Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1.
Nach § 14 Abs. 1 und 3 VOB/B
muss der Auftragnehmer innerhalb von 12 Werktagen nach Fertigstellung eine prüffähige Schlussrechnung einreichen, wenn die Ausführungsfrist nicht mehr als drei Monate betragen hat; die Ausführungsfrist verlängert sich um jeweils sechs Werktage für jeweils weitere drei Monate Ausführungsfrist.
Wenn der Auftragnehmer diese Fristen nicht einhält, heißt dies allerdings nicht, dass der Auftragnehmer keine Rechnung mehr stellen darf, sondern dies hat lediglich zur Folge, dass der Auftraggeber selbst eine Schlussrehnung auf Kosten des Auftragnehmers erstellen darf, wenn er zuvor dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Stellung der Schlussrechnung gesetzt hat (§ 14 Abs. 4 VOB/B
).
Die Stellung einer Schlussrechnung bedeutet nicht, dass es dem Auftragnehmer grundsätzlich verwehrt ist, seine Schlussrechnung zu ergänzen oder zu korrigieren. Diese Möglichkeit hat der Auftragnehmer sogar noch in einem Zahlungsprozess aus der Schlussrechnung.
Das Erfordernis einer prüffähigen Schlussrechnung ist ein rein formales Fälligkeitskriterium. Der Auftragnehmer hat die Rechnungen übersichtlich aufzustellen und dabei die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden. Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege sind beizufügen. Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen; sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen (§ 14 Abs. 1 VOB/B
). Solange diese formalen Kriterien nicht beachtet worden sind, ist der Anspruch auf Schlusszahlung nicht fällig, und der Auftraggeber hat ein Leistungsverweigerungsrecht.
Prüffähigkeit der Schlussrechnung bedeutet aber nicht inhaltliche Richtigkeit: Eine Schlussrehnung, die etwa fehlerhafte Maße oder Betragssummen enthält, ist - soweit sie richtig berechnet ist - trotzdem zur Zahlung (teilweise) fällig, wenn sie von ihrer äußeren Gestaltung her prüffähig ist. Die inhaltliche Richtigkeit einer Schlussrechnung muss im Streitfall durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden.
2.
Regiestunden darf der Auftragnehmer nur berechnen, wenn Abrechnung nach Regiestungen im Vertrag und dazugehörigem Leistungsverzeichnis vereinbart war, und zwar nur zu den im Voraus vereinbarten Regiestundensätzen (§ 2 Abs. 10 VOB/B
). Dabei ist die Anzahl der Regiestunden anhand von bestätigten Stundenzetteln abzurechnen, aus denen sich ergibt, wieviele Arbeitskräfte an welchen Tagen zu welchen Zeiten tätig gewesen sind. § 15 Abs. 3 VOB/ bestimmt:
"Dem Auftraggeber ist die Ausführung von Stundenlohnarbeiten vor Beginn anzuzeigen. Über die geleisteten Arbeitsstunden und den dabei erforderlichen, besonders zu vergütenden Aufwand für den Verbrauch von Stoffen, für Vorhaltung von Einrichtungen, Geräten, Maschinen und maschinellen Anlagen, für Frachten, Fuhr- und Ladeleistungen sowie etwaige Sonderkosten sind, wenn nichts anderes vereinbart ist, je nach der Verkehrssitte werktäglich oder wöchentlich Listen (Stundenlohnzettel) einzureichen. Der Auftraggeber hat die von ihm bescheinigten Stundenlohnzettel unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 6 Werktagen nach Zugang, zurückzugeben. Dabei kann er Einwendungen auf den Stundenlohnzetteln oder gesondert schriftlich erheben."
§ 15 Abs. 5 VOB/B
bestimmt:
"Wenn Stundenlohnarbeiten zwar vereinbart waren, über den Umfang der Stundenlohnleistungen aber mangels rechtzeitiger Vorlage der Stundenlohnzettel Zweifel bestehen, so kann der Auftraggeber verlangen, dass für die nachweisbar ausgeführten Leistungen eine Vergütung vereinbart wird, die nach Maßgabe von Absatz 1 Nummer 2 für einen wirtschaftlich vertretbaren Aufwand an Arbeitszeit und Verbrauch von Stoffen, für Vorhaltung von Einrichtungen, Geräten, Maschinen und maschinellen Anlagen, für Frachten, Fuhr- und Ladeleistungen sowie etwaige Sonderkosten ermittelt wird."
§ 15 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B
:
"Soweit für die Vergütung keine Vereinbarungen getroffen worden sind, gilt die ortsübliche Vergütung. Ist diese nicht zu ermitteln, so werden die Aufwendungen des Auftragnehmers für Lohn- und Gehaltskosten der Baustelle, Lohn- und Gehaltsnebenkosten der Baustelle, Stoffkosten der Baustelle, Kosten der Einrichtungen, Geräte, Maschinen und maschinellen Anlagen der Baustelle, Fracht-, Fuhr- und Ladekosten, Sozialkassenbeiträge und Sonderkosten, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung entstehen, mit angemessenen Zuschlägen für Gemeinkosten und Gewinn (einschließlich allgemeinem Unternehmerwagnis) zuzüglich Umsatzsteuer vergütet."
Pauschalbeträge dürfen nur abgerechnet werden, wenn dies im Vertrag und im Leistungsverzeichnis vereinbart war (§ 2 Abs. 7 VOB/B
).
Werden Materialpreise abgerechnet, hat dies nach Aufmaß und und den im Leistungsverzeichnis zum vertrag vereinbarten Einheitspreisen zu erfolgen. Auch hier darf der Auftragnehmer nicht einfach Pauschalbeträge in Ansatz bringen (§ 2 Abs. 1 und 2 VOB/B
).
Extra-Kosten für Abbruchhammer und Bohrer dürfen nur berechnet werden, wenn dies im Vertrag vereinbart war. Ansonsten sind die Kosten für den Einsatz von Werkzeugen und Instrumenten bereits in den Regiestunden bzw. den Materialpreisen enthalten (§ 2 Abs. 1 und 2 BOB/B).
Kosten, die im Vertrag nicht vereinbart waren, darf der Auftragnehmer nur zusätzlich berechnen, wenn es hierüber entweder eine Nachtragsvereinbarung gegegben hat, oder wenn die Erforderlichkeit der Kosten erst nach Vertragsschluss erkennbar wurde, Ihnen bei Erkennbarkeit unverzüglich angezeigt wurde, und Sie diese Kosten entweder genehmigt haben, oder die Ausführung zumindest Ihrem mutmaßlichen Willen entsprach und objektiv erforderlich war (§ 2 Abs. 8 Nrn. 1 - 3 VOB/B
).
3.
Nach § 13 Abs. 7 Nr. 1 VOB/B
haftet der Auftraggeber bei schuldhaft verursachten Mängeln für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit.
Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Mängeln haftet er für alle Schäden (§ 13 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B
).
Soweit durch den beißenden Bitumengeruch die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bestand, muss Ihnen der Auftraggeber die Hotelkosten erstatten.
Für durch die fehlerhafte Verklebung der Bahnen verursachten Material- und Ausbesserungskosten einschließlich der Rückbau- und Putzkosten, haftet der Auftraggeber ohne weiteres, wenn er (oder seine Mitarbeiter/Subuternehmer) die Schäden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben. Bei einfacher Fahrlässigkeit (oder fehlendem Verschulden) ist dem Auftraggeber der Schaden an der baulichen Anlage zu ersetzen, zu deren Herstellung, Instandhaltung oder Änderung die Leistung dient, wenn ein wesentlicher Mangel vorliegt, der die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und auf ein Verschulden des Auftragnehmers zurückzuführen ist (§ 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B
). Einen darüber hinausgehenden Schaden hat der Auftragnehmer nur dann zu ersetzen,
a) wenn der Mangel auf einem Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik beruht,
b) wenn der Mangel in dem Fehlen einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit besteht oder
c) soweit der Auftragnehmer den Schaden durch Versicherung seiner gesetzlichen Haftpflicht gedeckt hat oder durch eine solche zu tarifmäßigen, nicht auf außergewöhnliche Verhältnisse abgestellten Prämien und Prämienzuschlägen bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherer hätte decken können.
Ob die o.a. Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, muss im Streitfall durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden.
4.
Wenn oben ausgeführt wurde, der Auftragnehmer kann seine Schlussrechnung "grundsätzlich" korrigieren und/oder ergänzen, bedeutet dies nicht "uneingeschränkt".
Der Anspruch des Auftragnehmers auf Schlusszahlung wird alsbald nach Prüfung und Feststellung fällig, spätestens innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung. Die Frist verlängert sich auf höchstens 60 Tage, wenn sie aufgrund der besonderen Natur oder Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist und ausdrücklich vereinbart wurde (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B
).
Die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung durch den Auftragnehmer schließt Nachforderungen aus, wenn der Auftragnehmer über die Schlusszahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlusswirkung hingewiesen wurde (§ 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B
). Einer Schlusszahlung steht es gleich, wenn der Auftraggeber unter Hinweis auf geleistete Zahlungen weitere Zahlungen endgültig und schriftlich ablehnt (§ 16 Abs. 3 Nr
, 3 VOB/B
). Auch früher gestellte, aber unerledigte Forderungen werden ausgeschlossen, wenn sie nicht nochmals durch den Auftragnehmer vorbehalten werden (§ 16 Abs. 3 Nr. 4 VOB/B
).
Ein Vorbehalt durch den Auftragnehmer ist innerhalb von 28 Tagen nach Zugang der Mitteilung nach den Nummern 2 und 3 über die Schlusszahlung zu erklären. Er wird hinfällig, wenn nicht innerhalb von weiteren 28 Tagen – beginnend am Tag nach Ablauf der in Satz 1 genannten 28 Tage – eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen eingereicht oder, wenn das nicht möglich ist, der Vorbehalt eingehend begründet wird (§ 16 Abs. 3 Nr. 5 VOB/B
).
Diese Formvorschriften werden aber nur wirksam, wenn sie strikt beachtet werden. Es reicht also nicht aus, die Zahlung als Schlusszahlung zu bezeichnen oder weitere Zahlungen endgültig schriftlich abzulehnen, sondern der Auftragnehmer muss gleichzeitig auf die Ausschlusswirkung einer vorbehaltlosen Annahme der Zahlung (oder der Zahlunsgzurückweisung) hingewiesen werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Neumann, Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Neumann,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Wir haben uns entschlossen, die Restlichen 800 € der Schlussrechnung zu begleichen.
Könnten Sie mir vielleicht noch einen Text formulieren, der der Firma rechtlich richtig mitteilt, dass wir den Betrag begleichen und dann eigentlich unsere Ruhe haben wollen.
Vielleicht auch in der Formulierung signalisiert, dass es anwaltliche Hilfe gibt.
Der letzte Brief der Firma ging in die Richtung, entweder zahlen wir den Betrag oder sie stellen uns eine noch höhere Rechnung.
Mit freundlichen Grüssen
Sehr geehrte Fragesteller,
gern kann ich Ihnen einen Brief formulieren.
In diesem Fall darf ich Sie bitten, mir eine Kopie des Bauvertrages (einschließlich Leistungsverzeichnis, falls vorhanden), der Rechnung(en) und des bisherigen Schriftverkehrs mit dem Auftragnehmer (am besten per E-Mail) zur Verfügung zu stellen.
Hilfreich wäre auch die Angabe einer Telefonverbindung, unter der Sie für eventuelle Rückfragen erreichbar sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt
Freiberger Str. 39
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