Sehr geehrte Fragestellerin,
im Rahmen einer Erstberatung beantworte ich Ihre Fragen unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes summarisch wie folgt:
1.Die Erblasserin hat das SOS Kinderdorf nicht ausdrücklich als Erben bezeichnet und ihnen nur einen einzelnen Gegenstand, nämlich ihre ETW zugewendet. Das spricht nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB
für eine Vermächtnisanordnung. Diese Auslegungsregel ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn sich ein abweichender Wille des Erblassers feststellen lässt. Die Auslegung kann dazu führen, dass nur scheinbar die Zuwendung eines einzelnen Gegenstands vorliegt, der Erblasser indessen mit dem konkret bezeichneten Gegenstand einen Bruchteil seines Vermögens oder sogar sein ganzes Vermögen zuwenden wollte (BGH FamRZ 1972, 561
/563; BayObLGZ 1958, 248/250; BayObLG FamRZ 1995, 835
/836; FamRZ 1999, 62
/63). Für einen solchen Willen des Erblassers kann das Wertverhältnis des zugewendeten Einzelgegenstands zum Nachlass sprechen, nämlich wenn der zugewendete Vermögensbestandteil nach seinem objektiven Wert das im Testament nicht weiter genannte Vermögen an Wert erheblich übertrifft (BayObLGZ 1992, 296
/299; BayObLG FamRZ 1995, 246
/247; FamRZ 1999, 62
/63}, insbesondere wenn der zugewendete Vermögensgegenstand die anderen Vermögensgegenstände an Wert so sehr übersteigt, dass anzunehmen ist, der Erblasser habe im Wesentlichen diesem Gegenstand seinen Nachlass erblickt (BayObLGZ 1992, 296
/299; BayObLG FamRZ 1995, 246
/248). Bildet eine Immobilie ihrem Wert nach den wesentlichen Teil des Vermögens, so liegt es in der Regel nahe, in ihrer Zuwendung eine Erbeinsetzung des Bedachten als Alleinerben zu sehen (BayObLG FamRZ 1997, 1177
/1178; FamRZ 2000, 60
/61; NJW-RR 2000, 1174
m.w.N.).
2. Richtig ist, dass natürlich nur das vererbt werden kann, was zur Zeit des Erbfalls noch vorhanden ist und die Gegenstände mit dem Wert den diese im Zeitpunkt des Erbfalls haben anzusetzen sind. Die fiktive Wertberechnung ist deshalb in diesem Zusammenhang nicht zulässig, sondern kann nur herangezogen werden, bei Bestimmung ob ein Vermächntis oder Erbeinsetzung im Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorliegt. Falls man konsequenterweise der Auffassung des Gerichtes folgen mag, sind die Punkte 2 und 3 als Vermächntis zu betrachten.
3. Es gibt ähnliche Fälle zur Auslegungsregel zu § 2087 BGB
, ob ein Vermächtnis oder eine Erbeinsetzung gewollt war, bspw.
BayObLG, Beschl. v. 01.07.2003 - 1Z BR 116/02
.
4. Um die Erfolgsaussichten seriös beurteilen zu können, bedarf es der Übersendung und Einsicht in die Akte und sämtlichen Schriftverkehr. Gerne können Sie mich bzw. meinen Kollegen Dr. Stingl (www.steinkrueger.com) mit der Sache beauftragen, so dass wir uns noch einmal die Akte anschauen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion von „Frag einen Anwalt“ gerne zu Verfügung oder auch im Rahmen einer Mandatserteilung; am besten per mail: info@kanzlei-hermes.com.
Mit besten Grüßen
RA Hermes
auch Fachanwalt für Steuerrecht
www.kanzlei-hermes.com
Die vorstehende summarische Lösung ist beschränkt durch die von Ihnen gegebenen Informationen. Außerdem wird, wie die Plattform-Bedingungen es vorsehen, nur ein erster Überblick geboten. Außerdem ist der Umfang der Antwort auch abhängig von der Höhe des gebotenen Honorars. Daher kann diese Beratung das umfassende, verbindliche und abschließende Beratungsgespräch durch den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens keineswegs ersetzen. Bitte beachten Sie dies!
Sehr geehrter Herr Hermes,
vielen Dank für Ihre schnelle und detaillierte Beantwortung meiner Fragen !
Wenn ich alles richig verstanden habe, dann heißt das ja, daß zur Beurteilung der Vermögensteile der Verkehrswert der vorhandenen Immobilie (Kaufpreis 1998 ca.100.000 DM, angenommener Wert heute 75.000 EUR) und das Sparguthaben in Höhe von 65.000 EUR gegnübergestellt werden müssten.
Die Gegenseite hat hier den Erlös aus dem Verkauf der damaligen Immobilie (255.000 DM, ca 130.000 EUR) angesetzt, mutmaßt, daß damals kein wesentliches Sparguthaben vorhanden gewesen sei und das heutige Sparguthaben zwangsläufig noch aus dem Verkauf der früheren Immobilie stammen müsse.
Wenn man die Berechnung auf Basis der vorhandenen Immobilie durchführt, hätte dann meine Mutter also Anspruch auf das Sparguthaben ?
Ich werde die Angelegenheit noch einmal mit meiner Mutter besprechen und mich dann ggfs. bei Ihnen zur Vereinbarung eines Beratungstermins melden.
Wie hoch wäre in diesem Fall Ihr Honorar?
Nochmals herzlichen Dank für Ihre Hilfe!
mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für die Nachfrage.
Für die Beurteilung, ob Erbeinsetzung oder Vermächntis vorliegt, ist der Wert der Gegenstände im Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich.
Ihre Mutter hat m.E. Anspruch auf das Sparguthaben.
Für Honoraranfragen setzen Sie sich am besten per email mit uns in Verbindung oder am kommenden Montag telefonisch.
Mit besten Grüßen
RA Hermes