henning
Rechtsanwalt