Sehr geehrte Fragestellerin,
sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Auf Grundlage Ihrer Angaben möchte ich Ihr Anliegen gerne wie folgt beantworten:
Sie sprechen eine insoweit sehr schwierige Frage an, weil hier Bauordnungs-, Zivil- und allg. Polizeirecht ineinander übergehen.
1)
Zunächst die bauordnungsrechtliche Seite: Auf Grundlage der für Ihr Bundesland einschlägigen Landesbauordnung, die ich mittels Ihrer Adresse erst NACH Beantwortung der Frage sehe, ist eine Nutzungsänderung von Schulhof auf Spielplatz sicherlich möglich.
Punktgenaue gesetzgeberische Vorgaben bzgl. der Einzäunung der Spielflächen existieren nicht, folgen nur aus den Generalklauseln (allg. Anforderungen an die Bauausführung etc.).
Ich kenne jetzt aus der Ferne den Sachverhalt im Detail nicht. Aber es spricht einiges dafür, dass Sie im Rahmen der Nutzungsänderung als Nachbar gehört werden müssen (siehe zB § 62 HessBauO), allerdings befürchte ich, dass es sich hier evt. um ein genehmigungsfreies Vorhaben handelt.
2)
Damit komme ich zu eigentlichen Knackpunkt Ihrer Frage. Mir scheint, hier ist der Ansatzpunkt eher zivilrechtlicher Natur. So wie Sie die Belästigungen beschreiben, können Sie mE offensichtlich auf Grundlage des § 906 BGB
, ich zitiere:
„§ Zuführung unwägbarer Stoffe
(1) 1Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung
von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme,
Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen
Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht
verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines
Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt.
2 Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel
vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen
festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen
Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen
nicht überschritten werden. 3 Gleiches gilt für Werte in
allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48
des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und
den Stand der Technik wiedergeben.
(2) 1Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche
Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des
anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch
Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser
Art wirtschaftlich zumutbar sind. 2 Hat der Eigentümer
hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem
Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen
Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine
ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen
Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
…… „
gegen die massiven Störungen vorgehen. Denn auf Grundlage Ihrer Schilderung wird man nicht ernsthaft von einer nur unwesentlichen oder ortsüblichen Zuführung von Geräuschen ausgehen können. Natürlich kann auch eine öffentliche Bildungseinrichtung dem Tatbestand des § 906 BGB
unterfallen, zumal, wenn der Lärm nur noch lose mit dem schulischen Zweck verknüpft ist.
Sie verfügen daher als Grundstückseigentümer auf der zivilrechtlichen Schiene Unterlassungsansprüche resp. Schadensersatzansprüche wegen einer Eigentumsstörung. Daneben kommt ein gesonderter nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in Betracht (BGH, NJW 03, 2377
).
3)
Schlussendlich haben als Nachbar natürlich neben der zivilrechtlichen auch auf der ordnungs- (sprich: verwaltungsrechtlichen) Schiene Möglichkeiten zur Gegenwehr. Ich kann Ihrem Bericht nun keinen genauen Hinweis zur dem genauen Verfahrensstand entnehmen, Sie schilderterten nur, die Polizei bereits häufiger Abends eingeschaltet zu haben.
Sicher ist, dass schon über die lokal einschlägige Lärmschutzverordnung diese Belästigung nicht hinzunehmen ist. Die Gefahrensabwehrbehörden, also Ordnungsamt und / oder Allgemeine Polizeibehörde wie auch Polizei im formalen Sinn (also die Herren in Grün) sind im Rahmen Ihres Entschliessungsermessens verpflichtet, bei den von Ihnen beschriebenen Störungen auf Ihren Wunsch einzuschreiten.
Rechtsgrundlage sind ua „ruhestörender Lärm“, § 117 OWiG
und die polizeiliche Aufgabenklausel, § 53 OWiG
, bzw. das Landespolizeigesetz.
4.
Abschliessend zum dem „Nebenkriegsschauplatz“ Schild aufstellen. Dies können Sie von der Gemeinde sicherlich verlangen, das Problem ist ja wohl eher der Vollzug eines solchen Gebotes.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort zunächst einmal weitergeholfen zu haben, auch wenn ich auf der von Ihnen ins Auge gefassten baurechtlichen Schiene hier wenig Lösungsmöglichkeiten sehe.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion von „Frag einen Anwalt“ selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -
Tel.: +49 (0)39 483 97825
Fax: +49 (0)39 483 97828
E-Mail: ra.schimpf@gmx.de
www.anwalt.de/rechtsanwalt_schimpf
Diese Antwort ist vom 11.08.2005 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Dr. Schmipf,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
in unserem Fall greift die Landesbauordnung von Baden-Württemberg.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist gegen das Vorhaben, auf dem Schulgelände einen ganztags zugänglichen Spielplatz zu bauen nichts zu machen. Es geht hier nicht darum, dass dies unterbunden wird, sondern lediglich um die Verhinderung einer Nutzung nach Möglichkeit nach 13:00 Uhr (Unterrichtsende) und der Errichtung direkt neben unserem Grundstück.
Zum besseren Verständnis ist zu erwähnen, dass die Spielgeräte in erster Linie für die Grundschulkinder bis Unterrichtsende (13:00 Uhr) gedacht sind. Da die Geräte nicht eingezäunt werden sollen, sind sie auch nachmittags, bzw. abends für jedermann zugänglich. Ein Schild mit dem Hinweis auf die zu unterlassende Nutzung von Personen über 12 Jahren und nach ca. 20:00 Uhr soll aufgestellt werden. Ein seit Jahren vorhandenes Schild, jedoch ohne Altersbeschränkung, hat so gut wie nichts gebracht.
Da im Moment die Pläne erst umgesetzt werden ist noch abzuwarten, welche Lärmbelästigung entsteht. Da wir zu keiner Zeit angehört wurden und auch Kompromissvorschläge ausgeschlossen wurden, besteht nur mein schriftlicher Einwand gegenüber dem Bürgermeister der Kreisstadt. Dieser ist verantwortlich für das Geschehen auf dem Schulgelände. Der Bürgermeister meinte in einem Telefonat mit einem Nachbarn, dass an dem Bau nichts mehr zu ändern sei, da die Schulleitung und die Elternvertreter den Umbau so festgelegt hätten. Dieser käme jetzt zur Ausführung. Für uns ist das nicht ganz nachvollziehbar.
Mein Haus umfasst durch einen kürzlich genehmigten und bereits fertig gestellten Anbau drei Wohnparteien, von denen ich in Zukunft zwei vermieten möchte. Teile aller Einheiten befinden sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum geplanten Spielplatz. Hier ist meiner Meinung nach schon jetzt von einer Wertminderung nicht erst im Falle einer Vermietung zu sprechen. Wenn es überhaupt möglich ist, Mieter zu finden, die 2 Meter neben der Terrasse Spielgeräte haben möchten.
Wir schließen aus Ihren Ausführungen, dass uns im Vorfeld der eigentlichen, vermeintlichen Lärmbelästigung die Hände gebunden sind.
Wie und wird die Wertminderung festgestellt und ist diese nicht jetzt schon für beide Nachbarschaftsparteien abzusehen und abzuwenden?
Handelt es sich in diesem Fall um die Errichtung eines öffentlichen Spielplatzes und wann bedarf diese einer Genehmigung?
Können die nach unserer Meinung viel zu nahe an die Grundstücksgrenze geplanten Spielgeräte verhindert werden? Eines der Spielgeräte kommt bis auf 0,10 Meter an die Grundstücksgrenze heran.
Würden Sie bitte den Inhalt des Paragraphen bezüglich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruches (BGH, NJW03, 2377) niederschreiben? Es war uns nicht möglich, diesen herauszufinden.
Ich danke Ihnen im voraus für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen
Guten Tag, Frau C.,
gegen die geplante Umwidmung lässt sich m.E. nichts machen. Denn „an sich“ ist ein Spielplatz in der unmittelbaren Nachbarschaft statt einer Schule nichts zu Beanstandendes. Deswegen hat auf der „bauordnungsrechtlichen Schiene“ der von Ihnen zitierte Bürgermeister wohl recht.
Auf einem völlig anderen Blatt steht die in der Vergangenheit vorgenommene und in der Zukunft zu gewärtigende Art und Weise der Nutzung, welche Sie ja recht plastisch beschrieben. Ansatzpunkt ist hier wirklich, auch wenn ich mich wiederhole, das Zivil- bzw. das Gefahrenabwehrrecht.
Eine förmliche Festlegung der evt. Wertminderung ist so nicht vorgesehen. Sie findet nur inzident bei einer evt. Schadensersatzklage statt. Im übrigen müssen Sie gewärtigen, dass evt. zukünftige Mieter IHNEN gegenüber Ansprüche auf Mietminderung geltend machen können, auch wenn Sie selbst Opfer sind.
Die zitierte Entscheidung des BGH hat Ihre Grundlage in § 903 BGB
(Befugnisse des Eigentümers) unter dem Aspekt von § 242 BGB
(Treu und Glauben; unzulässige Rechtsausübung). Hiernach sollen über die gesetzlichen Tatbestände hinausgehende Rechte und Pflichten unter Nachbarn möglich sein. Hinsichtlich dieses Rechtsinstitutes ist im Detail aber einiges umstritten.
Mit freundlichen Grüssen
RA Schimpf