Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworte:
1.
Schulpflichtige mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die am gemeinsamen Unterricht in der allgemeinen Schule nicht aktiv teilnehmen können oder deren sonderpädagogischer Förderbedarf an der allgemeinen Schule auch mit Unterstützung durch Mobile Sonderpädagogische Dienste nicht oder nicht hinreichend erfüllt werden kann, "haben" eine für sie geeignete Förderschule zu besuchen.
Diese gesetzliche Vorschrift spricht zunächst eine Verpflichtung aus, Art. 41 Abs. 1 S. 1 BayEUG.
S. 2 bestimmt:
Eine Schülerin oder ein Schüler "kann" aktiv am gemeinsamen Unterricht der allgemeinen Schule teilnehmen, wenn sie oder er dort, gegebenenfalls unterstützt durch Maßnahmen des Art. 21 Abs. 3, überwiegend in der Klassengemeinschaft unterrichtet werden, den verschiedenen Unterrichtsformen der allgemeinen Schule folgen und dabei schulische Fortschritte erzielen kann sowie gemeinschaftsfähig ist.
Diese Möglichkeit besteht also nach Ermessen der Schulbehörde.
Abs. 3 regelt:
Die Anmeldung an einer Förderschule "soll" (= in der Regel) nur erfolgen, wenn die Grundschule festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 Sätze 1 und 2 für eine Unterrichtung an der Grundschule nicht gegeben sind.
Ausnahmen hiervon regelt die jeweilige Schulordnung.
Vor der Aufnahme ist ein sonderpädagogisches Gutachten zu erstellen, das den Förderbedarf beschreibt und eine Empfehlung zum geeigneten Förderort ausspricht.
Die Erziehungsberechtigten "sind" (= zwingend) rechtzeitig über Zeitpunkt, Art und Umfang der Begutachtung zu informieren und im Rahmen des Begutachtungsverfahrens anzuhören.
Dieses ist hier nicht geschehen, hätte aber passieren müssen.
Ich halte dieses auch nicht für eine reine Ordnungsvorschirft, dessen Verletztung keine (größeren) Konsequenzen hat.
Insofern liegt ein rügbarer Verfahrensverstoß vor.
Stimmen die Erziehungsberechtigten der Aufnahme in eine Förderschule nicht zu, entscheidet das zuständige Staatliche Schulamt.
Auf Antrag der Erziehungsberechtigten findet vor der Entscheidung des Schulamts eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten statt.
Dieses soll hier ja stattfinden.
Kommt im Erörterungstermin kein Einvernehmen zu Stande, können die Erziehungsberechtigten verlangen, dass die Feststellungen und Empfehlungen im sonderpädagogischen Gutachten durch eine überörtliche, unabhängige Fachkommission überprüft werden - also nach Ihrer eigenen Wahl -; die Mitglieder der Kommission dürfen am bisherigen Verfahren nicht beteiligt gewesen sein.
Das Schulamt hat das Votum der Fachkommission in seiner Entscheidung zu würdigen.
Gegen einen solchen abschließenden Bescheid stünden Ihnen dann noch Rechtmittel zu.
2.
Die Schulpflichtigen sind verpflichtet, an der Erstellung der Gutachten mitzuwirken, gleichfalls bei Unterschriftsleistung u. ä. Sie als erzeihungsbrechtigte Eltern.
Mehr ist im Gesetz nicht dazu geregelt.
Eine Verpflichtung, den Antrag auf Rückstellung unserer Tochter auszufüllen und bei Ihrem Kinderarzt absegnen zu lassen, sehe ich nicht und ich kann auch momentan nicht dazu raten, dieses zu tun.
Daher findet ja auch vor einer Entscheidung des staatlichen Schulamtes eine gemeinsame Besprechung in der Schule statt.
3.
Auch Behördenakten unterliegem dem Datenschutz und können nicht einfach ohne besonderen Grund behördenintern ausgetauscht werden ("Die Weitergabe von Daten und Unterlagen über Schülerinnen und Schüler und Erziehungsberechtigte an (außer-)schulische Stellen ist im Übrigen untersagt, falls nicht ein rechtlicher Anspruch auf die Herausgabe der Daten nachgewiesen wird.", Art. 85 Abs. 3 S. 1 BayEUG).
Nachteilige Eintragungen dürfen, selbst wenn Sie weitergerreicht werden dürften, gar nicht oder nur eingeschränkt verwertet werden.
Gegebenenfalls bestehen auch Löschungsansprüche, soweit nicht schon von Gesetzes wegen dieses sowieso zu erfolgen hat.
4.
Wie gesagt, falls sich die Schule weiterhin quer stellen sollte, wäre ein rechtsmittelfähige Entscheidung des staatlichen Schulamts zu verlangen und dann abzuwarten. Daneben können Sie vorab verlangen, dass die Feststellungen und Empfehlungen im sonderpädagogischen Gutachten durch eine überörtliche, unabhängige Fachkommission überprüft werden, wovon Sie eventuell auch Gebrauch machen sollten.
Ansonsten rege ich an, bei Bedarf weiteren anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen, sollte dieses erforderlich werden. Ich stehe Ihnen dann gerne zur Verfügung, wobei Ihnen die hier gezahlte Erstberatung angerechnet und gutgeschrieben würde.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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