Sehr geehrter Fragender,
im Rahmen einer Erstberatung auf Basis der von Ihnen hier gegebenen Informationen beantworte ich Ihre Frage gerne wie folgt:
Zwar haften im Zivilrecht Ehegatten als Gesamtschuldner im Zweifel jeweils zur Hälfte, unabhängig davon, ob sie diese Schuld auch jeweils zur Hälfte veranlasst haben oder intern tragen wollen. Und dieses Prinzip findet sich grds. auch im Steuerrecht, ausdrücklich in §44 Abs. 1
der Abgabenordnung (AO) wieder:
Dort ist geregelt, dass Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden, für sie haften oder zusammen zu einer Steuer (in Ihrem Falle: Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer gem. §26b EStG
) veranlagt werden, Gesamtschuldner sind. Die Zusammenveranlagung führt also dazu, dass die gesamte Steuerschuld gegen jeden einzelnen Ehegatten geltend gemacht (und ggf. vollstreckt) werden kann. Dieses ist dem Finanzamt auch ohne Weiteres möglich, da es nach §5 AO
ein sog. Auswahlermessen hat, welchen der beiden Gesamtschuldner es zur Leistung der Steuerschuld auffordern möchte, und auch die Höhe, in der es den einzelnen Ehegatten in Anspruch nimmt, selbst bestimmen kann.
Allerdings besteht
1.)
gem. §§268 ff. AO
aber auch die Möglichkeit, die steuerliche Gesamtschuld im Rahmen eines Aufteilungsbescheides gerecht aufzuteilen. Danach wird die Steuerschuld der Ehegatten für die Zwecke der Vollstreckung in Teilschulden aufgespaltet, sodass die Vollstreckung auf jeden einzelnen Ehegatten beschränkt wird und das Finanzamt gegen den einen Ehegatten nur noch insoweit vollstrecken kann, wie diesem die Steuerschuld effektiv - d. h. entsprechend dessen jeweiliger persönlicher Einkommensverhältnisse - zuzurechnen ist.
Diese Aufteilung ist von Ihrem Steuerberater auch offenbar und richtigerweise sowie rechtzeitig (möglich ab Bekanntgabe des Einkommenssteuerbescheids bis zur vollständigen Tilgung der Schuld) beantragt worden.
Der Aufteilungsmaßstab bestimmt sich dabei nach § 270 AO
, wonach die rückständige Steuer nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen ist, die sich bei (fiktiver) getrennter Veranlagung ergeben würden. Von dem jeweils zuzurechnenden Steuerschuldanteil werden sodann die Vorauszahlungen bzw. die abgeführten Lohnsteuerbeträge abgezogen. Nur der ggf. danach verbleibende Differenzbetrag kann tatsächlich gegenüber dem einzelnen Ehegatten vollstreckt werden.
2.)
ist zu beachten, dass sich derjenige, welcher als Ehegatte die gemeinsame Steuererklärung unterschreibt, obwohl der andere Ehegatte darin (strafbar) falsche Angaben macht oder Einkünfte verschweigt, sich noch nicht ohne weitere Förderung der Steuerhinterziehung strafbar macht und somit auch nicht automatisch für die durch den anderen Ehegatten verkürzten Steuern haftet (so z. B. BFH, AZ: IX R 40/00
).
Zwar müssen zusammenveranlagte Eheleute eine gemeinsame Einkommensteuererklärung abgeben und beiderseits den Vordruck eigenhändig unterschreiben, womit diese grds. versichern, die Angaben darin nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben. Jedoch - so der BFH - lasse sich daraus nicht notwendig folgern, dass alle Angaben auch von beiden Ehegatten mitgetragen würden. Der Erklärungsgehalt der Unterschrift beschränke sich vielmehr nur auf die Tatsachen, die den jeweiligen Ehegatten selbst betreffen. Ein Ehegatte macht danach also nur Angaben zu den Sachverhalten, die seiner eigenen Wissenssphäre zuzurechnen sind, und ist somit grds. auch nur für diese verantwortlich.
Ich hoffe, Ihnen hiermit weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. C. Seiter
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