Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die Versäumung der Ausschlagungsfrist kann nach § 1956 BGB
in gleicher Weise wie die Annahme angefochten werden.
Lediglich der Erbe ist grundsätzlich anfechtungsberechtigt. Im Falle des Ablebens des Erben geht ein noch bestehendes Anfechtungsrecht auf seine Erben über (vgl. Weidlich in Palandt, Kommentar zum BGB, 77. Auflage, 2018, § 1954 BGB - Randnummer 2).
Als Erbe Ihres Vaters können Sie dessen Annahme der Erbschaft Ihres Onkels grundsätzlich anfechten. Dazu müsste das Anfechtungsrecht aber noch bestehen.
Nach Ihren Angaben ist der Onkel 2015 verstorben und damit der Erbfall eingetreten.
Die Annahme kann nach § 1954 Absatz 1 BGB
nur binnen sechs Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt nach § 1954 Absatz 2 BGB
im Falle eines Irrtums mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt.
Ob das Anfechtungsrecht überhaupt noch besteht, wage ich zu bezweifeln, da der Onkel bereits 2015 verstorben ist.
Das Aufgebotsverfahren in 2017 bzw. 2018 spielt hier nach meiner Auffassung keine Rolle mehr.
Bei einem Irrtum hat der Anfechtungsberechtigte Kenntnis vom Anfechtungsgrund, wenn ihm die dafür maßgeblich Tatschen bekannt werden und er erkennt, dass seine Erklärung eine andere Bedeutung oder Wirkung hatte, als er ihr beilegen wollte (vgl. Palandt aaO, BGH WM 61, 785
).
Relevant könnte ein Eigenschaftsirrtum nach § 119 II BGB
sein.
Eine Anfechtung wäre bspw. begründet, wenn bei Annahme der Erbschaft objektiv erhebliche und kausale Fehlvorstellungen über verkehrwesentliche Eigenschaften des Nachlasses bestehen. Die Überschuldung des Nachlasses ist in diesem Zusammenhang eine verkehrswesentliche Eigenschaft.
Ob die Voraussetzungen einer Anfechtung im Einzelnen vorliegen, kann ich nicht abschließend beurteilen.
Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, sich durch einen Kollegen vertreten zu lassen, der die Sach- und Rechtslage abschließend prüft, damit für Sie Rechtsklarheit und Rechtssicherheit eintreten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Einer positiven Bewertung sehe ich entgehen.
Gerne höre ich von Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Karlheinz Roth
- Rechtsanwalt und zertifizierter Testamentsvollstrecker -
Antwort
vonRechtsanwalt Karlheinz Roth
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Rechtsanwalt Karlheinz Roth
Sehr geehrter Herr RA Roth,
vielen Dank für die schnelle Antwort. Dazu habe ich noch Fragen.
Hätte mein Vater noch zu Lebzeiten in den 6 letzten Wochen vor seinem Tod vom Anfechtungsgrund Kenntnis erlangen müssen, damit ich das Anfechtungsrecht als sein Erbe an seiner Stelle ausüben kann ?
Oder ginge das auch, wenn erst nach seinem Tod ein Grund zu Tage kommt, die durch ihn erfolgte Annahme der Erbschaft meines Onkels anzufechten ?
Warum bezweifeln Sie, dass das Anfechtungsrecht noch besteht ? Gemäss § 1954 Abs. 4 BGB
scheint mir diese Möglichkeit erst nach 30 Jahren endgültig erloschen zu sein.
Das Aufgebot über den Nachlass meines im Jahr 2015 Onkels wurde erst ein Jahr nach dem Tod meines Onkels vom Miterben meines Vaters beantragt. Dann hat es 1 ½ Jahre gedauert, bis das Aufgebot vom Nachlassgericht veröffentlicht wurde. Deshalb ist das Aufgebotsverfahren immer noch nicht abgeschlossen.
Für mich lief die Ausschlagungsfrist für das Erbe meines Vaters erst 6 Monate nach seinem Tod (Ende Februar 2018) ab, weil ich mich im Ausland aufhielt, als er verstorben ist.
Ändern diese Zusatzinformation etwas an Ihrer Einschätzung, dass sein eventuelles Anfechtungsrecht nun nicht mehr bestehen dürfte ?
Vielen Dank für Ihre Hilfe.
Mit freundlichen Grüssen
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihren Nachtrag.
Nach § 1954 Absatz 1 BGB
beträgt die Anechtungsfrist grundsätzlich sechs Wochen. Wenn der Erblasser beim Erbfall seinen Wohnsitz im Ausland hatte, verlängert sich die Frist auf 6 Monate. Gleiches gilt, wenn der Erbe sich bei Fristbeginn im Ausland aufhielt.
Stirbt der Anfechtungsberechtigte vor Ablauf der o.g. Anfechtungsfrist, geht das noch nicht erloschene Anfechtungsrecht auf seinen Erben über. Für den Erben endet dann die Anfechtungsfrist nach § 1954 Absatz2 Satz 2
i.V.m. § 211 BGB
frühestens sechs Wochen - im Falle des § 1954 Absatz 3 BGB
sechs Monate - nach Annahme der Erbschaft des verstorbenen Anfechtungsberechtigten.
Das Anfechtungsrecht Ihres Vaters muss also - nach dessen Ableben - noch bestanden haben. Abzustellen ist insoweit auf den Erbfall Ihres Onkels im Jahre 2015. Für diesen Erbfall galt für Ihren Vater als Anfechtungsberechtigten die 6-Wochenfrist.
Diese ist nach meiner Rechtsauffassung aber abgelaufen. Als Ihr Vater gestorben im letzten Jahr gestorben ist, bestand demnach kein Anfechtungsrecht mehr für Ihren Vater bezogen auf den Erbfall Ihres im Jahr 2015 verstorbenen Onkel.
Mit freundlichen Grüßen
RA K. Roth
Mit freundlichen Grüßen
RA K. Roth