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Rückgabe des Gemeinschaftsgrundstücks?

| 23. Oktober 2008 19:32 |
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Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Marco Liebmann

Im Juni 2007 habe ich eine EW in einem 8 Familienhaus gekauft. Gleichzeitig erwarb ich auch anteilig (1/8) des neben unserem Haus befindlichen Grundstücks (unbebaut). Im Dezember 07 fiel dem Bauträger auf, dass dieses Grundstück nicht Gegenstand des Kaufvertrages sein sollte und appellierte an die Eigentümer, dieses Grundstück bei seinem befreundeten Notar rückzuübertragen. Einige Tage später schickte der Notar entsprechende Verträge an die 8 Gemeinschaftseigentümer und bat um Unterzeichnung in seinem Notariat. Keiner der Eigentümer reagierte zu diesem Zeitpunkt auf diese Bitte. Das restliche Gemeinschaftseigentum wurde zu diesem Zeitpunkt bereits übergeben und bis auf einige Mängel von der Gemeinschaft abgenommen. Im Juli 2008 forderten wir den Bauherren auf, unser Grundstück ordungsgemäß herzurichten von Bauschutt zu befreien, zu ebnen und mit Mutterboden zu versehen, damit auch hier die Übergabe des Gemeinschaftseigentums erfolgen kann. Alle Eigentümer haben dieses Schreiben unterzeichnet.
Ende August 2008 erhielten alle Eigentümer von dem Anwalt des Bauträgers ein 3seitiges Schreiben in dem unter Fristsetzung zum 05.09.08 die Rückübertragung des Grundstücks gefordert wurde, da lt. Anwalt das Grundstück IRRTÜMLICH im Notarvertrag aufgeführt wurde. Diese Übertragung wäre weder im Vorfeld angedacht noch angesprochen worden. 4 der Eigentümer bekamen kalte Füße und unterzeichneten vor dem Notar die Rückübertragung (Argument: Angst vor Prozess, Gebühren...). Ich ging von Anfang an davon aus, dass dieses Grundstück Gegenstand meines KV war, nicht zuletzt wegen der Baubeschreibung, auf dem das Grundstück nebst Spielplatz abgebildet war.
Auf der Baubeschreibung ist auf diesem Grundstück ein Kinderspielplatz (bei Gebäuden mit mehr als 3 Wohnungen Vorschrift für Baugenehmigung...) farblich dargestellt, Auf dem vom BT eingereichten Vorschlag des Bebauungsplanes ist die Fläche des Spielplatzes 8 x 6 Meter groß.
Der Anwalt des BT argumentiert, dass der BT dieses Grundstück nachträglich (nach der Baugenehmigung aber vor Verkauf der ersten Wohnung) in 2 Parzellen geteilt hat, um eine gesonderte Vermarktung zu erreichen und das aus diesem Grund die zweite Parzelle (mit dem eingezeichneten Spielplatz) rückzuübertragen sei. Bei der Bauabnahme wurde der Bauaufsichtsbehörde ein Sandkasten gezeigt, welcher sich auf der Terasse/ Gartenbereich (Sondereigentum) einer im EG wohnenden Familie (1 Kleinkind) befand. Der obligatorische Kinderspielplatz war hiermit abgenommen...
Hierauf wurde im Oktober 08 die Fertigstellungserklärung von der Behörde ausgestellt. Die Bauaufsichtsbehörde wurde diese Woche von dieser Trickserei informiert (alle Eigentümer unterzeichneten entspr. Schreiben). Sie wollte hier umgehend tätig werden.

Frage:
In allen 8 Kaufverträgen wurden beide Parzellen dieses Grundstücks zur Veräußerung separat aufgeführt. Kann der Bauträger tatsächlich wegen "Irrtums" eine Rückübertragung erwirken?

Trotz Fristablauf haben wir von dem Anwalt nichts mehr gehört. Unsere Forderung auf ordentliche Übergabe des Grundstücks hat er mit o. g. Begründung verworfen. Können wir nun auf eigene Faust Ersatzvornahme machen und die Arbeiten einem Dritten übertragen, die Rechnung an den BT weiterreichen?

Sehr geehrter Ratsuchender,

ich möchte Ihre Fragen auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:

Ich weise darauf hin, dass dies einer ersten Orientierung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.

Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann die rechtliche Beurteilung beeinflussen.

Dies vorangestellt beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Der Bauträger kann eine Rückübertragung des Grundstücks verlangen, wenn er sämtliche 8 Kaufverträge erfolgreich nach § 119 Abs. 1 BGB wegen eines Irrtums anfechtet, da dann der Kaufvertrag von Anfang an unwirksam ist.

Irrtum ist das unbewusste Auseinanderfallen von Wille und Erklärung.
Die Feststellung, dass Wille und Erklärung nicht übereinstimmen, setzt voraus, dass zunächst der Inhalt der Erklärung durch Auslegung ermittelt wird.

Die Auslegung geht der Anfechtung vor.

Eine Anfechtung entfällt, wenn die Auslegung ergibt, dass das Gewollte (die Nichtübertragung durch den Bauträger) und nicht das Erklärte als Inhalt der Erklärung gilt.

In diesem Fall spricht vieles dafür, dass das tatsächlich Erklärte (also die Übertragung des Grundstücksteils auf dem sich der Spielplatz befinden soll) gelten soll, da dies in allen 8 notariellen Verträgen so aufgeführt wurde und schließlich alle 8 Verträge auch durch den Bauträger unterzeichnet wurden sind.

Demnach wäre, zumindest nach meiner Auslegung eine Anfechtung hier ausgeschlossen.

Eine falsche Vorstellung über die Identität oder den Umfang des Kaufgegenstandes begründet zwar grundsätzlich einen Inhaltsirrtum, der auch zur Anfechtung berechtigt.

Jedoch ist nur die unbewusste Unkenntnis vom wirklichen Sachverhalt ein Irrtum im Sinne des § 119 BGB (BGH WM 83, 447 ).

Wer eine Urkunde (notarieller Vertrag) ungelesen unterschreibt, hat daher in der Regel kein Anfechtungsrecht (BGH NJW 68, 2102 ).

Meines Erachtens spricht in Ihrem Fall alles gegen eine erfolgreiche Anfechtung des Kaufvertrages durch den Bauträger, so dass eine Rückübertragung nicht in Betracht kommt.

Die volle Beweislast, dass ein Irrtum der zur Anfechtung berechtigt vorliegt, trägt der Bauträger.

Ich bin der Auffassung, dass ein solcher Beweis, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass 8 Verträge geschlossen worden sind, nicht geführt werden kann, so dass eine Rückübertragung nicht in Betracht kommt.

Der Bauträger ist daher verpflichtet, der Wohneigentümergemeinschaft das Gemeinschaftseigentum an diesem Grundstücksteil frei von Mängeln zu verschaffen.

Dazu gehört auch, dass dieser Grundstücksteil vom Bauschutt beräumt wird.

Sofern der Bauträger dieser Verpflichtung nach Fristsetzung nicht nachkommt, befindet sich dieser mit der Mängelbeseitigung (sprich Beräumung) in Verzug.

In diesem Fall kann dann die Eigentümergemeinschaft eine Beräumung im Wege der Ersatzvornahme vornehmen und die Kosten als Schadensersatz gegenüber dem Bauträger geltend machen.

Ich empfehle in Ihrem Fall, sich mit einem Anwalt vor Ort in Verbindung zu setzen, der die Rechte der Eigentümergemeinschaft durchsetzt.

Ich hoffe ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die bestehende Rechtslage geben und Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.

Bestehende Unklarheiten beantworte ich Ihnen gern innerhalb der kostenlosen Nachfragefunktion, wobei ich darum bitte, die Vorgaben dieses Forums zu beachten.

Darüber hinausgehende Fragen beantworte ich Ihnen gern im Rahmen einer Mandatserteilung.
Durch eine Mandatserteilung besteht auch die Möglichkeit einer weiterführenden Vertretung.
Die Kommunikation bei größerer Entfernung kann via Email, Post, Fax und Telefon erfolgen und steht einer Mandatsausführung nicht entgegen.


Mit freundlichen Grüßen

Marco Liebmann
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 23. Oktober 2008 | 21:54

Sehr geehrter Herr Liebmann,
zunächst vielen Dank für Ihre erste Einschätzung.

Welche Rechtsauswirkung hat die Tatsache, dass bereits 4 Eigentümer ihren Anteil am Grundstück notariell an den BT rückübertragen haben. Sind diese Anteile tatsächlich rechtwirksam übertragen (Stichwort Grundbuch) oder können die verbleibenden Eigentümer diese Anteile im Nachhinein käuflich erwerben?
Wenn nun in Folge der Einschüchterungen seitens der Anwälte nun 7 Eigentümer ihr ant. Grundstück an den BT rückübertragen, muss sich dann auch der 8te Eigentümer dieser Rückübertragung beugen oder kann er sich als "Einzelkämpfer" weiterhin behaupten. Welche Chancen sehen Sie?
Vorab vielen Dank und einen schönen Abend wünscht Ihnen
new1234 :-)

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Oktober 2008 | 22:47

Sehr geehrter Ratsuchender,

ich möchte Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:

Ich habe erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Rückübertragung durch die 4 Wohnungseigentümer.

Soweit ich Sie verstanden haben, geht es maßgeblich um die Rückübertragung von Gemeinschaftseigentum.

Diese kann sich nur nach den Vorschriften des WEG richten, da eine Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden ist und gemäß § 21 Abs. 1 WEG die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht, sofern nichts anderes zwischen den Wohnungseigentümern vereinbart ist.

Demzufolge kann eine Rückübertragung nur mit einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgen.

Da die 4 Wohnungseigentümer nicht die Mehrheit bilden und sogar gar kein Beschluss darüber unter den Wohnungseigentümern gefasst wurde ist eine Übertragung durch die 4 Wohnungseigentümer gar nicht möglich, da ihnen dazu die Befugnis fehlt.

Die Rückübertragung ist demzufolge unwirksam.

Sofern jedoch die Mehrheit der Wohnungseigentümer für eine Rückübertragung ausspricht, muss der überstimmte Wohnungseigentümer sich diesem fügen.

Ein überstimmter Wohnungseigentümer kann aber das Gericht gem. § 43 Nr. 4 WEG anrufen, wenn der Beschluss der Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG ) widerspricht.

Ob dies der Fall ist, vermag ich derzeit nicht abzuschätzen. Die Erhaltung des Grundstückteiles muss dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen.

Diesbezüglich sind Vor- und Nachteile abzuwägen.

Ich hoffe ich konnte Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.

Für zukünftige Fragen und Problemlösungen stehe ich Ihnen jederzeit gerne wieder zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Marco Liebmann
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 23. Oktober 2008 | 22:54

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Vielen Dank Herr RA Liebmann!!

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