Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ihre Fragen möchte ich gerne wie folgt beantworten.
Grundsätzlich schulden Eltern ihrem Kind Unterhalt bis zur Beendigung einer Ausbildung. Allerdings besteht nach der Rechtsprechung des BGH für ein unterhaltspflichtiges Kind die Obliegenheit, seine Berufsausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit zu betreiben. Ansonsten kann dies zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen.
Auch ein Ausbildungswechsel ist vom Unterhaltspflichtigen beispielsweise dann hinzunehmen, wenn die angestrebte Ausbildung mit der vorausgegangenen in einem sachlichen Zusammenhang steht und die Finanzierung des gesamten Ausbildungsganges dem Unterhaltspflichtigen zuzumuten ist.
Im Normalfall besteht aber nur ein Anspruch des Kindes auf die Ausbildung in einem
Beruf. Eltern, die ihrem Kind eine angemessene Berufsausbildung finanziert haben, sind ohne Rücksicht auf die Höhe der Kosten, die sie für die Ausbildung haben aufwenden müssen, ihrer Unterhaltspflicht grundsätzlich in ausreichendem Maße nachgekommen. Sie sind deshalb nicht verpflichtet, die Kosten einer zweiten Ausbildung zu tragen (BGH NJW 1992, 501
= FamRZ 1992, 170
, 171).
Eine Ausnahme hat der BGH für Fälle zugelassen, in denen ein Berufswechsel notwendig ist, die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhte, wobei rechtserheblich nur eine Fehleinschätzung der Begabung des Kindes durch die Eltern, nicht jedoch durch das Kind selbst angesehen werden kann (BGH NJW-RR 1991, 194
= FamRZ 1991, 322
, 323; 2000, 420
), das Kind von den Eltern in einen unbefriedigenden, seiner Begabung und Neigung nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt worden war und sich diese Fehleinschätzung schon bis zum Ende der ersten Ausbildung gezeigt hatte (BGH NJW 1977, 1774
= FamRZ 1977, 629
).
Nach Ihrer Schilderung des Sachverhalts kann m.E. davon ausgegangen werden, daß Ihre Tochter nicht so recht weiß, was sie überhaupt möchte. Nach Ihrer Schilderung hat sie bereits dreimal eine Berufsausbildung abgebrochen bzw. einen Ausbildungsplatz nicht angetreten. Von der von der Rechtsprechung geforderten Zielstrebigkeit kann hier kaum die Rede sein.
Sie sind auch nicht dazu verpflichtet, das Try & Error Vorgehen Ihrer Tochter bis zum Sankt-Nimmerleinstag finanziell zu unterstützen, sondern sind m.E. nun nicht mehr unterhaltspflichtig, da Ihre Tochter ihren Unterhaltsanspruch verwirkt haben dürfte.
Im Streitfall müsste dies zwar letzlich ein Gericht klären - im Einklang mit der obigen Rechtsprechung kann man aber mit gutem Gewissen die Auffassung vertreten, daß sie ihrer Tochter keine weitere Ausbildung mehr finanzieren müssen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben und stehe Ihnen für Rückfragen und die weitere Vertretung selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
A. Schwartmann
Rechtsanwalt
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Antwort
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Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, beziehen sich Ihre Erläuterungen auch auf den Fall, dass meine Tochter möglicherweise anstelle einer Lehre ein Studium beginnen würde. Da Sie nicht zwischen Studium und Lehre unterscheiden, spielt die Form der Berufsausbildung wohl auch keine Rolle, was mich jedoch wundern würde, da bei Beantragung von BAFöG dann doch wieder das Einkommen der Eltern zugrunde gelegt wird, wenn das Studium vor dem 30. Lebensjahr beginnt? Oder erlischt mit dem Verlust des Unterhaltsanspruchs auch die Möglichkeit, BAFöG zu erhalten?
Sehr geehrter Fragesteller,
entschuldigen Sie bitte zunächst die urlaubsbedingte späte Beantwortung Ihrer Nachfrage.
Es macht in der Tat keinen Unterschied, ob Ihre Tochter eine Lehrstelle antritt oder ein Studium aufnimmt. Entscheidend ist der Beginn der Ausbildung, die dann auch zielstrebig verfolgt werden muß. Ihre Tochter scheint diese Zielstrebigkeit jedoch nicht zu haben, bei der Vielzahl der angefangenen und abgebrochenen Ausbildungen.
Die Voraussetzungen, unter denen BaföG beantragt werden kann sind leider von Ihrer Fragestellung im Familienrecht nicht umfasst. Ich empfehle Ihnen, dies im Rahmen einer neuen Frage im Bereich des "Sozialrechts" klären zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Schwartmann