Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Fragen auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ich weise darauf hin, dass dies einer ersten Orientierung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.
Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann die rechtliche Beurteilung beeinflussen.
Dies vorangestellt beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Meines Erachtens ist eine nachträgliche Änderung des Arbeitsvertrages mit einigen Problemen behaftet, auch wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Änderungen einig sind. Eine Sozialversicherungspflicht in Deutschland kann somit jedenfalls nicht begründet werden.
Dazu im Einzelnen wie folgt:
Da der Arbeitsvertrag zum 01.01.2009 mit der österreichischen GmbH als Arbeitgeber geschlossen wurde, wäre auch diese für den entsprechenden Änderungsvertrag zuständig, jedoch käme aus nachfolgenden Gründen lediglich eine Änderung dahingehend in Betracht, dass der Arbeitgeber in Bezug auf die Sozialversicherung dem Arbeitnehmer entsprechende Zuschüsse zahlt.
Der Arbeitnehmer wäre ohnehin, unabhängig davon, ob die Änderung durchgesetzt wird, meines Erachtens in Deutschland unbeschränkt nach § 39 Abs. 1 Satz 1 EStG
steuerpflichtig.
Insofern hätte die Änderung des Arbeitsvertrages nur klarstellende Wirkung.
Unbeschränkt steuerpflichtig sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG
alle natürlichen Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 1 Abs. 1 EStG
).
Nach dem steuerrechtlichen Wohnsitzbegriff des § 8 AO
hat der Steuerpflichtige einen Wohnsitz, wenn er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse im maßgeblichen Veranlagungszeitraum, nicht die melderechtliche Lage.
Einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO
) hat eine Person dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie in diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Ein gewöhnlicher Aufenthalt – und damit die unbeschränkte Steuerpflicht – ist stets und von Anfang an anzunehmen, wenn es sich um einen zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten handelt (§ 9 Satz 2 AO
).
Da auf Grund Ihrer Darlegung diese Voraussetzungen erfüllt zu sein scheinen, liegt ohnehin eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland vor.
Hinsichtlich der Sozialversicherung liegt der Fall etwas schwieriger.
Nach dem in § 3 SGB IV
statuierten Territorialitätsprinzip ist der Tätigkeitsort für die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung in den Zweigen der Sozialversicherung maßgeblich.
Ist der Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigt, unterliegt er der deutschen Sozialversicherung; ist er im Ausland tätig, ist dies nicht der Fall.
Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip ergeben sich durch die in § 4 SGB IV
enthaltenen Vorschriften zur Ausstrahlung. Nach § 4 SGB IV
bleibt unter bestimmten Voraussetzungen trotz Tätigkeit im Ausland die Sozialversicherungspflicht und -berechtigung in den Zweigen der deutschen Sozialversicherung bestehen.
Gemäß § 4 SGB IV
gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht auch für Arbeitnehmer, die von ihren Arbeitgebern ins Ausland entsandt wurden. Sie bleiben sozialversichert, wenn
• die Entsendung entweder infolge der Eigenart der Beschäftigung oder im Voraus zeitlich befristet ist - sei es durch ein Datum oder ein vorher bestimmtes Ereignis -, wobei eine Befristung etwa bis zum Rentenalter oder erst im Laufe der Entsendung nicht ausreicht.
Aus dem Recht des Arbeitgebers, den Beschäftigten jederzeit aus dem Ausland zurückzurufen und ihm einen Arbeitsplatz im Inland zuzuweisen, ergibt sich keine Begrenzung im Voraus;
• das Beschäftigungsverhältnis zum inländischen Arbeitgeber fortbesteht, z. B. der Arbeitnehmer in einer Repräsentanz im Ausland tätig wird, deren Aufgabe überwiegend der Kontaktpflege und der Marktforschung dient, und
• der Arbeitnehmer vorher in der Bundesrepublik arbeitete oder lebte bzw. seinen bisherigen Lebensmittelpunkt hatte. Ausreichend ist es, wenn der Arbeitnehmer zum Zwecke der Entsendung eingestellt wird, sofern er zuvor in der Bundesrepublik lebte.
Entscheidend in Ihrem Fall ist jedoch, dass hier, wenn von einer Entsendung ausgegangen werde sollte, die Tätigkeit wohl ab 01.01.2009 und sogar ggf. auch schon vorher, auf Grund der Geschäftsführertätigkeit bei einer österreichischen GmbH, in einem Tochterunternehmen der Deutschen Gesellschaft mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit ausgeführt wird.
In diesem Fall ist unabhängig von der Ausgestaltung des Arbeitsvertrages eine Sozialversicherungspflicht in Deutschland nicht gegeben und nicht möglich.
Das Beschäftigungsverhältnis zum inländischen Arbeitgeber i. S. d. Sozialversicherung endet oder „ruht“, wenn der Mitarbeiter seine Tätigkeit im Ausland in einem Tochterunternehmen aufnimmt, das über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, hier die österreichische GmbH.
Das Tochterunternehmen ist nach ausländischem Recht organisiert, im Ausland steuerpflichtig und verfügt damit über eine gewisse Selbstständigkeit, unabhängig davon, ob z.B. der Geschäftsführer bestimmten Berichtspflichten zur Konzernmutter im Inland unterliegt und/oder diese 100% der Kapitalanteile an der Tochter hält.
Maßgeblich ist, ob der entsandte Arbeitnehmer in den ausländischen Betrieb eingegliedert wird, z. B. dort einen „Dauerarbeitsplatz“ - wenn auch vorübergehend - besetzt und sein Entgelt von der Tochtergesellschaft erhält, die es ihrerseits als betriebliche Ausgabe dort verbucht.
Ob die Höhe des Entgelts und die Beschäftigungsdauer im Ausland mit der inländischen Konzernmutter vereinbart wurde oder auf einer Vereinbarung mit der Tochtergesellschaft beruht, ist unerheblich.
Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Beschäftigung im Ausland auf Wunsch, Veranlassung oder Zustimmung der inländischen Muttergesellschaft zustande gekommen ist, die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft wirtschaftlich beherrscht und/oder die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft die Personalkosten erstattet.
Auch ein evtl. Rückrufsrecht der Muttergesellschaft sowie die Fortsetzung der Mitgliedschaft in der betrieblichen Pensionskasse der Muttergesellschaft ändern nichts daran, dass sozialversicherungsrechtlich das Beschäftigungsverhältnis nun nur noch im Ausland besteht und eine Fortsetzung der inländischen Sozialversicherungspflicht nicht in Betracht kommt.
In diesen Fällen muss sich der entsandte Arbeitnehmer um einen gesonderten Auslandskrankenversicherungsschutz kümmern und ggf. mit dem Arbeitgeber Vereinbarungen darüber treffen, wie weit dieser sich an der Finanzierung einer solchen Auslandskrankenversicherung und einem Rentenversicherungsschutz, z. B. nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI
, beteiligt.
Einen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung eines Beitragszuschusses, wie ihn etwa § 257 SGB V
für die Krankenversicherung vorsieht, gibt es nicht.
Nur in diesen erwähnten Punkten der Arbeitgeberbeteiligung wäre eine Änderung des Arbeitsvertrages möglich.
Eine Sozialversicherungspflicht in Deutschland kann damit jedoch nicht begründet werden.
Bedauerlicherweise lässt sich für Sie kein günstigeres Ergebnis mitteilen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen dennoch einen ersten Überblick über die bestehende Rechtslage geben und Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Bestehende Unklarheiten beantworte ich Ihnen gern innerhalb der kostenlosen Nachfragefunktion, wobei ich darum bitte, die Vorgaben dieses Forums zu beachten.
Darüber hinausgehende Fragen beantworte ich Ihnen gern im Rahmen einer Mandatserteilung.
Durch eine Mandatserteilung besteht auch die Möglichkeit einer weiterführenden Vertretung.
Die Kommunikation bei größerer Entfernung kann via Email, Post, Fax und Telefon erfolgen und steht einer Mandatsausführung nicht entgegen.
Für zukünftige Fragen und Problemlösungen stehe ich Ihnen jederzeit gerne wieder zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 23.04.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Liebmann,
vielen Dank für die umfassende Darlegung der Rechtslage. Eine Nachfrage in dem Zusammenhang: wenn eine rückwirkende Änderung nicht möglich ist, können sich aber beide Parteien für die Zukunft auf eine vorfrisitige Beendigung des Dienstvertrages in A einigen und einen neuen Vertrag in D ausfertigen, sofern alle anderen Umstände wie oben beschrieben bleiben?
Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Liebmann,
vielen Dank für die umfassende Darlegung der Rechtslage. Eine Nachfrage in dem Zusammenhang: wenn eine rückwirkende Änderung nicht möglich ist, können sich aber beide Parteien für die Zukunft auf eine vorfrisitige Beendigung des Dienstvertrages in A einigen und einen neuen Vertrag in D ausfertigen, sofern alle anderen Umstände wie oben beschrieben bleiben?
Vielen Dank!
Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:
Eine vorzeitige Aufhebung des Arbeitsvertrages /Geschäftsführervertrages mit der österreichischen GmbH als Tochterunternehmer der deutschen Gesellschaft für die Zukunft und Abschluss eines Vertrages mit der deutschen Firma, mit damit allen verbundenen Rechten und Pflichten ist möglich, sofern beide Parteien darüber einig sind.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Für zukünftige Fragen und Problemlösungen stehe ich Ihnen jederzeit gerne wieder zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt