Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen.
Voraussicken möchte ich weiterhin die Anmerkung, dass Ihre Fragen sehr umfassend und vielseitig sind, mir hier aufgrund der technischen Vorgaben jedoch ein zeitlich limitierter Bearbeitungszeitraum verbleibt, in dem ich evtl. Ihre Fragen nicht so umfangreich zu beantworten vermag, wie Sie sich dies ggf. erhoffen. In diesem Fall bitte ich Sie, von Ihrer kostenlosen Nachfragefunktion Gebrauch zu machen. Aufgrund Ihrer Sachverhaltsangaben möchte ich im einzelnen wie folgt auf Ihre Fragen eingehen:
1.) Um eine endgültige Bewertung der (Un-)Richtigkeit der Honorarrechnung der Anwältin vornehmen zu können, fehlen leider erforderliche Angaben. Als ersten Überblick kann ich Ihnen jedoch mitteilen, dass auch das Familienrecht als Bestandteil des Zivilrechts grundsätzlich (wenn also zwischen Mandant und Anwalt nichts anderes vereinbart ist) eine streitwertabhängige Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz(RVG)vorsieht. Der Streitwert des Mandats geht aus Ihrer Sachverhaltsschilderung nicht hervor, was allerdings auch zweitrangig erscheint, da sich die Anwältin auf eine Honorarvereinbarung beruft. Ein so vereinbartes Honorar kann von den gesetzlichen Vorgaben des RVG abweichen. So kann z.B. ein pauschales Honorar vereinbart werden (wäre für eine solche Tätigkeit jedoch sehr unüblich) oder eine aufwandsabhängige Vergütung (nach Stundensätzen, was eher wahrscheinlich wäre). Beispielsweise wäre auch eine Honorarvereinbarung zulässig, die auf die Regelungen des RVG Bezug nimmt und diese modifiziert. Vorab lässt sich lediglich sagen, dass die Vergütungshöhe von 2.500 - 3.000 € nicht unmöglich erscheint. Zugegebenermaßen hilft Ihnen diese Aussage nicht wirklich weiter. Um jedoch fundiertere Aussagen treffen zu können, wäre es erforderlich, dass Sie mir a) die Vergütungsvereinbarung (diese muss in Textform nicht jedoch schriftlich getroffen werden; ausreichend wäre etwa, dass Ihnen die Anwältin einen Vergütungsvorschlag per Email unterbreitet hat und Sie diesen akzeptiert haben) und b) die Rechnung der Kollegin zusenden. Die Prüfung dieser Vergütung stellt jedoch eine konkrete Beauftragung dar, die über die hier - allein - vorzunehmende Erstberarung hinausgeht. Gleichwohl können Sie mir diese Unterlagen zusenden, ohne dass bereits hierdurch Mherkosten entstehen. Ich werde Ihnen sodann ein Honorarangebot für die Überprüfung unterbreiten.
2.) Das Scheidungsverfahren ist ein Verfahren vor dem Familiengericht, für das grundsätzlich Anwaltszwang besteht. Ausnahmesweise besteht kein Anwaltszwang, wenn Sie den Klagantrag Ihres (Noch-)Ehemannes akzeptieren, Sie also einwilligen und eine einvernehmliche Scheidung stattfinden soll. Widersprechen Sie jedoch Ihrem Ehemann, gilt der Anwaltszwang. Ihr Vorbringen wird vom Gericht also nur berücksichtigt werden, wenn es durch einen anwaltlichen Schriftsatz eingereicht wird. Da Sie sich (offensichtlich) nicht einvernehmlich scheiden lassen wollen, ist die Bauftragung eines Anwalts für dieses Verfahren also zwingend. Um Zeit zu gewinnen, sollten Sie dem zu beauftragenden Anwalt bitten, hinsichtlich der vom Gericht gesetzten Fristen Verlängerungsanträge zu stellen, soweit dies zulässig ist (nicht alle Fristen sind verlängerbar, sog. "Notfristen" dürfte der zuständige Richter nicht verlängern). Ein kurzes Schreiben reicht zum Widerspruch gegen die Anträge Ihres Mannes nicht, hier muss ein umfassender anwaltlicher Erwiderungsschriftsatz eingereicht werden. Hinsichtlich der anstehenden Prozedur möchte ich gleichwohl versuchen Sie zu beruhigen: Die Familengerichte sind häufig stark überlastet und können nicht kurzfristig terminieren. Zudem müssen zudem vor einem Termin die Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt werden. Ein Gerichtstermin ist deshalb frühstens im Herbst wahrscheinlich, eher noch später.
3.) Unabhängig davon, ob sich die Rechnung im Ergebnis als richtig oder unrichtig erweisen wird, kann ich das gestörte Vertrauen gut nachvollziehen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt ist in einem solchen Fall jedoch essentiell. Sie sollten daher eine(n) andere(n) Rechtsanwalt/-anwältin beauftragen. Damit keine unnötigen Kosten entstehen, sollten Sie das bestehende Mandat (am besten nachweisbar schriftlich) kündigen - und zwar schnellstmöglich, bevor die Anwältin auch nur den ersten Schriftsatz bei Gericht einreicht, da hierdurch doppelte Gebühren ausgelöst werden könnten. Um keine vom Gericht gesetzten Fristen zu versäumen, sollten Sie schnelltmöglich einen anderen Anwalt beauftragen. Eine Vielzahl der Mandate - auch familienrechtlicher Art - kann grundsätzlich auch aus der Ferne bearbeitet werden. Auch ich habe zahlreiche solcher Fernmandate. Die Distanz stellt in der Regel kein Problem dar. In Ihrem speziellen Fall sehe ich das jedoch anders. Aufgrund Ihrer persönlichen Leidensgeschichte halte ich einen persönlichen Ansprechpartner, der Ihnen ggf. auch kurzfristig und unkompliziert persönlich zur Verfügung steht, für sehr hilfreich. Dies erscheint in Ihrem Fall wichtiger als die Beauftragung eines Spezialisten. Selbstverständlich sollten Sie sehr wohl einen Anwalt wählen, der einen Schwerpunkt im Familienrecht hat. Ein Fachanwalt muss dies jedoch nicht sein. Wichtiger ist die persönliche Erreichbarkeit. In der Regel sind auch im ländlichen Bereich flächendeckend genug im Familienrecht tätige Kollegen verfügbar.
4.) Sollte Ihr Mann die "freiwillige" Zahlung des Trennungsunterhalts nach wie vor verweigern, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als den zukünftigen und rückständigen Betrag einzuklagen. Hiermit sollten Sie ebenfalls die/den Kollegin/Kollegen beauftragen, die/den Sie auch mit dem Scheidungsverfahren beauftragen.
5.) Die Zustellung des Scheidungsantrags bzw. des Antrags auf Durchführung des Zugewinnausgleichs bewirkt keine Verfügungsbeschränkung. Sie können auf Ihr Vermögen weiterhin zugreifen und hierüber verfügen. Eine Vermögensteilung wird im Scheidungsfalle nicht vorgenommen. Ich unterstelle, das Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Dann werden die Vermögensmassen der Ehegatten auch während der Ehe als getrennte Vermögen betrachtet. Lediglich der Überschuss des Zugewinns wird ausgegelichen. Das bedeutet, dass für jeden Ehegatten der Zugewinn berechnet wird (Endvermögen - Anfangsvermögen) und dass die Höhe des Überschusses gem. § 1378 BGB
zu gleichen Teilen aufgeteilt wird.
Dass bedeutet, dass Sie nicht einfach von seinem Vermögen leben können. Ihr Vermögen ist Ihr Vermögen, sein Vermögen ist sein Vermögen. Derjenige, der den höheren Zugewinn während der Ehe erwirtschaftet hat, muss die Hälfte des Betrages, um den sein Zugewinn den Zugewinn des anderen Ehegatten übersteigt, an diesen abführen.
Sollten Sie rein faktisch Zugriff auf das Vermögen Ihres Mannes haben, so dass Sie es ihm auszahlen müssten, können Sie jedoch mit den Ihnen zustehenden Forderungen (z.B. auf Trennungsunterhalt) aufrechnen und müssten lediglich den nach der Aufrechnung verbleibenden Betrag auszahlen.
6.) Die Prozesskosten für das Scheidungsverfahren werden grundsätzlich gegeneinander aufgehoben. Das bede3utet, dass jede Partei für die eigenen Anwaltskosten aufzukommen hat und dass die anfallenden Gerichtskosten hälftig geteilt werden.
7.) Siehe meine Auführungen zu 3.)
8.) In der Regel gibt es eine solche Möglichkeit nicht. Ein Scheidungsverfahren nimmt in der Regel ohnehin nur einen langsamen Fortgang. Eine Aussetzung oder ein Ruhen des Verfahrens kann in der Regel nicht erreicht werden. Allenfalls dürfte dies in ganz seltenen Ausnahmen in Betracht kommen, wenn eine Partei durch ärztliche Atteste nachweisen könnte, durch die Scheidung bzw. den Scheidungstermin in der Gesundheit geschädigt zu werden. Diesbezüglich sollten Sie sich keine großen Hoffnungen machen.
9.) Rechtliche Tipps, Hinweise oder Schachzüge kann ich Ihnen nicht nennen; allenfalls der von Ihnen zu beauftragende Anwalt wird nach einer umfassenden Einarbeitung hierzu in der Lage sein. Lediglich einen rein persönlichen/menschlichen Rat kann ich Ihnen mit auf den Weg geben, den Sie hoffentlich nicht als Anmaßgung auffassen: Unabhängig von der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung, sollten Sie sich mit der Scheidung "abfinden". Sie werden die Scheidung im Ergebnis nicht verhindern können, wenn Ihr Mann sie will. Er kann sie erzwingen. Wichtig ist deshalb, Ihre Vermögenssituation bestmöglich zu wahren. Sie sollten daher einen Anwalt mit Bedacht wählen und jemanden beauftragen, bei dem Sie das Gefühl haben, ihr/ihm vertrauen und sich ihr/ihm anvertrauen zu können (in der Regel merkt man dies ja in einem ersten Gespräch). Sie sollten die Wahrung Ihrer vermögensrechtlichen Interessen beruhigt in ihre/seine Hände geben können, damit Sie dann Ihre Kräfte dafür zur Verfügung haben, gedanklich mit der Ehe abschließen zu können.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe, Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Liedtke
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Lars Liedtke
Groner Landstr. 59
37081 Göttingen
Tel: 05513097470
Web: https://www.Kanzlei-Lars-Liedtke.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Lars Liedtke