Sehr geehrter Fragensteller,
der Antrag auf Neuberechnungung des Versorgunsgausgleiches durch das Familiengerich steht Ihnen dann offen, wenn bei der damaligen Berechnung des Versorgungsausgleichs und Ihrer Rentenanwartschaften im Vergleich mit der tatsächlichen Entwicklung eine Fehler bzw. Änderung festzustellen ist, die bei Neuberechnung eine 10 %- Abweichung der Gesamtbezugsgröße oder 5%-der monatlichen Rentenbezüge ausmachen muss.
Die Versagungsgründe nach § 1587 c BGB
sind dabei keine Antragsvoraussetzung, sprich sie allein können auch keinen Antrag nach § 10 a VAHRG begründen.
Da Sie 2 mal geschieden wurden und sich Ihr beruflicher Werdegang anders als seinerzeit erwartet entwickelt hat, spricht viel für eine fehlerhafte Berechnung des fiktiven Rentenverlaufes im Versorgungsausgleich und für die Begründung eines solchen Antrages unabhängig von den Verfehlungen.
Im Rahmen es solchen Antragssverfahrens nach VAHRG können diese Fehler bei den früheren Entscheidungen korrigiert werden.
Die Frage der Verfehlungen Ihrer geschiedenen Frau können Sie dann in das Verfahren einbringen, wenn diese nicht bereits bei den Entscheidungen zum Versorgungsausgleich vorlagen und von dem Gericht in Hinblick auf eine mögliche Versagung des Versorgungsausgleiches nach § 1587 c BGB
berücksichtigt wurden.
Sehr informativ ist die Entscheidung des BGH, XII ZB 39/03
, vom
11.10.2006 in einem gravierenderen Fall als den Ihren.
Leitsatz:
a) Für das Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG bleiben Umstände, die eine Härte im Sinne des § 1587 c BGB
begründen könnten, in Ansehung der auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten bereits übertragenen Versorgungsanrechte grundsätzlich unberücksichtigt, wenn sie im Rahmen der Erstentscheidung nicht zu einer Herabsetzung oder zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs geführt haben, obwohl sie auf schon damals abgeschlossenen Tatbeständen beruhten. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Umstände bereits bei der Erstentscheidung bekannt waren, ob sie zu diesem Zeitpunkt beweisbar waren oder aus welchen sonstigen Gründen der Erstrichter sie unberücksichtigt gelassen hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 30. September 1992 - XII ZB 142/91
- FamRZ 1993, 175
, 176).
b) Diese grundsätzliche Beschränkung des Abänderungsverfahrens gilt nicht, soweit der (weiterhin) ausgleichspflichtige Ehegatte aufgrund der veränderten Wertverhältnisse zusätzliche Rentenanrechte abgeben müsste. Mit der abzuändernden Entscheidung steht rechtskräftig nur fest, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs in der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten bereits zuerkannten Höhe von § 1587 c BGB
nicht ausgeschlossen wird. Dagegen lässt sich der abzuändernden Entscheidung nicht eine rechtskräftige Feststellung dahin entnehmen, dass unter den Ehegatten ein Versorgungsausgleich in ungekürzter Höhe der sich jeweils ergebenden hälftigen Wertdifferenz ihrer ehezeitlichen Versorgungsanrechte durchzuführen ist.
Folglich können Sie nur solche Verfahlungen Ihrer geschiedenen Frau in einem nach § 10 a VAHRG nicht ins Feld führen die im letzten Scheidungsverfahren bekannt waren und bereits berücksichtigt wurden. Verfehlungen können dagegen berücksichtigt werden. dabei muss ishc aber um schwere Verfehlungen gegen Sie selbst oder nahe Angehörige handeln. Die Gaunerei mit dem Haus könnte dafür vielleicht nicht ausreichend sein, die Verfolgung mit einstweiligen Verfügungen und Strafanzeigen schon eher, wenn diese grundlos gestellt wurden. Es käme dann auf die Details an. Ein Grund könnte aber sein, wenn Sie nachweisen könnten, das Ihre geschieden Frau sie systematisch in die Armut treibt.
Da Sie zurecht eine Einschätzung des Verfahrensrisikos erwarten, möchte ich Sie bitten Ihre Anwartschaftenberechnung und die Begründung im Versorgungsausgleich bei den beiden Scheidungsurteilen mit Ihrer letzten aktuellen Renetenberechnung zu vergleichen. Sind Fehleinschätzungen im Versorgungsausgleich erkennbar, dann hätte Ihr Antrag bereits große Aussicht auf Erfolg unabhängig von der Frage der ob nicht wegen der Verfehlungen weitere Ausschlussgründe gegen Ihre geschiedene Frau vorliegen könnten.
Sicher kann Ihnen auch ein Rentenberater eine solche Vergleichberechnung durchführen. Das sicher billiger und bringt bei der Frage ob ein Abänderungsgrund gegeben ist mehr Klarheit als der Beratung durch einen Anwalt. Wenn Ihnen dann eine positive Auskunft vorliegt, sollten Sie einen Antrag nach § 10a VAHRG erwägen.
Gerne stehe ich Ihnen für Fragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Glahn, Rechtsanwältin
Sehr geehrte Frau Rechtsanwaeltin Glahn,
erstmal vielen Dank fuer Ihre so prompte und umfassende Antwort auf meine Frage!
Da ich selbst erst Mal einige Dinge darin verstehen lernen muss und dazu auch noch in Unterlagen kramen musste, konnte ich gar nicht so schnell reagieren und kann erst jetzt meine Nachfrage formulieren.
Erstmal bitte ich Sie um kurze Bestätigung, dass ich das Folgende von mir grob laienhaft so formuliert richtig verstanden habe:
Eine „Neuberechnung“ des Versorgungsausgleichs kann ich zwar schon allein ueber die genannten prozentualen Abweichungen der damaligen Prognose von der jetzigen Realitaet ueber eine „VAHRG-Klage“ gewissermassen anstossen? Und wenn ein Verfahren einmal so in Gang gekommen ist, dann auch noch andere Gruende, wie z.B. „Stalking-Vorwurf“ u.s.w. mitreinpacken, um eventuell eine gaenzliche Aufhebung einer Versorgungsausgleichspflicht zu erreichen? Dabei werden aber nur gewissermassen „neue“ Gruende akzeptiert, also solche, die bei der damaligen Scheidungs-Begruendung dem Richter nicht vorgelegt, bekannt und in der Scheidung selbst bzw. der Versorgungsregelung dazu beruecksichtigt worden waren?
Ausserdem gehe ich davon aus, dass die Abweichung gegeben ist, dies muesste ich ja bei einem Klageantrag formell erstmal nur behaupten und hinreichende Beweisangebote dazu liefern, im Verfahren selber ist es dann Sache des Gerichts dies festzustellen ?
(Uebrigens hatte die „erste Scheidung 1976, rechtskraeftig 1977 vor der damaligen Reform mit u.a. Abloesung des Verschuldungs durch Zerruettungsprinzips, und nebenbei auch noch gesagt, diese erste Ehe ist aufgrund nachgewiesenem und von meiner Frau auch ausdrücklich dem Gericht gegenüber anerkannten Verschuldens meiner Frau geschieden worden, also diese erste Scheidung hatte keine „Versorgungsregelung“.)
Was die „Gaunereien mit dem Haus“ betrifft, so war ja zum (zweiten) Scheidungszeitpunkt nur die Absichtserklaerung bzw. Forderung an mich durch meine Ehefrau da, die ja von mir nachtraeglich auch „gezwungenermassen“ erfuellt worden sind, dass das Haus nicht verkauft werden solle, sondern „als Vermaechtnis fuer die Tochter erhalten werden solle“, daraufhin hat ja auch der Richter die Ehe geschieden, ohne weiteren Zugewinnausgleich.
Dass absprachewidrig durch meine Frau etwa(s) ueber ein Jahr nach der Scheidung die Telungsversteigerung beantragt worden war, mit anschliessender Selbstersteigerung des Hauses durch meine Frau zu einem Spottpreis usw. usf. konnte dem Richter ja nicht bekannt sei, ich selbst konnte doch nicht mal mit so einem Bruch von „Treu und Glauben“ zum Scheidungszeitpunkt vorausschauen prognostisch rechnen. („Prognosen sind immer etwas schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“ ... stammt von Mark Twain oder so)
Also waere doch die „Gaunerei mit dem Haus“ und das darauf Folgende ein Thema?
Und so drastisch, dass meine Frau versucht, „mich systematisch in die Armut zu treiben“ habe ich die ganze Sache bisher selbst gar nicht wortmaessig zu bezeichnen versucht ... oder aus eigener Befangenheit gar nicht erkennen koennen oder gar verdraengt. Doch faktisch ist es so.
Und es gibt auch noch andere "Gauenereien" meiner Exehefrau gegen mich ...
Dann waere dies doch auch eine „zusaetzliche Haerte“ und ein zusaetzlich „amtlich“ unterstuetztes in „die Armut treiben“ meiner Person, wenn ich jetzt noch fast eine Drittel meiner Rente abgeben muss?
Und so eine „VAHRG“ Begruendung gegeben?
Und brauch dazu einen Anwalt oder kann ich das erstmal selbst allein beantragen?
Nochmals vielen Dank fuer eine nachtraegliche Klarstellung !
+
Sehr geehrter Fragensteller,
erst einmal ein große Kompliment. Sie haben die komplizierte Rechtsprechund zur Neufestsetzung des Versorgungsausgleiches meines Erachtens richtig verstanden und denken auch in die richtige Richtung. Der Einstieg in das Verfahren ist die Behauptung einer fehlerhaften Berechnung, die auch Relevanz hat. An diese schlüssige Behauptung sind natürlich aktuelle Rentenauskünfte bz. Berechnungen zur Glaubhaftmachung hinzuzufügen, aller anderen Auskünfte muss das Familiengericht selbst beschaffen.
In einem Verfahren nach VAHRG müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen. Leider kennt die Prozessordnung da keine Ausnahme, auch wenn Sie wahrscheinlich nach zwei Scheidungen das auch selbst ohne anwaltliche Hilfe könnten. In Ihrem Fall sollte man auch jeden Fall PKH beantragen, auch wenn Sie knapp über der Schwelle leben. Vieles liegt hier am Richter, der Ihnen PKH auch unter Bewilligung von Raten zusprechen kann. Ein Versuch könnte nicht schaden.
Wenn Sie noch mahr Fragen haben, dann nehmen Sie doch bitte mit mir unmittelbaren Kontakt auf.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Glahn, Rechtsanwältin