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Tachomanipulation Gebrauchtwagenkauf

23. September 2008 12:41 |
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Kaufrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe vor knapp 2 Wochen als privater Erwerber ein gebrauchtes Fahrzeug von einem Händler (keine Vermittlung, Kommission o.ä.) erworben. Der km-Stand wurde im Kaufvertrag mit 107 tkm angegeben. Im Vertrag steht: „Kilometerstand: 107.000“, es steht nicht wie abgelesen. Anhand des Serviceheftes schien der km-Stand auch gut nachvollziehbar.

Bei einem Check in einer Vertragswerkstatt wurde der km-Stand ausgelesen, der an mehreren Stellen im Fahrzeug zusätzlich zum Tacho abgespeichert wird. Dabei kam heraus, dass der km-Stand 126 tkm beträgt. Dies wurde mir schriftlich von der Vertragswerkstatt bestätigt.

Der Verkäufer hat das Fahrzeug von einem anderen Händler vor ca. 2 Monaten erworben, von daher ist aus zeitlichen Gründen auszuschließen, dass die Tachomanipulation von ihm vorgenommen wurde. Ebenso ist anzunehmen, dass mein Verkäufer keine Kenntnis von der Manipulation hatte. Arglistige Täuschung ist daher auszuschließen.

In dem Kaufvertrag steht zu Gewährleistung folgender Text:
"Das Fahrzeug ist gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluß jeglicher Gewährleistung im Hinblick auf sichtbare und unsichtbare Mängel, insbesondere des Kilometerstandes, frühere Unfallschäden und etwa auftretender Schäden infolge früherer Unfälle. (...) Der Verkäufer übernimmt auch keine Haftung für die Standhaftigkeit und die TÜV-Zulassung irgendwelcher Zubehörteile oder Fahrzeugveränderungen." An keiner Stelle des Kaufvertrags ist die Gewährleistung auf ein Jahr eingeschränkt.

1. Welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Passage im Kaufvertrag bzw. sind die zitierten Gewährleistungsausschlüsse überhaupt zulässig?
2. Stellt der angegebene km-Stand vor diesem Hintergrund eine garantierte Eigenschaft dar, die i.R.d. Gewährleistung zu behandeln ist?

Wenn der höhere Km-Stand einen Mangel darstellt, dann ergeben sich daraus für mich weitere Fragen.
3. Mir wird der konkrete Nachweis, wer genau die Manipulation vorgenommen hat, kaum gelingen können. Kann ich mich daher unmittelbar an den Händler halten mit meinem Anspruch. Für mich wäre es nachteilig, wenn der Verkäufer mich auf den Vorbesitzer (2 Private und 1 weiterer Händler) verweisen/seinen Anspruch abtreten könnte?
4. Habe ich als Käufer, da Nacherfüllung und Mängelbeseitigung nicht möglich sind, die Wahl zwischen Vertragsrücktritt und Minderung oder darf der Händler sich zwischen Rücktritt und Minderung entscheiden? Da der Kaufpreis attraktiv war, macht für mich nur Minderung Sinn.
5. Wie wird die Höhe der Minderung geschätzt? Zum Hintergrund der Frage: der Kaufpreis für den Wagen ist auch mit der höheren Laufleistung unter den gängigen Gebrauchtwagenbewertungen à la Schwacke oder DAT. Kann man in diesem Fall trotzdem eine Minderung verlangen oder mit anderen Worten: ist die Schätzung der Wertminderung unabhängig vom konkret vereinbarten Kaufpreis? Schließlich habe ich mich mit dem Verkäufer auf einen Preis für den Wagen mit 107 tkm geeinigt, für 126 tkm hätte ich einen geringeren Preis gezahlt.
6. Während der ersten 6 Monate der Gewährleistung muss eigentlich der Händler beweisen, dass ein Mangel bei Übergabe nicht vorgelegen hat. Ich habe mit der Auslesung der Vertragswerkstatt behauptet, dass ein Mangel vorliegt. Müsste ich einen Gutachter o. ä. beauftragen, der die höhere Laufleistung bestätigt oder reicht die Bestätigung der Vertragswerkstatt? Oder müsste umgekehrt der Händler beweisen, dass die höhere Laufleistung bei Übergabe nicht vorgelegen hat?
Bei der Beantwortung bitte nicht auf arglistige Täuschung, Nacherfüllung oder Mängelbeseitigung eingehen, da klar ist, dass diese nicht vorliegen oder nicht möglich sind.

23. September 2008 | 15:35

Antwort

von


(513)
Groner Landstr. 59
37081 Göttingen
Tel: 05513097470
Web: https://www.Kanzlei-Lars-Liedtke.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

1.) Da Sie das Fahrzeug von einem Händler, also einem Unternehmer im Sinne des BGB, erworben haben, ist der vorliegende Gewährleistungsausschluss unwirksam. Insoweit wäre lediglich (wegen einer gebrauchten Sache) eine Gewährleistungsverkürzung auf ein Jahr zulässig. Hiervon müssten Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Körper, Leben oder Gesundheit oder Schadensersatzansprüche wegen grober Fahrlässigkeit oder Vosatzes gem. § 309 Nr. 7 a, b BGB ausgenommen sein. Da dies nicht der Fall ist, ist der gesamte Gewährleistungsausschluss unwirksam (<a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGH%20VIII%20ZR%203/06" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 15.11.2006 - VIII ZR 3/06: Abgrenzung zwischen "neuen" und "gebrauchten" Tieren (hier: sec...">BGH VIII ZR 3/06</a>).

2.) Vom Vorliegen einer Garantie würde ich im vorliegenden Fall nicht ausgehen. Jedoch stellt die erhöhte Laufleistung ein negatives Abweichen des Ist-Zustandes vom Soll-Zustand dar. Dies ist ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB . Sie sind daher berechtigt, Gewährleistungsansprüche geltend zu machen.

3.) Die Gewährleistungsansprüche bestehen im Verhältnis der Vertragsparteien, sie stehen also dem Käufer gegen den Verkäufer zu. In diesem Verhältnis ist es unbeachtlich, ob der Verkäufer seinerseits einen Dritten in Regress nehmen könnte.

Das Geltendmachen von Gewährleistungsansprüchen setzt zunächst einmal nur voraus, dass im Zeitpunkt des Gefhrübergangs (Zeitpunkt der Übergabe der Kaufsache an den Käufer) ein Sachmangel bestand. Im Verbrauchsgüterkauf gilt innerhalb der ersten 6 Monate die Beweislastumkehr des § 476 BGB . Der Verkäufer muss also beweisen, dass ein Mangel nicht vorlag.

Auch nach Ablauf der 6 Monate müssten Sie nicht beweisen, wer die KM-Manipulation vorgenommen hat, sondern nur, dass der Mangel als solcher vorlag.

(Auf ein Verschulden des Verkäufers kommt es also nicht an. Der Einwand, nicht der Verkäufer sondern Dritte haben den KM-Stand manipuliert, könnte also nur dann zum Tragen kommen, falls Sie Schadensersatz verlangen würden, da dieser Anspruch verschuldensabhängig wäre. Auch hier würde das Verschulden zunächst vermutet, weshalb der Verkäufer einen Entlasungsbeweis führen müsste.)

4.) Bei der Auswahl der in § 437 BGB genannten Ansprüche steht dem Käufer grundsätzlich das Wahlrecht zu. Lediglich beim Rücktritt kann der Verkäufer einwenden, dass dieser wegen eines unverhältnismäßig geringen Mangels ausgeschlossen ist. Diese Einschränkung gibt es bei der Minderung nicht.

5.) Die Berechnung des Minderungsbetrags erfolgt nach § 441 III BGB . Der Kaufpreis wird in dem Verhältnis herabgesetzt, in dem der Wert der Sache in mangelfreiem Zusatnd zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde (geminderter Kaufpreis = Istwert x Kaufpreis / Sollwert).

6.) Wie oben bereits ausgeführt, gilt in den ersten 6 Monaten eine Beweislastumkehr zu Lasten des Verkäufers.

Sollten Sie im Fortgang der Angelegenheit einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung Ihrer rechtlichen Interessen beauftragen wollen, können Sie sich gerne an mich wenden.

Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben.

Abschließend möchte ich Sie bitten, diese Antwort zu bewerten, um dieses Forum für andere Nutzer transparenter zu gestalten.

Mit freundlichen Grüßen,

Lars Liedtke
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Lars Liedtke

ANTWORT VON

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