Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für die Anfrage. Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür gedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Teilen des Sachverhalts kann es durchaus zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen.
Zunächst möchte ich Ihnen mein aufrichtiges Beileid zum Tod Ihrer Mutter aussprechen.
Sodann möchte ich Ihre Fragen unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhalts und Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
"1. Besteht die Möglichkeit, dass der Bezirk Oberbayern oder das Sozialamt die Kosten für die Bestattung (wir haben die einfachste und günstigste Variante gewählt) übernimmt?"
Zunächst wären die Kinder als Erben oder als Unterhaltsverpflichtete zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet. Nach § 74 SGB XII
können die erforderlichen Kosten einer Bestattung aber übernommen werden, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Sollten Sie als Kinder also nicht in der Lage sein, die Kosten der Bestattung zu tragen, wäre das Sozialalmt als der zuständige Leistungsträger zur Übernahme der notwendigen Bestattungskosten verpflichtet.
"2. Wo genau liegen die Einkommensgrenzen, damit die Kosten übernommen werden?"
Das Einkommen ist in § 82 SGB XII
definiert. Demnach gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, vermindert um die Absetzbeträge des § 82 Abs. 2 SGB XII
.
Nach § 85 SGB XII
gilt der Einsatz von Einkommen als zumutbar, das über der Einkommensgrenze liegt. Die Einkommensgrenze orientiert sich dabei an der Regelbedarfsstufe 1 von 382,- €.
Die Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII
setzt sich demnach wie folgt zusammen:
1. ein Grundbetrag in Höhe von 764,- € für den Bedürftigen (zweifacher Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1)
2. die Kosten der Unterkunft in angemessenem Umfang; diese sind einzelfallabhängig zu bestimmen
3. ein Familienzuschlag in Höhe von ca. 267,- € (70 % des Regelsatzes der Regelbedarfstufe 1) für den nicht getrennt lebenden Ehegatten bzw. Lebenspartner und für jeden vom Bedürftigen bzw. dessen Ehe/Lebenspartner überwiegend unterhaltenen Angehörigen
Zudem wäre nach § 90 Abs. 1 SGB XII
das gesamte verwertbare Vermögen, mit Ausnahme des Schonvermögens nach § 90 Abs. 2 SGB XII
, einzusetzen. Hierbei gelten kleinere Barbeträge als Schonvermögen. Diese sind in der Verordnung zu § 90 SGB XII
definiert. Demnach gelten als Schonvermögen für einen Hilfesuchenden bis 60 Jahre 1.600,- € und für den Ehegatten bzw. Lebenspartner 614,- € sowie maximal 256,- € für jede vom Hilfesuchenden, Ehegatten, Lebenspartner oder von den Eltern unterhaltene Person.
Genauer kann ich es Ihnen nicht sagen, da ich weder Ihre Familienverhältnisse noch Ihre Unterkunftskosten kenne.
"3. Wie lange kann der Bezirk Rückforderungsansprüche geltend machen? Unser Leben lang?"
Es kommt nur auf Ihre Bedürftigkeit zum jetzigen Zeitpunkt an. Wenn Sie derzeit aufgrund Ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht in der Lage sind, die Kosten der Beerdigung zu übernehmen, müssen die angemessenen Kosten der Beerdigung übernommen werden. Die spätere Rückforderung ist ausgeschlossen, da es sich nicht um ein Darlehen handelt.
"4. Wenn wir den Antrag stellen und das Einkommen für letztes bzw. dieses Jahr höher ist, kann das einen Rückforderungsanspruch auslösen?"
Es gilt das sog. Zuflussprinzip. Es kommt für den Antrag daher nur auf Ihr jetziges Einkommen und Vermögen an. Nur dieses muss angegeben und berücksichtigt werden.
"5. Wenn der Antrag genehmigt wird, werden wir dann wieder alle Jahre geprüft?"
Nein, denn es kommt einzig und allein auf Ihre derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse an.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann, Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 26.06.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Bellmann,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Vermögen (Sparguthaben, Immobilien etc.) ist bei keinem der Kinder vorhanden. Man nimmt dann wohl das zu versteuernde Einkommen und teilt es durch 12 abzüglich der von Ihnen erwähnten Beträge für Miete etc. (und hoffentlich abzüglich der ESt)? Das Ergebnis darf dann nicht über der Einkommensgrenze liegen?
Frage 3 bezog sich auf die Rückforderungsansprüche des Bezirks wegen der Unterbringungskosten, die der Bezirk jahrelang bezahlt hat.
Frage 4 war so gemeint, dass, wenn sich herausstellt, dass das Einkommen dieses oder letztes Jahr höher war, der "Schuss nach hinten losgeht", die Bestattungskosten nicht übernommen werden und dafür die Unterbringungskosten zurückgezahlt werden müssen, was einem finanziellen Ruin der Kinder gleichkäme. Ich traue mich nämlich deshalb nicht, den Antrag "ins Blaue hinein" zu stellen.
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank, dass Sie von der Möglichkeit der kostenlosen Nachfrage Gebrauch machen. Gern beantworte ich Ihnen diese daher wie folgt:
zu Frage 2:
Genau, es wird zunächst das monatliche Bruttoeinkommen ermittelt und gemindert um
- auf das Einkommen entrichtete Steuern,
- Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung
- Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82
des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86
des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten und
- die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, also Werbungskosten
Dann werden von dem so ermittelten Einkommen die Kosten der Unterkunft und der Freibetrag abgezogen.
Einkommen, das über der Einkommensgrenze liegt, wird nur insoweit berücksichtigt. Wenn die Einkommensgrenze z.B. um 400,- € überschritten würde, müssten Sie diese 400,- € für die Beerdigungskosten einsetzen. Den Rest müsste das Sozialamt tragen.
zu Frage 3:
Da Sie über all die Jahre überprüft wurden, aber offenbar nicht leistungsfähig waren, also Ihrer Mutter keinen Unterhalt zahlen mussten, müssen Sie nicht mit Rückforderungsansprüchen rechnen. Denn Sie waren mangels Leistungsfähigkeit schon gar nicht unterhaltspflichtig.
Lediglich wenn noch Nachlass vorhanden wäre, wären die Kinder als Erben verpflichtet, die Kosten der Unterbringung aus dem Nachlass zu erstatten. Diese Erbenhaftung ergibt sich aus § 102 SGB XII
. § 102 Abs. 2 SGB XII
bestimmt aber ausdrücklich, dass die Ersatzpflicht des Erben zu den Nachlassverbindlichkeiten gehört und der Erbe nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses haftet. Nach Ihren Angaben beträgt der Nachlass aber 0,- €. Die Erbenhaftung nach § 102 SGB XII
greift daher in Ihrem Fall nicht.
zu Frage 4:
Dies ist nach dem Ausgeführten nicht zu befürchten. Für die Übernahme der Bestattungskosten kommt es auf die jetzige Bedürftigkeit an. Die Unterbringungskosten sind nicht zu erstatten, da der Nachlass 0,- € beträgt und die Erbenhaftung nicht greift.
Sie sollten daher den Antrag nach § 74 SGB XII
bei dem zuständigen Sozialamt stellen. Sollten Sie dennoch Probleme bekommen, bin ich gern bereit, Sie in dieser Angelegenheit weiter zu unterstützen. Wenden Sie sich bei Bedarf über meine Kontakdaten an mich.
Ich wünschen Ihnen alles Gute und viel Erfolg!
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann
Rechtsanwältin